Cademar-Günstling der Magie
wüsste. Es ist fast, als ob die Magie aus dieser Welt schwindet. Die Magiebegabung zeigt sich nur in jungen Jahren bei einem Menschen, niemals später, und sie kann nicht erlernt werden. Magiebegabte leben nicht länger als normale Menschen – daher wird es wahrscheinlich in einigen Jahrzehnten viel weniger Magier als jetzt geben.«
»Aber das hat doch auch Gutes«, sagte Cademar, »denn es wird weniger Magier auf der Lichtfeste geben.«
»Du denkst richtig, Cademar, die Lichtfeste wird dadurch sicher an Macht verlieren. Aber jetzt klammert sie sich noch daran und versucht, jeden Günstling zu fangen. Nun wird sie auch alles daran setzen, die Zuflucht zu finden.«
»Sind das die Neuigkeiten, die Ihr erfahren wollt? Welche Pläne die Magier schmieden?«
Zahru warf den Rest seines Apfels in den Mund und stand auf. »So ist es«, sagte er kauend. »Komm, beenden wir den Abstieg.«
Sie wechselten kein weiteres Wort, bis sie Ukka erreichten. Der Ort war kleiner als Cademar erwartet hatte, nicht einmal so groß wie Klarbach. Die Hütten von Ukka bestanden aus einfach behauenen Holzstämmen, waren klein und wetterfest, aber wirkten von außen wie unbequeme Wohnungen. Nur eine Handvoll Menschen konnte hier leben. Am Waldrand dampften einige Essen, in denen das Erz aufbereitet wurde, und einige Ochsen grasten auf einer Weide.
Zahru bemerkte Cademars Blick. »Ukka war einmal größer«, sagte er, »aber die Erzvorkommen sind fast erschöpft.« Er hielt zielstrebig auf eine der Hütten zu, in die gerade zwei bärtige Männer lauthals lachend eintraten.
»Wie soll ich mich verhalten?«, fragte Cademar.
Zahru blieb stehen und wandte sich ihm zu. »Was meinst du?«
»Ich weiß nicht einmal genau, was wir hier wollen. Oder warum Ihr mich mitgenommen habt. Ich will nichts falsch machen.«
»Ein ehrenwertes Ansinnen … das du aus deinen Gedanken streichen solltest.« Zahru beugte sich so nah zu ihm, dass Cademar seinen Schweiß des Abstiegs riechen konnte. »Wenn du Wert darauf legst, es anderen Recht zu machen, dann geh besser sofort zur Lichtfeste. Die Magier würden sich freuen, dass sie deinen Geist nicht erst brechen müssen.«
Cademar wich unwillkürlich zurück. »Ich meinte –«
»Du sollst mir nicht folgen, du sollst mir nicht gehorchen. Beobachte. Denke. Ziehe weise Schlüsse.«
Cademar wusste nicht, was er erwidern sollte.
»Nun komm.« Zahru wirbelte herum und hielt auf die Tür zu. Und Cademar folgte ihm.
Es war eine Gaststätte, die die beiden betraten. Außer den beiden Männern, die vor Zahru und Cademar hereingekommen waren und die sich gerade an einen runden Ecktisch setzten, hielten sich noch zehn oder zwölf andere Männer in dem flachen, aufgeheizten Raum auf. Sie warfen den Neuankömmlingen einen wenig interessierten Blick zu, einige nickten kurz, was Zahru erwiderte, dann wandte er sich an den Wirt, der gerade einen Ofen an der hinteren Wand befeuerte, aber davon abließ, als er sah, wer hereingekommen war. »Zahru!« Der Wirt wischte seine rußige Hand an der Schürze ab und packte Zahru an dessen Unterarm. »Es ist schön, dein Gesicht wiederzusehen. Was treibt dich zu uns? Fehlt euch etwas?«
Zahru wandte sich zu Cademar. »Das ist Ilgar.«
Cademar nickte ihm zu, versuchte ein Lächeln. »Ich bin Cademar«, sagte er, aber Ilgar schaute ihn nur kurz an, dann ging er hinter die Theke. Cademar glaubte, Verachtung in dem Blick gesehen zu haben. Erst jetzt bemerkte er, dass der Mann nur eine Hand hatte – die linke. Am rechten Unterarm befand sich nur ein verbundener Stumpf.
Er hielt sich hinter Zahru, als dieser an den Tresen trat.
»Was hört man?«, fragte Zahru.
»Nichts Gutes. Es rumort in der Lichtfeste. Die Gesandten der Magier schwirren überall umher. Sie suchen – jagen! – auf eine Art und Weise, wie ich sie noch nie erlebt habe in all den Jahren.«
»Waren sie auch hier?«
»Noch nicht. Der Stempelzauber hat sich längst aufgelöst, sie würden hier sowieso nichts mehr vorfinden.«
»Was glaubst du, warum die Magier derart in Aufruhr sind?«
Ilgar schnaufte. »Sie haben Angst.«
»Angst? Die Magier?«, entfuhr es Cademar, der sich unter Ilgars gestrengem Blick sofort wünschte, er wäre still geblieben.
Zahru wirkte amüsiert, als er zu Cademar blickte. »Sag, Cademar, was glaubst du, wovor ein Magier Angst haben könnte?«
Beide schauten ihn erwartungsvoll an. Cademar hatte das entsetzliche Gefühl, diese Frage niemals beantworten zu können – und er hasste dieses
Weitere Kostenlose Bücher