Cademar-Günstling der Magie
in seine Richtung. Und Senro lächelte. Er hatte seine Zähne verloren und brachte nicht mehr die Kraft auf, Worte zu artikulieren.
»Senro«, sagte Zahru, »ich brauche ein letztes Mal deine Kraft und deine Hilfe. Die Magier müssen abgelenkt werden. Morgen, wenn die Sonne am höchsten steht, sollen sie glauben, dass eine große Gefahr aufzieht, mit der sie sich befassen müssen. Kannst du mir diese Illusion schenken?«
Ein Krächzen kam aus Senros Kehle, und er deutete ein Nicken an.
»Danke«, sagte Zahru. »Ich schwöre, dass ich zurückkomme und dich aus diesem Schicksal erlösen werde, mein Freund.«
Ein Blinzeln – mehr brachte Senro nicht zustande. Dann fiel sein Kopf vor Erschöpfung wieder zur Seite und er schloss die Augen.
Sie gingen wieder hinab. »Morgen ist es soweit. Ich werde es Flana sagen. Sei für alles bereit, was der Tag bringt.«
Malkom schlief schlecht. Er warf sich auf seinem Lager hin und her, und trotzdem war er bei Sonnenaufgang voller Tatendrang – und gleichzeitig traurig, von Angst erfüllt und von heiterer Entschlossenheit.
Holbrach kannte Malkom inzwischen gut, um zu fühlen, dass etwas bevorstand. Er blieb in seinem Studierzimmer, blätterte scheinbar wahllos durch Bücher und machte keine Anstalten, in sein Experimentier zimmer im Keller zu gehen – und schien darauf zu warten, dass Malkom etwas sagte.
»Wann wird der Bewahrer von Euch Ergebnisse verlangen?«, fragte dieser schließlich.
»Schon bald«, sagte Holbrach. »Er wird enttäuscht sein.«
»Was geschieht dann mit Euch?«
»Vielleicht bestraft er mich, vielleicht kann ich auch einfach wieder meine alten Studien aufnehmen.«
»Wie würde er Euch bestrafen?«
Amüsiert von der Sorge in Malkoms Stimme schaute der Magier ihn an. »Er wird mich nicht töten, falls du das befürchtest. Die Lichtfeste kann sich nicht erlauben, in Zeiten wie diesen leichtfertig mit ihren Magiern umzugehen. Schlimmstenfalls weist er mir ein Studiengebiet zu, das mich gar nicht interessiert.«
Erleichtert nickte Malkom.
»Aber selbst wenn ich Leib und Leben riskierte, könnte ich ihm nicht das Ergebnis präsentierten, nach dem er strebt.«
»Warum ist er so versessen darauf, die Manuskristalle zu verpflanzen?«
»Vielleicht sieht er darin die einzige Möglichkeit, dem Schwund der Günstlinge zu begegnen.«
»Aber es sind so viele Magier hier auf der Lichtfeste. Und vielleicht gibt es schon dieses Jahr wieder viel mehr Günstlinge.«
»Das werden wir sehen. Mit dem nächsten Schiff wird eine neue Kristallkugel nach Halburg gebracht. Bald wird sie wieder Asugol durchstreifen.« Er senkte seine Stimme. »Aber ich hörte noch etwas anderes. Die Gesandten sind in Asugol schon jetzt auf einen Günstling gestoßen, der … nun, einen solchen Günstling hat es noch nie gegeben.«
Malkom schaute den Magier abwartend an.
»Er hat in jeder Hand einen Manuskristall. Und trotz seiner Jugend beherrscht er die Magie und ist ungeheuer stark. Sie bringen ihn hierher und werden ihn ausbilden …«
»Wie kann das sein?«
»Das wissen wir nicht. Vielleicht werde ich ihn mir ansehen können … zumindest hoffe ich es.« Er widmete sich wieder den Büchern.
Malkom betrachtete den alten Magier und fühlte sein Herz schwer werden. »Ich habe Euch nie gedankt«, sagte er leise.
»Doch«, erwiderte Holbrach und hob den Kopf. »Jeden Tag. Mit dem, was du getan hast. Und eigentlich ich bin es, der danken muss.« Er lächelte und nickte verständnisvoll. Dann sanken seine Mundwinkel und sein Blick nahm den Ausdruck eines unausgesprochenen Wissens ein – ein Wissen um den bevorstehenden Abschied.
Malkom nahm nichts aus seiner Kammer mit, um keinen Verdacht zu erregen. Als der Mittag sich näherte, ging er zur Tür. Er und Holbrach nickten sich noch einmal zu, dann trat er hinaus.
Die Magier und Famuli strömten zum Speisesaal. Malkom ließ sich zurückfallen und traf Flana hinter der Statue, die ihnen schon so oft als Versteck gedient hatte. Sie warteten, bis niemand mehr im Gang zu sehen war, dann eilten sie zur Haupthalle, in der Zahru sie schon erwartete.
»Wir haben nicht viel Zeit. Wenn sie bemerken, dass ihr fehlt, werden sie Gesandte losschicken, die euch suchen. Hoffen wir, dass Senro sie vorher ablenkt.«
Zahru führte die beiden ins Kellergeschoss, doch wählte nicht den Weg zum Zellentrakt, sondern nahm eine Abzweigung, die in einen schmalen, unbeleuchteten Tunnel führte, durch den sie so schnell liefen, wie sie konnten.
Noch in der
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