Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
ihrer Jüngsten lief etwas gewaltig schief, aber das erwähnten sie nicht, sie wollten nur von ihrem klugen älteren Sprössling erzählen, der mit siebzehn schon aufs College kam.
Aber ich … ich wollte immer wieder wissen, was mit Cathie war. Wenn es ihr ein wenig besser ginge, dann könnte man sie doch vielleicht in eine Klinik bringen, nicht wahr? Aber meine Eltern sagten immer nur: Mach dir keine Sorgen, es geht ihr gut, solltest du nicht allmählich fürs College packen ? Bla bla bla. Sie haben gelogen, und ich wusste , dass sie logen, aber ich habe … zugelassen, dass sie mich fortschickten.«
»Patrick, du warst selbst noch so jung, und Cathies Krankheit war doch nicht deine Schuld … «
»Sei still, ich schaffe es nur einmal, dir das alles zu erzählen.« Er machte eine schneidende Bewegung mit der Hand, die ich bei ihm noch nie zuvor gesehen hatte. Aber sie passte zu der gepressten, harten Stimme, die ich auch noch nie von Patrick gehört hatte, und obwohl ich im Geiste die Brauen hochzog, ließ ich ihn fortfahren.
»Nachdem ich eine Weile fort gewesen war, hörte ich, dass sie sie eingewiesen hatten. Ein kleines Mädchen! Sie haben nach der Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Maxime gehandelt und Cathie in dieses verdammte Irrenhaus eingewiesen!«
Seine Hände lagen zu Fäusten geballt auf dem Tisch. Er atmete schwer. Wir schwiegen eine Weile. Schließlich sagte ich: »Wenn du jetzt von mir dafür verurteilt werden willst, Patrick, dann war deine Mühe umsonst. Es ist nicht deine Schuld gewesen. Weder Cathies Krankheit, noch die Feigheit deiner Eltern, noch dein Wunsch, auf dem College ein eigenes Leben zu leben. Wäre es dir etwa lieber gewesen, wenn Cathie und ich einander nie kennengelernt hätten? Denn auch so hätte es kommen können, wenn die Dinge anders gelaufen wären.«
»Natürlich nicht.« Immer noch konnte er mich nicht ansehen. »Es ist nur … ich bin auf die Uni gegangen und habe mein eigenes Leben gelebt, weit entfernt von ihnen – und Cathie. So hab ich zugelassen, dass sie sie weggesperrt haben. Und als sie dann dich kennenlernte – als ich dich kennenlernte … ich glaube, ich habe dich schon geliebt, bevor ich dich kannte. Denn als ich herausfand … «
»Was herausfand?«, fragte ich sanft.
»Als mir klar wurde, was meine Eltern getan hatten … was sie tun konnten , nachdem ich aus dem Weg war … da hatte ich tatsächlich das Gefühl, verrückt zu werden. Ich dachte wirklich so etwas wie: Juch-hu, nun hat’s mich auch erwischt, jetzt kann ich Cathie Gesellschaft leisten! Ich hab tatsächlich gespürt … wie ich … das seelische Gleichgewicht verlor.« Er hielt mich mit einem dunklen Blick fest. In seinen Augen standen Tränen. »Es war, als ob mein Verstand ein Boot auf einem See wäre und ein Gewitter losbräche. Ich spürte, wie mein … Ich kippte. Ich spürte, wie mein Ich sich spalten wollte. Ich habe es tatsächlich gefühlt .
Und als Cathie mir dann von dir erzählte, und als ich dich kennenlernte, dachte ich: Das ist eine Frau, die weiß, wie das ist … sie hat sich aufgespalten und konnte es nicht rechtzeitig stoppen. Es war, als ob … als ich dich kennenlernte, war es so, als ob ich dich schon immer gekannt hätte. Alle Teile, die dich ausmachen. Nicht nur jene, die du glaubst, der Welt zeigen zu dürfen.«
Mir wurde bewusst, dass ich ihn schon seit einiger Zeit mit offenem Mund anstarrte. Mein schöner Bäcker, mein Freund, von dem ich glaubte, ich hätte mich für ihn entschieden!
»Ich habe dich auf schreckliche Weise für zu selbstverständlich genommen«, war alles, was ich zu dieser außergewöhnlichen Geschichte sagen konnte. Oh. Da war aber noch etwas. »Wenn du dich allerdings für Cathies Geisteskrankheit verantwortlich fühlst, dann ist das nicht nur töricht, sondern auch überheblich und egoistisch.«
Nun fiel ihm der Kiefer herunter. »Was?«
»Auf eine nette Weise«, versicherte ich ihm. »Und mit den besten Absichten. Du solltest mal mit Cathie darüber reden.«
»Ich hab Cathie all das schon vor Jahren erzählt!«, fauchte er. »Jede Woche haben wir in der Therapie darüber gesprochen.«
»Ihr seid in Therapie?«
»Nicht mehr. Aber als ich vom College abging und etwas mehr Rückgrat hatte, musste ich natürlich mit ihr reden … über die Vergangenheit reden. Und jetzt, wo meine Eltern bald … abberufen werden – so lautet wohl die höfliche Umschreibung – jetzt auf einmal wollen sie ihre Tochter sehen. Sie sind selbst daran schuld,
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