Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
Wart’s nur ab, bis sie’s Michaela erzählen muss! Was übrigens auch nicht meine Schuld ist.«
Ich war aber ziemlich sicher, dass es doch ihre Schuld war . Shiro hatte sich noch nie jemandem anvertraut. Oder sich Gedanken darüber gemacht, was Michaela von ihr hielt. Jetzt, da Emma Jan offiziell Shiros Freundin war, machte es mir nicht mehr so viel aus, wenn die beiden etwas zusammen unternahmen. Dennoch war es etwas völlig Neues, dass Shiro eine Freundin hatte, die nicht meine Freundin war. Und dann dieses dauernde Gerenne zu Michaela, wo sie abwechselnd mit ihren Schießergebnissen prahlte oder sich über schlechte Ergebnisse beschwerte. Wer war Michaela eigentlich? Shiros Bärenmutter oder so? Wirklich, wirklich strange .
Emma Jan wuchs auch mir langsam ans Herz, aber ich fand sie lange nicht so faszinierend wie Shiro. Ich hatte sogar mit meinem Psychiater darüber gesprochen.
Zu meinem Erstaunen hatte mir Dr. Christopher Nessman meine Ängste genommen.
»Wenn Sie jemanden nicht sofort mögen, ist das noch lange kein Charakterfehler, Cadence. Es ist auch kein Anzeichen von Verrücktheit. Das passiert jedem Menschen und ist ebenso wenig erklärbar wie die Liebe auf den ersten Blick … zuweilen geschieht es eben. Aus irgendeinem Grund kommen Agent Thyme und Shiro gut miteinander aus, Sie und Agent Thyme jedoch nicht. Das ist überhaupt nicht schlimm. Sondern normal .«
Normal, soso. Kein Wunder, dass ich eine normale Freundschaft nicht erkannt hatte. Denn ich hatte mir solche Sorgen gemacht, ob Shiro wohl mit Emma Jan zusammen sein wollte, dass ich komplett übersehen hatte, wie rührend sie dafür sorgte, dass wir mit unserem Freund zusammenziehen konnten. Herrgott! Dass ich das nicht erkannt hatte …
»Ich hab keine Ahnung, ob es funktionieren wird.« Ich hatte die Ostseite des Saals im Blick. Heute Abend sollte der angebliche Vortrag stattfinden. Der gute Doktor war in Wirklichkeit ein Kollege, allerdings nicht aus unserer Einheit. Er hatte seinen Doktor in Amerikanischer Geschichte gemacht, wusste also, wie man eine Vorlesung hält und sich besonders steif ausdrückt. Außerdem war er seit drei Jahren unangefochtener Champion im Silhouetten-Schießen. Praktisch, so einen Mann zur Hand zu haben.
Umso schneller kriegen wir dich, mein Bester .
Im Publikum saßen jede Menge Ortspolizisten und mehr als nur ein paar Feds. Die Falle war gestellt. Der Köder gelegt. Jetzt konnten wir nur noch beten, dass JB auch tatsächlich auftauchte.
Mit meinem derzeitigen Wissen über die Tragödie der Stinneys konnte ich mir den Mörder fast bildlich vorstellen. Es war derjenige, der die Auslosung verloren hatte. Er war derjenige, der sich eine Auszeit vom Alltag nehmen musste, um einen zufällig ausgewählten Teenager zu ermorden. Und um das Familienerbe an seine Kinder weiterzugeben.
Eigentlich fand ich es inzwischen gut verständlich, dass der Mörder den Parkschein in Mickelsons Tasche hinterlassen hatte. Doch ich fragte mich, warum es nicht schon früher geschehen war. Also … vor ungefähr dreißig oder vierzig Jahren.
Wir passten auf. Der gute Doktor wurde von mehr Augen beobachtet, als eine Gans
( Gänse! )
Federn hat, und wir beobachteten und wachten und patrouillierten und waren auf alles gefasst. Obwohl ihm mehr oder weniger barsch nahegelegt worden war, sich doch bitte fernzuhalten, war ich sicher, dass sich Dr. Gallo dort unten im Publikum befand. Wir konnten jedoch nichts gegen seine Anwesenheit unternehmen, ohne unsere Tarnung auffliegen zu lassen, und Dr. Gallo war ohnehin ein Meister darin, sich Schwierigkeiten einzuhandeln.
Falls er nicht einen weißen Arztkittel oder seine schäbige grüne Pflegerkleidung trug, würde er in seiner alten Lederjacke wie ein Penner aus dem Viertel wirken. Sicherlich würden ihn die meisten Leute in dieser Aufmachung für einen Crystal-Dealer oder einen Einbrecher oder vielleicht auch für einen Studienkreditgeber halten, bevor sie endlich, endlich den Arzt in ihm erkannten.
Schon seltsam, dass ich ihn, obwohl ich ihn kaum kannte, doch kannte.
Ich glaube, deshalb habe ich auch so oft an ihn gedacht. Denn irgendwo unter der coolen Lederjacke und der fadenscheinigen Pflegermontur war mir Dr. Gallo sehr ähnlich. Oder Emma Jan. Oder sogar Patrick. Es gab da Dinge, geheime Dinge … Aber es war schon okay. Wir würden noch Zeit genug haben, sie ans Tageslicht zu zerren.
Irgendwann einmal. Denn jetzt stand Arbeit an, jetzt waren wir mit anderen Dingen beschäftigt
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