Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
siebenundvierzig: Prinz Popiel, Fürst der Polanen. Neuntes Jahrhundert. Bei lebendigem Leibe von Mäusen gefressen. Wäre für den da drin auch das Richtige«, sagte sie zu dem Hund und ließ sich die letzten Krümel vom Handschuh lecken. »Das wäre genau das Richtige für einen Kerl, der es völlig okay findet, wie er dich behandelt.«
Wenn Emma Jan wütend war, verstärkte sich ihr Südstaatenakzent, stellte ich alarmiert fest. Oje. Nicht schon wieder ein radikaler Tierschützer … der letzte war nach einem Monat Außeneinsatz wieder in den Innendienst versetzt worden. Er hatte angefangen, auf Autofahrer zu schießen, die Eichhörnchen überfuhren.
Natürlich tat mir der Hund leid. Doch Regeln sind nun mal Regeln.
»Also, weiter im Text«, befahl George mit einer Stimme, die vor Häme überzuschlagen drohte, und marschierte auf das Haus zu, ohne den Hund weiter zu beachten. »Die Damen zuerst. Dann Emma Jam.«
»Emma Jan .«
»Als ob das ’ne Rolle spielte. Dann kommst du, Cadence. Jetzt macht schon, ándale .«
Er hämmerte an die Tür. » FBI ! Die Wichtelmänner! Der Fleurop-Mann! Hier ist Ihre Avon-Beraterin, Joseph Behrman, kommen Sie wohl mal an die Tür ?«
»Müsst nicht rumschrein«, sagte Mr Behrman, als er die Tür öffnete. Er sah genauso aus wie auf dem erkennungsdienstlichen Foto: dick, klein, schulterlanges dunkelblondes Haar. Er trug lediglich T-Shirt und Jeans, hatte nackte Füße. Und er roch nach Marlboros und Bratensoße. »Keine Angst vor dem Köter. Die tut Ihnen nix.«
»Machen Sie sich bloß keine Sorgen, wir sind Gesetzeshüter von Regierungs Gnaden und schießen Sie über den Haufen, wenn es nötig ist«, versicherte ihm George. »Hat Ihnen Ihr Bewährungshelfer Bescheid gesagt, dass wir kommen?«
Behrman stieß einen Seufzer aus. Marlboros, Bratensoße und Kaugummi mit Traubengeschmack, das Letzte hatte ich vorher nicht gerochen. »Yep. Ihr quatscht zwar mit dem Falschen, aber kommt schon rein.«
Er trat beiseite, um George einzulassen. George wiederum machte Emma Jan Platz, die den Hund ein letztes Mal tätschelte und nun zu uns auf die durchsackende Veranda trat. Und im nächsten Moment war die Kacke am Dampfen.
21
Als ich die Ereignisse später noch einmal Revue passieren ließ, wurde mir klar, dass ich es gleich hätte merken können. Dass ich in einer solchen Situation nicht auf George bauen konnte, war sonnenklar. Wie oft würde ich diese Lektion in meinem Leben noch lernen müssen? Da waren ja Hundewelpen schneller von Begriff …
22
Ich hatte weder Zeit noch Lust, mir Cadence’ weinerliche Litanei anzuhören. Unsere neue Kollegin fuhr, wie George es ausdrücken würde, »aus der Haut«. Ich fand die Vorstellung zwar widerlich, musste jedoch zugeben, dass er es verstand, sich plastisch auszudrücken.
Die gesamte westliche Wand von Behrmans Wohnzimmer bestand aus einem Spiegel. Dieser war zwar an vielen Stellen blind und verschmiert, aber es war trotzdem ein Spiegel. Und dieser Spiegel war das Erste, worauf Agent Thymes Blick fiel, als sie hinter Behrman das Zimmer betrat. Was ja an sich kein Problem gewesen wäre … nur dass Agent Thyme dummerweise unter einer Spiegel-Halluzination litt.
»Achtung!«, kreischte sie, laut genug, um den Spiegel zu zertrümmern – was angesichts der Größe der Splitter das Problem einerseits gelöst, andererseits aber auch verschärft haben würde. Thymes normalerweise angenehme Altstimme steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Diskant. »Sie will Sie umbringen!«
Dann griff sie den Spiegel an.
Ich schaffte es im letzten Moment, mich zwischen sie und den Spiegel zu werfen, doch Thyme hatte so viel Schwung, dass mein Rücken mit Wucht gegen den Spiegel krachte. »Aufhören!«, stieß ich hervor und verkniff mir einen Schmerzenslaut. Wenn Cadence ihren Körper zurückerhielt, würde sie sich wundern, warum ihre Nieren schmerzten. Und wahrscheinlich auch über das Blut beim Wasserlassen. Vielleicht sollte ich ihr einen Zettel schreiben …
Agent Thyme war ein Wirbelwind aus krallenden Fingern und tretenden Füßen. In ihrer Panik hatte sie sogar die simpelsten Verhaftungsgriffe vergessen. Ob diese allerdings bei einem Spiegel gewirkt hätten, wage ich zu bezweifeln.
Ich schlug mich tapfer, hatte aber alle Hände voll zu tun. Ich war in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil ich Agent Thyme ja nicht ernstlich verletzen wollte. Sie hingegen war nun vollends enthemmt, da sie in dem Wahn befangen war, uns vor den beiden
Weitere Kostenlose Bücher