Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
ehrlich. Bye! Hoffe, Sie fallen nicht die Treppe runter und landen auf Ihrem Gesicht, oder geraten versehentlich mit dem Hemd in einen Traktormotor und müssen ein Jahr lang Ihre Brusthaut nachwachsen lassen.«
Patrick strebte auf die Fahrstühle zu, wobei er vernehmlich vor sich hin brummelte. Ich meinte »Arschloch« und »Scheißkerl« herauszuhören.
»Wie lange seid ihr beide eigentlich schon Partner?«, wollte Emma Jan wissen. Ich konnte ihr Erstaunen gut verstehen. Im Büro wurden Wetten darauf abgeschlossen, wann einer von uns ausrasten und den anderen zu Brei schlagen würde. Sollte ich George im September des kommenden Jahres töten, würde ich nahezu achthundert Dollar gewinnen. Und wenn er mich vor einem Monat erschlagen hätte … nun, ich will’s mal so sagen: Dann müsste er jetzt nicht zweimal pro Woche um Geld fürs Mittagessen betteln.
»Eine wahre Ewigkeit«, seufzte der Soziopath und klappte den Deckel des Kuchenkartons auf. »Ohhh, Baby! Wo bist du nur mein ganzes Leben gewesen?« Er hob die Tortenplatte aus dem Karton. Die Kokosnusscreme war verschwenderisch mit luftigen Baisers belegt, während geröstete Kokossplitter darüber gesprenkelt waren. Der Mürbeteigboden sah zart und vollkommen aus. »Jetzt weiß ich wieder, warum du dich überhaupt mit Little Debbie abgibst – abgesehen von seinem großen Schwanz.«
»Er ist Bäcker?«, erriet Emma Jan, während ich spürte, wie ich bis zu den Augenbrauen errötete.
»Du musst wohl eine hervorragend ausgebildete Bundesermittlerin sein«, neckte ich meine neue Kollegin. Tatsächlich war Patrick der Chef eines Konditor-Imperiums, seine Pies und Torten wurden in Supermärkten des ganzen Landes verkauft. Georges fieser Spitzname Little Debbie (das bekannte Kuchen-Imperium mit den herzigen Kindern auf der Packung) war typischer Pinkman-Humor: auf gemeine Art witzig und äußerst treffend.
»Lunch ist gestorben, ich mach mich lieber über deinen Kuchen her. Oh, fantastisch! Ich kann’s nicht fassen, dass ich dich nach all den Jahren tatsächlich mal loben muss.«
»Ich weiß drei kleine Worte für dich, George«, flötete ich.
»Fröhliche Weihnachten, Schatz?«, riet er und steckte einen Finger in die weichen Baisers, schleckte ihn genüsslich ab. »Ich will dich? Welch ein Hengst? Bitte bums mich? Little Debbie lutscht?«
»Splenda Zucker Ersatz.«
»Was? Fuck!« Er schüttelte seinen Finger, als sei dieser in Flammen aufgegangen und er müsse den Brand löschen. »Mach das weg, mach das weg , mach das sofort weg!« Damit drückte er mir die Kuchenschachtel in die Hand und sprintete zur Herrentoilette.
Nach einem längeren nachdenklichen Schweigen sagte Emma Jan: »Ist ja wirklich verrückt bei euch. Hast du mal ’ne Gabel für mich?«
20
Nachdem George seine Hände sterilisiert (nie zuvor hatte ich gesehen, wie jemand zwei Flaschen Purell in knapp drei Minuten verbraucht) und mich ausgiebig beschimpft hatte, waren Emma Jan, die Torte, Johnson & Johnson (Splenda-Hersteller), Shiro, Adrienne, Kokosnusscreme, Baisers und Splenda endlich bereit, sich auf den Weg zu machen.
Während wir zu unserem neuesten Verdächtigen fuhren, studierte ich noch einmal seine Akte.
Joseph Behrman war als Täter zwar reine Spekulation, aber immerhin hatte er das letzte Opfer von JB gekannt, er war wegen Übergriffen auf Teenager vorbestraft und konnte keine genauen Angaben darüber machen, wo er sich in der Tatnacht aufgehalten hatte.
George fuhr. Emma Jan saß geduckt auf dem Rücksitz und mied den Blick in den Rückspiegel. Ich tat so, als sähe ich es nicht und widmete mich wieder der Akte.
Urteil: zehn Jahre wegen Körperverletzung
Name des Häftlings: Joseph Aaron Behrman
Geschlecht: männlich
Geburtsdatum: 10. 12. 1975
Hautfarbe: weiß
Besondere Merkmale: Hakenkreuze auf linkem Ober-
arm, rechtem Oberarm und Schulterblatt
Haftstatus: auf Bewährung entlassen
Entlassende Haftanstalt: Stillwater Penitentiary
Haftantritt: 17. August 2001
Beginn der Bewährung: 5. Januar 2008
Vergehen: Körperverletzung, Zeugenbeeinflussung,
Schwerer Raub
Mindeststrafmaß: 6 Jahre
Höchststrafmaß: 10 Jahre
Als Täter kam er durchaus infrage (ein typischer Dreckskerl eben), doch ich hatte meine Zweifel. Behrman war ein wenig zu alt, um lediglich Körperverletzung und ähnliche Bagatellen auf dem Kerbholz zu haben, und ich glaubte auch nicht, dass er exakt seit dem Tag, an dem er auf Bewährung entlassen worden war, damit begonnen hatte, Heranwachsende
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