Cäsar Birotteau (German Edition)
kephalos ), also Ihre Erfindung markant charakterisiert!«
»Gut! Weiter!« rief Popinot ungeduldig.
Hier folgt nun der Prospekt:
Auf der Ausstellung von 1827 mit der goldenen Medaille ausgezeichnet!
KEPHALOL!
Das Vollkommenste auf dem Gebiete der Haar-Erhaltungsmittel!
Es gibt kein künstliches Mittel, Haare wachsen zu lassen, wo keine mehr da sind; ebenso auch kein chemisches Präparat, das das Haar ohne Nachteil für die Gesundheit zu färben imstande wäre. Die moderne Wissenschaft hat festgestellt, daß kein Mittel das Ausfallen oder Ergrauen der Haare absolut verhindern kann. Es gibt aber Vorbeugemittel. Um das Dünnerwerden des Haares oder das Kahlköpfigwerden aufzuhalten, muß man den Bulbus, das heißt die Haarwurzel, vor jeder äußeren atmosphärischen Einwirkung zu schützen und der Kopfhaut immer ihre normale Wärme zu erhalten suchen. Das
KEPHALOL
beruht auf diesen von der Akademie der Wissenschaften festgestellten Prinzipien und hat diese wichtige Wirkung! Die alten Griechen und Römer, ebenso die alten Germanen, denen das Haar der edelste Schmuck war, kannten bereits das Mittel. Gelehrte Forschungen haben ergeben und nachgewiesen, daß die Edlen, die sich ehemals durch die Länge der Haare auszeichneten, kein anderes Mittel angewandt haben. Ihr Verfahren, das von Herrn Anselm Popinot glücklich wieder aufgefunden worden ist, war lediglich verlorengegangen.
Zu erhalten, was da ist, das ist die Aufgabe des
KEPHALOL
Es verzichtet auf schädliche und von vornherein erfolglose Experimente mit Haar und Kopfhaut. Kephalol hat einen angenehmen Geruch und ist aus Substanzen zusammengesetzt, von denen die Lambertsnußessenz den Hauptbestandteil bildet. Es macht in der Tat jedwede Einwirkung der Atmosphäre auf die Kopfhaut unschädlich, es beugt dem Schnupfen, den Kopfschmerzen, der Migräne und allen schmerzhaften Affektionen der Gehirnmasse vor, weil es der Kopfhaut ihre normale Temperatur erhält. Bei dauernder Anwendung von
KEPHALOL
behalten die Haarwurzeln die haar- und färbeerzeugende Substanz und werden niemals von Kälte oder Hitze angegriffen und geschädigt. Das Haar, der prächtigste Schmuck des gesunden Menschen, auf das Männer wie Frauen aller Stände mit Recht den höchsten Wert legen, behält bis in das späteste Alter bei jedem, der sich des
KEPHALOL
dauernd bedient, den Glanz, die Feinheit, die Weichheit, die Fülle und die Farbe der Jugend!
Jeder Flasche ist eine Gebrauchsanweisung beigegeben, die ihr als Hülle dient.
GEBRAUCHSANWEISUNG DES KEPHALOL
Es ist durchaus verlorene Liebesmüh, die Haare zu pomadisieren. Das ist nicht allein ein lächerlicher und altmodischer Unfug, sondern überhaupt ein im höchsten Grade gesundheitsschädliches Verfahren, weil alle Pomaden und ähnliche Kosmetika ausnahmslos unerwünschte Wirkungen haben. Es genügt vielmehr, alle Morgen einen feinen Schwamm mit
KEPHALOL
zu befeuchten, das Haar auseinanderzukämmen, mit Kamm und Bürste zu säubern und dann Haar um Haar an der Wurzel mit dem Schwamme zu benetzen, so daß die Kopfhaut leicht mit Kephalol getränkt wird.
Kephalol wird in Originalflaschen, die nur echt sind, wenn sie Siegel und Namenszug des Erfinders tragen, bei
ANSELM POPINOT
Rue des Cinq-Diamants, Quartier des Lombards, Paris, zum Preise von drei Francs die Flasche verkauft.
Bestellungen werden frankiert erbeten!
»Mein lieber Freund«, sagte Gaudissart zu Finot, »dein Prospekt ist wirklich großartig abgefaßt! Zum Teufel auch! Das nenne ich echt wissenschaftlich! Wir machen keine albernen Redensarten! Wir gehen gerade auf unser Ziel los! Ich mache dir mein aufrichtigstes Kompliment! Diese Art Literatur hat wenigstens ihren Zweck!«
»Ein prächtiger Prospekt!« rief Popinot enthusiastisch.
»Ein Prospekt, dessen erstes Wort schon das Macassar-Öl tötet!« Gaudissart erhob sich, um mit Stentorstimme folgende Sätze zu sprechen, wobei er jedes einzelne Wort für sich betonte:
»Niemand – kann – Haare – wachsen – lassen! – Niemand – färbt – das – Haar – ohne – Gefahr! – Das heißt Reklame! Die moderne Wissenschaft gräbt die Rezepte der Alten wieder aus. Damit macht man es altmodischen wie modernen Menschen recht. Hat man es mit einem Altmodischen zu tun, so sagt man: ›Mein Herr, die alten Griechen und Römer hatten recht; das waren gescheite Kerle!‹ Hat man es mit einem Modernen zu tun, dann sagt man etwa so: ›Mein lieber Junge, schon wieder eine Entdeckung, die wir dem
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