Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar Birotteau (German Edition)

Cäsar Birotteau (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
»Dabei plaudern wir ein bißchen ... also los!«
    »Gern!« versetzte Cäsar.
    »Aloisia!«
    Auf diesen Ruf erschien die Wirtschafterin; sie sah wie ein Fischweib aus.
    »Aloisia, sag den Kommis, daß ich für niemand zu Hause bin, für niemanden!«
    »Bis jetzt ist nur Herr Lempereur da.«
    »Gut! Er soll die lieben Leute abfertigen!« befahl Claparon. »Der Krüppel soll aber im vordersten Zimmer bleiben! Sagen Sie, ich hätte mordsmäßig zu tun... bei Sekt und Austern!«
    Birotteau nahm sich vor, Claparon ein wenig beim Wein auszuhorchen, wer eigentlich hinter ihm stand.
    »Roguin steht mit Ihnen noch immer in Verbindung«, begann er. »Wollen Sie ihm nicht einmal schreiben, er solle seinen alten Freund doch nicht sitzen lassen, bei dem er zwanzig Jahre lang jeden Sonntag zu Tisch gewesen ist!«
    »Roguin? Der Esel! – Verzagen Sie nur nicht, Verehrtester, es wird sich schon alles machen! Bezahlen Sie erst mal prompt am Fünfzehnten, und dann werden wir weiter sehen...« Er goß ein Glas Sekt hinunter; aber Birotteau verrechnete sich, wenn er meinte, Claparon würde sich einen antrinken, Claparon, der ehemalige Geschäftsreisende! »... Das heißt, mich geht der Wechsel wirklich nichts an. Wenn Sie ihn nicht bezahlen, bin ich Ihnen auch nicht böse. Ich mache die Geschäfte nur auf Kommission. Gott ja, ein bißchen was verdiene ich schon dabei... Sie verstehen! Aber haben Sie keine Angst, Verehrtester. Unser Konsortium besteht aus lauter anständigen und soliden Leuten! Wie das heutzutage so ist: einer allein macht kein Geschäft mehr. Die Geschäfte werden immer komplizierter. Das erfordert allerhand Einzelkenntnisse! Halt! Wie war's? Treten Sie ein in unsere Geschäfte! Lassen Sie endlich Ihren Handel mit Haaröl und Pomadenbüchsen ganz! Dabei kommt nichts heraus. Plunder! Werden Sie Spekulant!«
    »Spekulant? Was heißt das kaufmännisch?«
    »Wie der geniale Nucingen, der Napoleon der Finanziers, sagt: Die Spekulation ist das Kaufmannstum in abstracto, vorläufig noch Jahrzehnte hindurch etwas Inoffizielles. Durch die Spekulation umfaßt ein Mensch das Universum des Handels, umzirkelt er Einkünfte, ehe sie existieren. Die Spekulation ist eine gigantische Konzeption, die Kunst, Träume unter Dach und Fach zu bringen, mit einem Wort: eine neue Geheimwissenschaft... Zu unserem großartigen Geheimbund gehören bis jetzt erst etwa ein Dutzend Leute...«
    Birotteau sperrte Augen und Ohren auf. Diese Phraseologie ging über seine Begriffe.
    »Ich sage Ihnen«, fuhr Claparon fort, »wir brauchen nur ganze Männer! Es gibt Menschen, die haben Ideen, aber kein Geld. Na, überhaupt die Menschen mit Ideen! Die haben alle kein Geld! Sie denken und denken, und vor lauter Denken verpassen sie die schönen Gelegenheiten. Sie verdenken sich. Stellen Sie sich mal vor; ein Schwein schnüffelt durch ein Trüffelgehölz. Ein Schelm folgt ihm, das ist der Geldmann, der auf das beim Fund erfolgende Grunzen lauert. Wenn der Ideenmann ein gutes Geschäft ausschnüffelt, dann gibt ihm der Geldmann einen Klaps auf den Buckel und fragt: ,Was gibt's? Sie bringen die Trüffeln nicht bis auf die Tafel. Weil Sie keinen Mammon haben. Hier sind tausend Francs, Lassen Sie mich mal ran!‘ Schön! Der Geldmann alarmiert seine Leute. Ans Werk! Auf Leben und Tod! Man tutet in die Hifthörner: ,Hunderttausend Francs für fünf Dreier!‘ oder ,Fünf Dreier für hunderttausend Francs! Goldminen! Kohlenaktien!‘ Man erkauft das Gutachten von Professoren, Autoritäten und Bücherwürmern. Hallo! Der Parademarsch beginnt. Das Publikum beißt an. Es zieht die Beutel. Das Schwein wird in den Stall gesperrt und kriegt Kartoffeln. Wir aber schmausen die Trüffeln: die braunen Lappen. So ist es, Verehrtester! Treten Sie ein ins Geschäft! Was wollen Sie sein? Schwein oder Schelm? Narr oder Millionär? Überlegen Sie sich's! Ich habe Ihnen die Theorie der modernen Goldmacherkunst doziert. Kommen Sie zu mir! Sie haben es mit einem guten und immer fidelen Kerl zu tun. Die gallische Lebenslust, ernst und leichtsinnig zugleich, schadet den Geschäften nichts. Im Gegenteil, beim Becher versteht man sich am besten. Schnell, noch ein Glas Sekt! Gute Marke! Direkt aus Epernay! Ich bin Kenner. Prosit!«
    Erstaunt über den Leichtsinn und die Sorglosigkeit dieses Mannes, der als ernster und gründlicher Fachmann allgemein bekannt war, wagte Birotteau keine weiteren Fragen. Bei allem Wirrwarr der Sektstimmung kam ihm jener Name nicht aus dem Sinn, den ihm du

Weitere Kostenlose Bücher