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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auszuhalten, keinerlei Gefahr laufen würde. Überdies betrug die Entfernung am schmalsten Punkte der Meerenge zwischen dem ein wenig oberhalb von Port-Clarence befindlichen Prince-of-Wales-Kap und dem an der sibirischen Küste gelegenen kleinen Hafen von Numana höchstens zwanzig Meilen.
    »Teufel!« sagte Herr Cascabel eines Tages, »es ist wirklich ärgerlich, daß die Amerikaner keine Brücke gebaut haben!«
    »Eine Brücke von zwanzig Meilen!« rief Xander.
    »Warum nicht?« meinte Jean. »Die kleine Insel Diomedes inmitten der Meerenge könnte ihr als Stützpunkt dienen…«
    »Es wäre nicht unmöglich,« bemerkte Herr Sergius, »und wir dürfen immerhin glauben, daß es eines Tages dazu kommen wird, wie zu allem, was von der Intelligenz der Menschen abhängt.«
    »Man denkt ja doch daran, eine Brücke über den Pas-de-Calais zu bauen,« sagte Jean.
    »Allerdings, mein Freund,« antwortete Herr Sergius. »Aber wir müssen doch zugeben, daß die Brücke über die Beringstraße weniger nützlich als die Brücke von Calais nach Dover sein würde. Sie würde sich entschieden nicht bezahlt machen!«
    »Wenn sie den Reisenden im allgemeinen wenig Nutzen brächte,« versetzte Cornelia, »so wäre sie doch wenigstens für uns sehr bequem…«
    »Das sollt’ ich meinen!« erwiderte Herr Cascabel. »Aber während zwei Dritteilen des Jahres existiert unsere Brücke ja, eine Eisbrücke, die ebenso solid, wie irgend eine beliebige Brücke von Stein oder Eisen ist. Nach ihrem Zusammensturze baut Frau Natur sie alljährlich von neuem auf; und sie verlangt keinen Brückenzoll!«
    Mit seiner Gewohnheit, die Dinge von der guten Seite zu betrachten, sprach Herr Cascabel die Wahrheit. Wozu eine Brücke, die Millionen kosten würde, wenn man nur den günstigen Augenblick abzuwarten brauchte, um zu Fuß wie zu Wagen sicher hinüberzukommen.
    Es konnte ja nicht mehr lange anstehen. Man mußte nur ein wenig Geduld haben.
    Zu Anfang Oktober war der Winter in diesen hohen Breiten endgiltig eingezogen. Es schneite häufig. Jede Spur von Vegetation war verschwunden. Die wenigen Bäume des Küstengebietes verloren ihre letzten Blätter und bedeckten sich mit Reis. Man sah nichts mehr von den verkümmerten der Polargegenden, deren Gattungen so nahe verwandt mit denen Skandinaviens sind, und auch keine jener Linaria 1 , welche fast ausschließlich den Kräuterschatz der Polarflora bilden. Und wenn die Eisschollen auch, von der schnellen Strömung getragen, noch immer durch die Meerenge trieben, so nahmen sie doch an Größe und Dicke zu. Wie es nur einer kurzen Erhitzung bedarf, um Metalle anzuschweißen, so würde es auch hier nur einer kurzen Erkaltung bedürfen, um die Eisstücke zu verbinden. Es konnte jeden Tag dazu kommen.
    Aber wenn die Familie Cascabel auch Eile hatte Port-Clarence zu verlassen, und wenn es ihr auch große Freude machen würde, endlich das alte Festland zu betreten, so hatte diese Freude trotz alledem eine Beimischung von Trauer. Handelte es sich doch um die Trennungsstunde. Gewiß würde man Alaska verlassen; aber Herr Sergius würde dort zurückbleiben, da er nicht weiter nach Westen vorzudringen gedachte. Sobald der Winter vorüber war, würde er seine Ausflüge in jenem Teil von Amerika, dessen Erforschungen er zu vollenden wünschte, wieder aufnehmen, indem er die nördlich vom Youkon und jenseits der Berge gelegenen Gebiete besuchte.
    Eine grausame Trennung für die einen, wie für die andern, denn sie waren alle nicht allein durch gegenseitige Sympathie, sondern auch durch eine innige Freundschaft verbunden.
    Man wird unschwer erraten, daß Jean am allerbetrübtesten war. Konnte er doch nicht vergessen, daß Herr Sergius Kayette mit sich fortnehmen werde! Aber lag es nicht im Interesse der jungen Indianerin, daß ihre Zukunft der Sorge ihres neuen Vaters anheimgestellt blieb? Bei wem konnte sie besser aufgehoben sein, als bei Herrn Sergius? Er hatte sie an Kindesstatt angenommen; er würde sie nach Europa bringen, sie unterrichten lassen, ihr eine Stellung sichern, wie sie ihr eine arme Gauklerfamilie niemals bieten könnte. Hätte man angesichts solcher Vorteile zögern dürfen? Nein, gewiß nicht! und Jean war der Erste, es einzusehen. Aber er empfand trotzdem einen Kummer darüber, der sich in seiner wachsenden Traurigkeit verriet. Wie hätte er sich auch zu beherrschen vermocht? Sich von Kayette trennen – sie nicht mehr sehen – nicht einmal auf ein Wiedersehen mit ihr hoffen dürfen, wenn sie ihm

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