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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hören.
    »Du bist also kein Mann mehr?…« sagte Cornelia eines Tages zu ihm, indem sie ihn derb schüttelte.
    »Keinesfalls in demselben Grade wie du!« antwortete er, während er sein durch diese eheliche Mahnung gestörtes Gleichgewicht wieder zu erlangen suchte.
     

    Der Schneewall glich einer Schutzwehr. (Seite 204.)
     
    Im Grunde war Frau Cascabel voll Besorgnis wegen der Zukunft; aber sie empfand die Notwendigkeit, gegen den Kleinmut ihres sonst so widerstandsfähigen Mannes zu reagieren.
    Inzwischen begann die Nahrungsfrage Herrn Sergius zu beschäftigen. Vor allem war es wichtig, daß die Verköstigung bis zu dem Tage gesichert sei, wo man sich einen Weg über das Eisfeld zu bahnen vermochte oder aber bis die Belle-Roulotte die sibirische Küste erreichte. Es wäre unnütz gewesen, auf die Jagd zu rechnen in einer Jahreszeit, wo die Schwärme von Meervögeln nur mehr selten durch den Nebel vorbeizogen. Folglich gebot die Vernunft, die Vorräte im Hinblick auf einen vielleicht langwierigen Übergang in Rationen einzuteilen.
    Unter diesen Umständen langte die Eistafel, von unwiderstehlichen Strömungen fortgetragen, auf der Höhe der nördlich von der asiatischen Küste gelegenen Anjou-Inseln an.
IV. Vierzehn Tage.
    Es war auf Grund der von ihm angestellten Berechnungen, daß Herr Sergius sich auf der Höhe jener Inselgruppe zu befinden glaubte. Bei seinen täglichen Beobachtungen hatte er dem Treiben der Eistafel Rechnung getragen, dessen durchschnittliche Geschwindigkeit er auf cirka fünfzehn Meilen per vierundzwanzig Stunden schätzte.
    Jene für ihn nicht sichtbare Inselgruppe liegt laut den Seekarten unter dem einhundertfünfzigsten Länge-und dem fünfundsiebzigsten Breitegrade etwa hundert Meilen vom Festlande entfernt.
    Herr Sergius täuschte sich nicht. Am sechzehnten November befand die Eistafel sich im Süden von den Anjou-Inseln. Aber in welcher Entfernung? Selbst mit Zuhilfenahme der Instrumente, deren die Seefahrer sich zu bedienen pflegen, hätte man das höchstens annähernd zu bestimmen vermocht. Im Anschluß an die Sonne, deren Scheibe bloß wenige Minuten lang durch die Nebel des Horizonts sichtbar wurde, hätte die Beobachtung zu keinem Ergebnis geführt Man war jetzt von der langen Nacht der Polarregion umgeben.
    Das Wetter war abscheulich, wenn auch zu strengerer Kälte neigend. Die Thermometersäule schwankte ein wenig unter Null. Aber diese Temperatur war noch nicht niedrig genug, um das Aneinanderfrieren der über die Meeresfläche verstreuten Eisberge zu bewirken; folglich wurde die schwimmende Eistafel durch kein Hindernis aufgehalten.
    Indessen bildeten sich in den Ufereinschnitten bereits jene vereinzelten Eisstöße, welchen die in der Polarregion Überwinternden den Namen »Bayices« beilegen, falls sie ihren Ursprung in engen Buchten nehmen. Im Vereine mit Jean beobachtete Herr Sergius unermüdlich diese Formationen, die sich bald über die ganze Oberfläche des Meeres ausbreiten sollten. Dann würde die Eisperiode völlig eingetreten sein und die Lage der Schiffbrüchigen sich bessern – wenigstens hofften sie es.
    Während der letzten vierzehn Tage des November fiel der Schnee unaufhörlich und in außerordentlicher Menge.
    Von den Stürmen getrieben, lagerte er sich in dichten Massen gegen den um die Belle-Roulotte aufgeführten Wall und hatte denselben bald beträchtlich erhöht.
    Übrigens bildeten diese Anhäufungen keinerlei Gefahr und boten der Familie Cascabel sogar noch besseren Schutz gegen die Kälte. Cornelia konnte in der That mit dem Petroleum sparen, es gänzlich für die Erfordernisse der Küche aufheben. Das war gewiß ernster Beachtung wert; wie sollte man diese Mineralflüssigkeit ersetzen, wenn sie aufgebraucht sein würde?
    Übrigens blieb die Temperatur glücklicherweise im Innern der Abteilungen erträglich – drei bis vier Grad über Null. Sie stieg sogar, als die Belle-Roulotte von Schneemassen eingehüllt wurde. Unter diesen Umständen war es nicht die Wärme, welche ihren Bewohnern abzugehen drohte, sondern vielmehr die Luft, der bald jeder Eingang verwehrt sein würde.
    Da mußte man sich denn ans Schneeschaufeln begeben, und alle, beteiligten sich an dieser ermüdenden Arbeit.
    Herr Sergius begann damit, daß er den auf der Innenseite des Walles belassenen Gang freimachen ließ. Dann wurde ein Weg gebahnt, um den Ausgang ins Freie zu sichern. Man trug Sorge, die Achse desselben gen Westen zu richten. Denn ohne diese Vorsicht würde er von

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