Caesar erwacht!
Tod.
Drei kleine Kinder folgten in der nächsten Hieroglyphenreihe. Kinder von Kleopatra und Marcus? Diese wurden aus dem Palast gerettet und überlebten. Hatten sogar Nachfahren. Das beschützende Symbol des ägyptischen Sonnengottes Re schwebte die gesamte Zeit über dem Geschehen. Die Entdeckung löste in Jo eine ungeheure Bestürzung aus. Sollte Nicole wirklich eine Nachfahrin der großen Ahnenreihe des Ptolemaios sein? Bei aller Liebe zu Nicole war diese Vorstellung sogar für Jo zu abstrus und albern. Noch war keine Spur von Größenwahn in Nicole zu spüren.
Aber stelle einen Menschen auf ein Podest, und lasse ihn gewähren …
Jo malte sich gerade aus, wie Nicole in einem Triumphzug durch London zog – bis vor den Buckingham-Palast. Mit dem göttlichen Caesar an ihrer Seite, das Haupt von einem güldenen Lorbeerkranz umhüllt. Und wie die Wachgarde der Windsors, durch römische Kohorten angegriffen, endlich aus ihrer traditionellen Starre erwacht und entsetzt, das Weite suchte.
Bei dieser Vorstellung, die Jos Phantasie gehörig antrieb, musste er leise vor sich hin grinsen. Allerdings waren Jos Gedanken das erste Mal nicht mehr positiv gestimmt. Zwischen Jo und Nicole hatte sich ein noch sehr kleiner Abgrund aufgetan.
Jean-Luc war ebenfalls von der Bildfläche verschwunden und verbrachte viel Zeit bei den Beduinen.
Bis mittags nahm Caesar sich Zeit für einen epochalen Austausch mit Nicole. Am Nachmittag erwartete er jedoch Abgesandte einzelner Stämme und bat Nicole um Verständnis. Zu gerne hätte sie diese Gespräche verfolgt. Immerhin hatte er ihr erklärt, dass auch das Wüstenvolk seinen Truppen angehören sollte. Freiwillig? Ob sie genaue Kenntnis hatten, wer er war? Sie sollte leider keine Gelegenheit erhalten, dies zu erfahren. Also packte sie eine andere beim Schopfe.
Nicole fragte nach den Kindern, und zögernd gab Caesar sein Einverständnis zu einem Besuch.
Die Kinder befanden sich inmitten von Dreharbeiten eines eigens von ihnen erarbeiteten Drehbuches, welches Caesar zu einem Thema in Auftrag gegeben hatte: Das Nachstellen einer Schlacht aus seinem berühmten Schriftsatz zu den gallischen Kriegen.
Ein junger Mann war gerade in kompletter Uniform angetreten und verkörperte heroisch einen wild gewordenen Eroberer, der seine eigenen Söldner niedermachte und auspeitschen ließ. Das duplizierte Original beobachtete ihn höchst amüsiert, hinter vorgezogenen Gardinen sozusagen, während er auf seine echten Krieger wartete. Jungen Menschen gegenüber war er erstaunlich sanft.
Entsprechend abgelenkt waren die Kinder, als Nicole eintraf. Immerhin sollte ihr kleines Meisterwerk in das neue, große Epos von Sovrano eingearbeitet werden. Das bedurfte einer sorgfältigen, zeitraubenden Vorbereitung und Durchführung.
Der junge Baby-Regisseur brüllte „Uuund Action!“ durch das Megaphon und drängte Nicole übereifrig zur Seite, hinter die Kamera.
Nicole war wieder mal tief beeindruckt von Caesars Art, Menschen so intensiv mit seiner Persönlichkeit fesseln zu können.
Die Kinder hatten bisher nicht ansatzweise bemerkt, welchem Lug und Trug sie derzeit ausgesetzt waren. Aber sie waren momentan sicher. Es gab keinen Grund, um dieses nette Possenspiel in ein ernsthaftes Drama zu verwandeln.
Alles war straff durchorganisiert. Jeder hatte hier seine Berechtigung. Es gab Tonmeister, Cutter, Beleuchter, Kameramänner und Assistenten, Schauspieler, Statisten, sogar für Visagisten und Bühnenbauer war gesorgt. Auch die Kostüme hatten die Kinder selbst geschneidert. Die Helme waren unter Caesars Aufsicht gefertigt worden. Eine sehr leichte Ausführung. Er hatte die Kinder überhaupt mit seinem Wissen zu traditioneller Ausrüstung und Kampfkunst begeistert. Und die jungen Damen mit schmeichelnden Worten der Bewunderung, wenn sie sich in einer schön verzierten Tunika und prachtvollen Perücken zeigten. Ansonsten wurde alles von den Kindern organisiert und durchgeführt. Eine der besten Beschäftigungstherapien, die Nicole sich nur vorstellen konnte. Die Kinder waren der Meinung, der Film müsse geheim gehalten werden. Auch den Eltern gegenüber. Niemand kam auf die Idee, nachzufragen. Caesar hatte sie einfach ausgetrickst, mit harmlosen Mitteln, durch ein bombastisches Medium, was die Welt schon seit Jahrzehnten in seinen Fängen hielt.
Wenn schon einfache Sektenführer kleine Gruppen täuschen und in ihren Bann ziehen konnten, verhältnismäßig einfache Männer ein ganzes
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