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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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ich in diesem Rom meine Augen und meinen Mund verbergen sollen, der so gern lächelt? Ich hätte niemals meinem Molosserhund eines Maienabends laut sagen dürfen; »Komm, mein Freund, heut abend hauen wir beide mal auf die Pauke«, und niemals zu einer Frau: »Das Leben, meine Gnädigste, ist wie eine Lawine: mal rauf, mal runter.« Kein Römer hätte mich Goethe genannt, wenn ich ihm erklärt hätte, über allen Gipfeln sei Ruh, über allen Wipfeln spüre er kaum einen Hauch; die Vöglein schwiegen im Walde; er möge nur warten, bald ruhe er auch.
    Übrigens: »ruhen«. Und die Kriege, fragen Sie? Wie hätte ich die gefunden?
    Ich wäre immer dran gewesen, das ist klar. Das ist nicht nur klar, sondern auch unangenehm. Ich meine nicht so sehr das Sterben wie das Töten. Da ist das Zwanzigste Jahrhundert mit seinem anonymen Töten, seinem einfachen Knopfdrücken und Hebelziehen denn doch für alle guten Pazifisten wesentlich sympathischer, nicht wahr?
    Mit einem Wort, ich wäre im damaligen Rom fehl am Platze gewesen. Brauchbar, aber fehl. Wie heute.

DAS FÜNFTE KAPITEL

behandelt die Punischen Kriege, in denen die beiden Großmächte des Mittelmeeres, Rom und Karthago, aufeinanderprallen.
Der, der als erster die Virtus über Bord wirft, siegt. Und da er nun schon einmal das Gesicht verloren hat, zerstört er auch gleich noch Hellas. Denn die Welt vergißt in einem Aufwaschen. Aber das greift schon, wie ich eben sehe, ins nächste Kapitel vor.

    Wir hätten das Wort Krieg nicht erwähnen sollen. Gleich kommt wieder einer.
    Uns überrascht er nicht, die Römer überraschte er sehr. Sie waren nach dem einträglichen Sieg über Pyrrhos in der gleichen Stimmung wie 1945 die Alliierten, als sie verkündeten, jetzt müsse mal Schluß sein mit den ewigen Ansprüchen hin, Ansprüchen her und mit dem Nichtverwindenkönnen des Geschehenen. Der gegenwärtige Zustand sei ein geeigneter Neubeginn für ein friedfertiges Völkerzusammenleben.
    Dieser Wunsch ist der Herzenswunsch aller erfolgreichen Bankräuber.
    Bei den Römern war er sogar begründet, denn von den Samniten oder Kelten drohte ihnen wirklich nichts mehr. Gevierteilte Ochsen nehmen, wie wir wissen, niemand mehr auf die Hörner.
    Die Gefahr kam von ganz anderer Seite: von ihren Komplizen aus dem Pyrrhos-Krieg.
    Wie sie in diese drei Punischen Kriege hineingeschliddert sind, ist ein Kapitel für sich. Ich empfehle es besonders denen, die immer noch an die sogenannte Mündigkeit der Masse glauben.
    In Sizilien existierte ein Stadtstaat namens Messana (Messina) — fürchten Sie nicht, daß ich weit aushole, wir sind mitten drin. Einst war Messana eine griechische Siedlung wie das nahe große Syrakus gewesen, jetzt herrschten Osker dort. Diese mittelitalienischen Osker waren als versprengter vagabundierender Söldnerhaufe nach Messana gekommen und hatten sich mit Gewalt festgesetzt. Kurz gesagt: eine Bande Soldateska. Nichts einleuchtender, als daß dieses Messana sich bald isoliert sah, so gänzlich, daß nicht einmal jemand den Versuch machte, in der »Schweinebucht« zu landen, um ihnen auch nur die Reste eines Schiffswracks zu überlassen.
    Im Jahre 264 waren die wilden Herren praktisch pleite. Entwicklungshilfe gab es damals noch nicht; bankrotte Firmen pflegten von anderen nicht saniert, sondern kassiert zu werden. Syrakus war bereit dazu, aber die Machthaber dachten nicht ans Kapitulieren. Sie wandten sich an Karthago um »Hilfe« in der sehr richtigen Erinnerung, daß Punier und Griechen in Sizilien automatisch Gegner waren. Mit der schönen Unbekümmertheit von Dilettanten wandten sie sich gleich darauf aber auch an Rom um »Hilfe«. Was sie sich dabei dachten, ist ganz unklar.
    Der römische Senat trat zusammen und beriet. Rom hatte in Sizilien keine Interessen. Noch nicht einmal Süditalien war allzufest in römischer Hand. Friede war zur allgemeinen Beruhigung dringend nötig. Dazu kam, daß das Soldateska-Regime in Messana rundum suspekt war. Der Senat glaubte es mit der Würde Roms nicht vereinen zu können, solchen Leuten die Hand zu reichen.
    Der Fall hätte damit erledigt sein müssen, aber er war es nicht. Denn jetzt ging das Volk mal die Sache an. Man trommelte es zu den berühmten Tributkomitien, den Stadtbezirksversammlungen, zusammen, deren Beschlüsse seit 287, wie Sie sich freundlichst erinnern wollen, über denen des Senats standen. Hier waren die Plebejer — abgesehen von wenigen Bezirken — ganz unter sich. Hier wurde das gerade, kernige

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