Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
Vom Netzwerk:
Zipfel bildete das Sprungbrett nach Griechenland. Wozu die Römer ein Sprungbrett brauchten? Keine Ahnung, ich zitiere nur. Das regierende Volk mit seinem berühmten gesunden Menschenverstand wird es schon gewußt haben.
    Als die Samniten von dem neuen bevorstehenden Krach hörten, waren sie entzückt, wetzten sofort wieder die Messer und schlugen sich auf die Seite Tarents. So wurde es fast ein vierter Samnitenkrieg.
    Aber Tarent war vorsichtig. Der Ruhm der Legionen war inzwischen schon legendär geworden. Man rief Pyrrhos.
    Er kam. Auf vielen Schiffen und mit eigenem Heer. Mit goldenem Helm auf dem Kopf und kompletter Strategie innen drin. Er kam angeblich mit fünfundzwanzigtausend Mann und zwanzig Kampfelefanten. Ich sage »angeblich«, denn ich glaube weder an die Zahl noch an irgendeinen Elefanten; aber die Quellen berichten es.
    Die Griechen waren den Legionen strategisch weit überlegen. 280 siegte Pyrrhos bei Herakleia. Weit weg von Rom! Kein Grund zur Unruhe! Es kam der Winter, Pyrrhos richtete sich in Calabrien ein. Im nächsten Frühjahr stieß er wieder vor und erwischte die Römer bei Ausculum (in Apulien). Wieder siegte er, aber seine Verluste waren schwer. Wenn es so weiterging, siegte er sich zu Tode. Die nächste Schlacht mußte mit diesen römischen Bauern Schluß machen und hätte wohl auch Schluß gemacht. Aber zu dieser Schlacht kam es nicht. Zum erstenmal in der Geschichte, die bisher so gradlinig Schritt für Schritt und ganz auf eigenen Füßen vorwärts getappt war, warf das Schicksal den Römern einen Ball von außen zu. Es war kein sehr schwieriger Ball und kein sehr komplizierter Jongleur-Akt, der sich ihnen hier anbot, aber immerhin: es war ihr erstes internationales Drahtziehen. Sie hatten diese Gelegenheit auch nicht etwa selbst berechnet und herbeigeführt, nein, keineswegs; sie bekamen sie von den Karthagern ins Haus geliefert.
    Damit taucht erstmals der ominöse Name jenes semitischen Volkes auf, das viele, viele Seiten der römischen Geschichte mit Blut geschrieben hat.
    Die Karthager saßen, wie unschwer zu erraten, in Karthago, unbeschadet der Tatsache, daß dieser Name gar nicht ihr eigener war. Karthago — Karthada ist phönizisch und heißt schlicht Neustadt. Die Neustädter führten jedoch im Gegensatz zu den Römern einen Volksnamen; sie nannten .sich Sidonier, nach der Stadt Sidon. Die Römer sprachen von ihnen als »Punier«, lateinisch Poeni, was wiederum nichts anderes heißt als Phönizier. Heute liegt neben den Ruinen der einstigen Weltstadt, die viel größer, viel glanzvoller, viel kultivierter war als Rom, das moderne Tunis.
    Karthago war ein streng regierter, feudal geführter Staat, der das westliche Mittelmeer vollständig beherrschte, der die Etrusker zur See entmachtet hatte, der Südspanien besaß, die Balearen, Korsika, Sardinien, Malta und einen Teil von Sizilien. Und damit ist unser Stichwort gefallen: Sizilien.
    Die Karthager waren in Sizilien gerade auf dem schönsten Wege, die griechischen Städte der Ostküste, Agrigent, Syrakus, Catania, Taormina, Messina zu kassieren, als Pyrrhos in Unteritalien erschien. Die Griechen Siziliens, denen das Schicksal Tarents so gleichgültig wie nur was war, beschworen Pyrrhos jetzt, eiligst zu ihnen zu kommen und diese Läuseplage von Karthagern hinauszuwerfen.
    Pyrrhos sagte zu, und um freie Hand zu bekommen, bot er den überraschten Römern einen status-quo-Frieden an. Der römische Konsul nahm das Angebot (nach zwei verlorenen Schlachten!) mit heller Freude entgegen und galoppierte nach Hause, um die frohe Botschaft zu überbringen und diese feine Sache durch den Senat ratifizieren zu lassen.
    In diesem Augenblick schaltete sich Karthago ein. Ein Gesandter tauchte auf und setzte den Römern auseinander, inwiefern das Angebot gar keine so feine Sache sei, sondern den Verzicht auf Tarent für immer bedeute. Statt dessen bot der Bevollmächtigte den Römern die Unterstützung der karthagischen Flotte sowie außerordentliche Geldmittel an, falls sie bereit seien, den Krieg fortzusetzen. Pyrrhos, so rechnete der Karthager ihnen an fünf Fingern vor, könne vielleicht Rom, aber niemals Rom und Karthago standhalten und werde ihnen über kurz oder lang Tarent überlassen müssen.
    Tatsächlich, der Senat lehnte die Ratifizierung des Pyrrhos-Waffenstillstandes ab. Rom griff also den Ball auf und riskierte zum erstenmal einen internationalen Balance-Akt.
    Die Gedanken, die die beiden bewegten, sind durchsichtig: Den

Weitere Kostenlose Bücher