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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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mit Gold und Juwelen beladen angekommen war und das Blaue vom Himmel versprach. Dies war der Moment, wo Oberstintendant Sulla zu Marius ging und ihm vorschlug, allein zu Bocchus zu reiten und Jugurtha herauszuholen. Der Generalissimus hielt die Idee für wahnsinnig, denn die halbwilden Mauri waren bekannt dafür, daß sie auch den harmlosesten Leuten die Kehle durchschnitten. Aber er gab seine Zustimmung, teils in vager Hoffnung, teils aus einer Regung seines Zwerchfells: Sulla war ein Cornelier, verarmter aber höchster Adel. Sollte er ruhig!
    Er war damals dreiunddreißig Jahre alt und etwa im Range eines Ministerialrates im Finanzministerium, als er jenes Tier bestieg, für das ihn im stillen Marius hielt, ein Kamel. So begann er den Ritt durch die Wüste, nicht mutterseelenallein, jedoch fast. Ein kleiner Stab begleitete ihn.
    König Bocchus empfing ihn und hörte ihn an. Dann wurde Sulla abgeführt, sah und hörte nichts mehr. Bei Bocchus begann ein erbittertes Tauziehen zwischen Jugurtha, der, um seinen Kopf zu retten, dem Mauri sein halbes Königreich versprach, und einer kleinen Gruppe von Beratern, die um keinen Preis die römischen Legionen auf dem Halse haben wollten. Es stand auf des Messers Schneide, Sulla schloß mit seinem Leben ab.
    Doch das Glück war mit ihm. Bocchus entschied sich für Rom. Tollkühn forderte Sulla Jugurtha. Er erhielt ihn. Am Halfter führte er ihn zu Marius, der nun der große Mann war und seinen Triumphzug bekam, mit Jugurtha in Ketten vor dem vergoldeten Wagen.
    Von Sulla war nicht viel die Rede. Er machte dann als Offizier und Einheitsführer verschiedene Feldzüge mit, kam langsam zu einem gewissen Ruf, je mehr Marius in den Schatten trat. Und jetzt hatte er also den ersten Oberbefehl und siegreichen Feldzug hinter sich — leider in einem Bruderkrieg — nicht schön, aber nicht zu ändern.

    *

    Lucius Cornelius, aus der verarmten Linie der Sulla, war ein äußerst disziplinierter Mann, gänzlich uneigennützig, ohne Eitelkeit, weil ohne Illusionen über die Menschen. Er war als Offizier fleißig wie Napoleon, stets auf das Genaueste präpariert, schnell im Entschluß und von gefährlicher Schärfe. Er war gebildet, sprach natürlich Griechisch, war mit den Historikern und Philosophen des alten Hellas vertraut und aß eine Scheibe trockenes Brot mit der Grandezza, als wäre es ein Stück Pfauenpastete.
    Das alles mag im Urteil der heutigen Zeit noch hingehen, aber er hatte einen für uns nicht mehr verzeihlichen Fehler: er fand die damalige politische und moralische Entwicklung zum Kotzen. Und da hört es nun wirklich auf! Mit dieser Ansicht befinden wir uns in bester Gesellschaft; auch die Plebs von Rom hatte an diesem Mann keinen Gefallen. Nie ging er über den Fischmarkt und versprach höhere Löhne, nie grüßte er einen Straßenfeger zuerst, sondern immer umgekehrt, nie nahm er das Wort Volkstribun in den Mund, ohne einen Hustenanfall zu bekommen. Andererseits sahen ihn die Upper Tens nie bei einem Gelage und nie in der schönen Brüderlichkeit einer Besoffenheit. Dabei konnte dieser Mensch durchaus lachen und fröhlich sein. Was so furchtbar störte, war seine Anschauung, daß es den sogenannten gesunden Menschenverstand der Masse nicht gäbe, daß die Heiligsprechung der Quantität vor der Qualität gegen jede Vernunft sei, und daß der Fortschrittswahn bisher nur Mist geboren habe. Der Mann — wir wollen es mal beim Namen nennen — war einfach ein Konservativer.
    Und wie das so geht: Im Jahre 88 wurde er Konsul. Ein Teil der Plebs scheint ihn gewählt zu haben.
    In diesem Jahre wurde .eine Expedition nach Kleinasien nötig. Mithridates, König von Pontus, einem Riesenterritorium zwischen dem Schwarzen Meer und Cypern, fiel seit Jahren regelmäßig in das römische »Asia« ein, das etwa der einstigen griechischen Provinz vom Bosporus bis zur Insel Rhodos entsprach. Er empfand die Römer als Einbrecher und rottete sie, wo er sie erwischte, systematisch aus. Bis jetzt waren es achtzigtausend Tote. Die Toten schrien zum Himmel, die Lebenden zu Rom.
    Der Senat sammelte eine bedeutende Streitmacht in Süditalien, um sie dort einzuschiffen. Mit dem Oberbefehl wurde einer der Konsuln selbst betraut, Sulla. Zugegeben, laut Verfassung war das in Ordnung. Aber die Plebs dabei überhaupt nicht um ihre Meinung zu fragen, war eine glatte Ohrfeige für jeden selbstbewußten Schuhmacher und Bäcker, von denen mancher es als alter Soldat bis zum Feldwebel gebracht hatte und von

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