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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Männer wurden einen Kopf kürzer gemacht, weil gerade dieser Kopf ihn ärgerte, wenn sie Gelehrte oder prominente Vertreter des geistigen Lebens waren.
    Ein Flüchtlingsstrom ergoß sich aus Rom, nach Süden, Sulla entgegen.
    Das Jahr 86 brach an, mit Marius als Konsul selbstverständlich. Es war das siebente Mal; bedeutungslos, weil er seine Schreckensmacht nicht aus diesem Amte nahm, und bedeutungslos, weil er nur noch wenige Tage lebte. Er starb unerwartet. Unerwartet, aber von jedermann, auch von seinen »Freunden«, herbeigesehnt. Am meisten von Cinna. Ja, Herr Baron lebten noch, er hatte sich scheintot gestellt. Nun war er wieder da, der natürliche Erbe von Volksfreund Marius.
    In Rom herrschte das komplette Chaos. Cinna faßte die Gelegenheit beim Schopfe, ließ die Regierungswahlen fallen und ernannte sich selbst zum Konsul. Der Einfachheit halber nominierte er auch gleich seinen Kollegen. Das blieb drei Jahre so. Dann erschlugen ihn seine eigenen Soldaten.
    Was Sulla aus der Heimat hörte, muß ihm den Schweiß auf die Stirn getrieben haben. Er konnte nicht weg, er war an den Kriegsschauplatz gefesselt. Aber eines Tages würde er zurückkehren!
    Dieser Tag kam im Frühling 83. Im Glanz des Sieges über Mithridates landeten Sulla und sein Heer in Süditalien. Das erste, was er sah, war eine Schar von Romflüchtlingen. Und das erste, was er versprach, war, das Einbürgerungsgesetz gutzuheißen. Etwas Besseres hätte er als erstes gar nicht aussprechen können, es ließ bei allen Italikern (außer den Samniten natürlich) das Mißtrauen schwinden.
    Dann marschierte er auf Rom. Der Sohn des Marius hielt noch schnell Nachlese und richtete ein Blutbad unter den Senatoren an; auch der Pontifex wurde im Namen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit abgeschlachtet.
    In der Stadt gab es daher eine Menge Leute, die Sullas Erscheinen nicht freudig entgegensahen, viele aus der Soldateska, auch »Offiziere«. Da es jetzt offensichtlich um den Kopf ging, formierte sich diese Terrorgruppe noch einmal in aller Eile und trat Sulla entgegen. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Sullas militärisches Genie wog eine Legion auf.
    Als er in Rom einzog, gaben sich die Mörder und Marodeure für ihr eigenes Schicksal keinerlei Illusionen mehr hin, und da taten sie recht daran. Anders die heutigen feinsinnigen Historiker. »Die letzten zehn Jahre«, schreibt ein Professor, »hatten unendliches Blut fließen sehen. Sulla war das nicht genug. Er muß der Ansicht gewesen sein, es sei nicht das richtige Blut geflossen.« Achten Sie, meine Freunde, auf die feinen Unterschiede, die unsere Jugenderzieher und Friedensfürsten zwischen »richtigem« und »falschem« Blut machen!
    Sulla, für diese zarten Wellenlängen ohne Organ, rächte die Opfer Cinnas und Marius’, obwohl es ja das »richtige« Blut gewesen war, das die beiden vergossen hatten! Nicht, daß Sulla der Rache freien Lauf gelassen hätte, nein, das nicht; er ließ fein säuberlich und ordentlich Listen der Verbrecher aufstellen (ein grober Fehler vor der Nachwelt; Marius hat keine Listen und Zahlen hinterlassen) und öffentlich aushängen, so daß man wußte, woran man war. Die Betroffenen selbst allerdings ließ er aufhängen, sofern er sie erwischte. Ihre Besitztümer — denn er machte keineswegs vor seiner »Klasse« halt — wurden beschlagnahmt. Sie verschwanden nicht spurlos, sondern wurden öffentlich versteigert. Die Gebeine des alten Marius ließ er in alle Winde verstreuen. Früher hätte ich solch eine Handlung für verwerflich gehalten, aber die Alliierten, die in Deutschland 1945 das gleiche Beispiel gaben und gewiß tadellose Nationen sind, lassen mich nun fortschrittlicher denken.
    Als Gegengewicht gegen die von Cinna hereingeholte und freigelassene Meute von Sklaven verfügte Sulla jetzt die Freilassung aller jener Sklaven, die die Terroristen und Weltbeglücker aus ihrem eigenen »Besitz« nicht freigelassen hatten. Es waren immerhin zehntausend!
    Diese Menschen, die nun zum erstenmal einen Familiennamen tragen sollten, nannten sich aus Dankbarkeit künftig Cornelii. Ich weiß nicht, warum die heutigen Historiker noch nicht auf die listige psychologische Deutung gekommen sind, daß die Sklaven bei dem Namen Cornelius in der Tiefe ihres Herzens gar nicht an Sulla, sondern an Cinna, den anderen Cornelier, gedacht haben, nicht wahr?
    Sulla war sich darüber klar, daß zur Restauration der Staatsgewalt mehr als die paar Wochen nötig waren, in denen er dank

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