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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Drusus, Nachkomme jenes Konsuls Livius Salinator, der Hasdrubal am Metaurus geschlagen und den Kopf des Toten in das Lager Hannibals hatte werfen lassen — keine Gedanken an Sippenhaftung, bitte! Livius Drusus war integer, vernünftig, weitblickend und hat nie einen anderen Kopf als seinen eigenen transportiert. Und das auch nicht lange.
    Das Wichtigste dessen, was er wollte, war die Verleihung des vollen Bürgerrechtes an alle Italiker. Sie hatten in Not und Leid an der Seite Roms gestanden und verdienten, Römer zu heißen. Die römische Plebs jedoch dachte mit keinem Gedanken daran, ihre Sonderstellung zu teilen. Ein anderer Gesetzesvorschlag führte zum Zwist zwischen Nouveaux riches und den Patriziern, und alle beide krachten mit dem Proletariat wegen Senkung der Getreidepreise auf den Nullpunkt zusammen. Auf der ganzen Halbinsel, wo die Bürgerrechtsfrage das Tagesgespräch war, grollte und donnerte es unruhig, kurzum, es war wieder einmal eines der schönsten Friedensjahre... da wurde Livius Drusus von unbekannten Tätern ermordet.
    Sofort schoß die Wut der Italiker hoch. Die Empörung über den Tod »ihres« Livius Drusus nahm überraschende Ausmaße an. Ein Volk nach dem anderen kündigte die Bundesgenossenschaft, täglich und stündlich trafen immer beunruhigendere Nachrichten in Rom ein, man hörte, es sei ein neuer Staat gegründet worden, »Italia«, man sprach von Corfinium als Bundeshauptstadt, man wußte sogar, daß es schon Konsuln und einen Senat gab, und schließlich hatte man eines Tages eine Münze in der Hand, einen Denar des neuen Staates. Er zeigte, wie man ihn heute noch, wenn man Glück hat, in einem Münzkabinett sehen kann, auf der Vorderseite den Kopf des Ersten Konsuls und auf der Rückseite etwas weit Interessanteres: einen Stier, der mit den Hörnern die Wölfin niederstößt! Den Römern muß es schier das Herz zerrissen haben.
    Sie hatten nicht viel Zeit, den Denar rundumgehen zu lassen. Zwei Heeresgruppen des neuen »Italia« waren auf dem Marsch, griffen romtreue Orte an (nicht alle Städte und Landschaften waren abgefallen), schnitten Versorgungswege ab, schlugen die Besatzung der Garnisonen und näherten sich Rom.
    In letzter Stunde entschloß sich der Senat zu dem, wozu er sich ohne Blutvergießen und ohne diese gefährliche Zerreißprobe der Freundschaft schon zwei Jahre früher hätte durchringen können: Im Jahre 89 erhielten alle Italiker, sofern sie die Waffen niederlegten, das Bürgerrecht.
    Es war fünf Minuten vor Zwölf gewesen.
    Und fünf Minuten nach Zwölf bei den Samniten im Süden. Gar nicht daran zu denken, sie gütlich wieder zur Räson zu bringen.
    In solchen Fällen, wenn den Römern das Wasser nicht mehr bis zum Halse stand, waren sie von grausiger Entschlossenheit. Die Samniten sollten die Wölfin kennen lernen, wie damals vor zweihundert Jahren. Man hatte jetzt die Hände frei.
    Wen sollte man runterschicken? Marius, inzwischen rüstiger Siebziger, kam ankutschiert und empfahl sich. Aber der Senat dankte und berief als Oberbefehlshaber einen Mann namens Lucius Cornelius Sulla.
    Sie erinnern sich richtig: es ist der ehemalige Quästor von Marius. Doch bevor ich Ihnen von jener seltsamen Episode bei dem afrikanischen König Jugurtha berichte, möchte ich noch ebenso schnell wie Sulla den Feldzug gegen die Samniten beenden: Er schlug sie. Mit Sulla muß ich Sie genauestens bekanntmachen, er ist eines der bewundertsten und gehaßtesten Objekte der Geschichtsschreibung. Er — ach so, zuerst die Episode bei Jugurtha!
    Jugurtha war durch Mord und Totschlag seiner Verwandten auf den »Thron« von Numidien gekommen, jenes Numidien, das Karthago mitbeerbt hatte. Er war ein Strolch, Lügner, Hehler und Bestecher. Als Rom endlich gegen ihn vorging und Marius, damals aufgehender Stern, ihn besiegte, floh der Numidier zu seinem »königlichen Kollegen« Bocchus nach Mauretanien. Sie werden stöhnen: was für finstere Hinter-waldstaaten! Ja, natürlich, aber diese Hinterwaldstaaten am Nordrand Afrikas besaßen auch Menschenmassen, auch Lanzen, Pfeil und Bogen, und Entfernungen, an denen die Legionen scheitern konnten. Mauretanien umfaßte das heutige Algerien plus Marokko!
    Marius wußte nicht, was er machen sollte. Er brauchte nicht Numidien, das nun in seiner Hand war, er brauchte das Scheusal Jugurtha, wenn er sich in Rom blicken lassen wollte.
    König Bocchus von Mauretanien andererseits war unschlüssig, was er mit dem Flüchtling anstellen sollte, der selbstredend

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