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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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sittlichen Ernst war als dieser utopische Unfug. Mehrere Quellen sprechen davon, daß Spartakus an einen gigantischen Exodus aller Sklaven gedacht hat. Nun sah er, daß die Million nicht aufgestanden und nicht gefolgt war. Und er schloß daraus, daß er sich geirrt hatte: er war noch nicht der Sieger. In den Hunderten von kleinen Städten und den Zehntausenden von Landgütern lag also die Hand Roms fest wie vorher auf den Sklaven. Ja, so mußte es sein.
    Er vergaß, daß es Hunderttausende gab, denen es gut ging, und die ihm nicht folgen wollten. Er war in dem Irrtum befangen, sie hätten sein Signal gesehen, ohne sich rühren zu können. Wenn er Italien verließ, nahm er ihre letzte Hoffnung mit. Niemals mehr würde ein neuer Spartakus aufstehen.
    So beschloß er, Italien noch einmal kreuz und quer zu durchziehen. Weiter zu siegen, zu werben, Hoffnungen zu wecken. Tatsächlich wuchs seine Armee von Tag zu Tag. Bald waren es an die Hunderttausend. Aber wo blieben die anderen? Als er unter den Mauern Roms vorbeimarschierte, gab es keinen Sklaven, der ihm von innen die Tore öffnete, nicht einen der drei- bis vierhunderttausend, die drinnen lebten. Das war ein erschreckendes Menetekel.
    Er sah es nicht.
    Wir können heute nicht mehr entscheiden, ob es ein Fehler war, die Stadt nicht anzugreifen. Spartakus besaß kein Belagerungsgerät, das ist richtig. Aber Rom hatte damals schon fast eine Million Einwohner, Hunger und Durst hätte es bald zu Fall gebracht. Der zweite tragische Irrtum?
    Kaum war die Sklavenarmee vorbeigezogen, als die Römer wieder fieberhaft zu rüsten begannen. Als Spartakus in Thurii, seinem alten Stützpunkt am Golf von Tarent, ankam, holte ihn schon die Nachricht ein, acht römische Legionen seien im Anmarsch. Nicht zu fassen, wie dieser Militärstaat funktionierte.
    Eine Vorhut, die gegen den Befehl des Kommandierenden Spartakus angriff, besiegte er. Wenige konnten sich retten. Der Oberbefehlshaber ließ den besiegten römischen Leutnant und jeden zehnten der Geflohenen hinrichten. Seit Menschengedenken war ein solches Exempel nicht statuiert worden!
    Dieses bemerkenswerte Scheusal von General war der zum Prätor ernannte und von dem verängstigten Senat mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattete Crassus. Er war zu dieser Ehre (um die er sich gerissen hatte) gekommen, weil kein anderer sie haben wollte. Man fand für das kommende Jahr überhaupt nur noch mit Mühe zwei Männer, die bereit waren, Konsul zu werden. So dicht sah man in Rom das Schwert des Spartakus über sich.
    Crassus war zu diesem Zeitpunkt zweiundvierzig Jahre alt. Er war Plebejer aus der Gens Licinius und dem Zweig, der den Beinamen »der Dicke« führte. Schon Vater Crassus hatte Geld, Sohn Crassus stellte alles in den Schatten; er war durch Sklavenhandel und Spekulationen der reichste Mann Roms geworden. »Reich, was das ist?« hat er selbst einmal gesagt. »Reich ist, wer ein ganzes Heer auf eigene Kosten aufstellen kann, ohne es zu spüren.« Auch dieses Heer hier ging zur Hälfte auf seine Rechnung. Mit der Gefühllosigkeit eines Börsianers betrachtete er es als seine Aktie.
    Der erste ernste Zusammenstoß zwischen den Legionen und Spartakus endete unentschieden. Auf beiden Seiten waren die Verluste hoch, es sollen sechstausend Sklaven gefallen sein. Spartakus zog seine Armee vorsichtig zurück und ging weiter südwärts über die Silaberge nach Rhegium (Reggio Calabria). Was er dort erhoffte, wissen wir aus den Quellen; er nahm Kontakt mit den Piraten auf, die ihr Revier in der Meerenge zwischen Rhegium und Sizilien hatten, um sie für eine Überfahrt seiner Truppen anzuheuern. Sizilien als Endstation wäre tatsächlich eine gute Chance gewesen. Aber die Piraten ließen ihn im Stich. In Sichtnähe und doch unerreichbar lag die Insel vor ihm. Rechts und links das Meer, in seinem Rücken die Legionen des Crassus. Der Zipfel Land, auf dem er stand, war zur Falle geworden.
    Fünfzigtausend römische Soldaten hoben in Windeseile einen fünf Meter tiefen, achtundfünfzig Kilometer langen Graben aus, der die Sklaven endgültig abschnitt. Es war klar: Crassus wollte sie aushungern.
    Es kam der Winter, streng wie selten, mit Sturm, Eis und Schnee. Die Lage schien hoffnungslos, aber Spartakus rettete sich noch einmal. In einer Nacht, bei eiskaltem Schneegestöber, stieg er über den Graben und erstürmte die Schanze. Am nächsten Morgen war er verschwunden.
    Von nun an aber ging alles schief. In Tarent landete Lucullus mit

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