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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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geflüstertes Wort, an ein Augenpaar, fällt mir die Feder aus der Hand. Rom wird zur Aufgabe eines Kanzleibeamten, mit der ich meine Tage fülle, bis der Tod mich davon erlöst. Bin ich darin sonderbar? Ich erinnere mich, wie ich einst als Priester des Jupiter zum Kapitol hinaufstieg, meine Cornelia mir zur Seite, die ungeborene Julia unter dem Gürtel. Welchen Augenblick, der jenem gleichkäme, hat das Leben seitdem geboten? — Soeben ist die Wache vor meiner Tür abgelöst worden. Die Posten haben die Schwerter aneinandergeschlagen und das Losungswort getauscht. Es lautet für heute Nacht: Caesar wacht.«; ein bißchen auch so sehen wie Bernard Shaw: »Dies ist das ärgste an uns Römern: wir sind bloß Macher, ein in Menschen verwandelter Bienenschwarm. Da lob ich mir einen guten Schwätzer, der genug Witz hat, leben zu können, ohne immerfort etwas tun zu müssen. Eines Tages werde ich mich vielleicht zur Ruhe setzen und eine blaue Toga tragen; inzwischen muß ich auf meine Art, so gut ich kann, vorwärts zu kommen trachten.«; und ein bißchen wie Meyers Lexikon: »Sein Geist umfaßte alle Zweige menschlichen Wissens und war für alles empfänglich.«
    Nur: Genießend und behaglich in Rom lebend dürfen Sie ihn nicht sehen. Die längste Zeit, die er Rom genossen hat, war ein halbes Jahr! Das Bild eines Caesar, der unter seinen Bürgern lebt, sein Leben in der schönen Stadt einrichtet und sie glücklich genießt, ist ein Irrtum. »Bis der Tod mich davon erlöst.« Er war verzweifelt, er wußte nicht, wem er Rom übergeben sollte. Und so berief Caesar jedes Jahr aufs neue Caesar zu seinem Nachfolger.
    Natürlich hatte sich in dreieinhalb Jahren ein Kreis von Jüngern herausgeschält. Da war Antonius, schon als Volkstribun Anhänger Caesars, Enkel des von Marius ermordeten Marcus Antonius Primus, jetzt ein Mann von achtunddreißig Jahren. Da war der erfahrene Aemilius Lepidus; zu alt! Dann die beiden Junier, Marcus Brutus und Decimus Brutus. Wenn man nur ihre Köpfe öffnen und hineinschauen könnte! Der Onkel des Marcus Brutus war Cato minor gewesen. Ein Ex-Pompeianer. Caesar wurde nie das Mißtrauen los, obwohl er ihn sehr gern hatte, fast wie einen Sohn (»Auch du, mein Sohn Brutus?«). Decimus Brutus kam aus derselben Gens. Er war ein außerordentlich begabter General, im Augenblick Statthalter von Gallia cisalpina in Mediolanum. Ein besonnener Mann, er würde das Erbe gut verwalten. Verwalten! Einen Vulkan verwalten! Die Wölfin verwalten!
    So kam es, daß Caesar seine Hoffnungen auf einen anderen setzte, einen achtzehnjährigen Jüngling, der nicht eine einzige beruhigende Eigenschaft zu besitzen schien, sondern nichts als Ärger bereitete. Rätselhaft, wie Caesar auf ihn verfiel. Vielleicht war es eine Sternstunde, vielleicht erinnerte er sich seiner eigenen Jugend und erkannte sich selbst noch einmal unter der Maske eines Clowns, vielleicht sah er in irgendeinem Augenblick oder hörte aus einem Satz das gezügelte Feuer in diesem Jungen, der im Moment eigentlich nur mit einem nassen Lappen zu erschlagen war. Vielleicht aber waren es einfache, sentimentale Blutsbande. Es ist nicht wahrscheinlich, aber möglich.
    Dieser junge Mann war Caesars Großneffe. Die Schwester Caesars hatte einen gewissen Atius, einen Plebejer, geheiratet. Ihre Tochter Atia heiratete einen wohlbestallten aber bedeutungslosen Mann aus dem Großbürgertum der Provinz, Octavius. Dessen Großvater war, wie böse Zungen behaupten, noch Sklave gewesen. Sein Sohn, Gaius Octavius, war nun dieser rätselhafte Sproß.
    Caesar entschloß sich zu einem zunächst nur zivilrechtlichen Schritt: er adoptierte ihn!
    Jetzt heißt das Herrchen also Gaius Julius Caesar Octavianus. Er lebte in der Umgebung Caesars. Auf dem nächsten Feldzug, gegen die Parther, sollte er seine »Feuertaufe« erhalten, wovon er wenig begeistert war. Caesar hatte ihn zur Truppe geschickt und kümmerte sich nicht darum.
    In diesen Tagen des Jahres 44 zeigte sich Caesar überhaupt in merkwürdiger Weise lethargisch. Längst war ihm zu Ohren gekommen, daß eine Gruppe von Senatoren gegen ihn konspirierte. Das Geflüster nahm fast den Charakter einer Verschwörung an, aber der Diktator reagierte nicht. Man nannte ihm Namen, er winkte ab. Man nannte ihm Gründe, er lächelte. Beim Lupercalienfest am 15. Februar, dem großen Volksfest zu Ehren des Pan (bei dem die Lupercuspriester nackt um den Palatin liefen und mit ihrer Berührung die Menschen entsühnen und die Frauen

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