Cäsar läßt grüssen

von Caesars überlegener Strategie gewonnen. Nach Rom schickte er den kürzesten und elegantesten aller Heeresberichte der Weltgeschichte: »Veni, vidi, vici« — ich kam, sah, siegte.
    Im Herbst besuchte er auf einen Sprung Rom. Er sah sich um und fand, daß seine Beauftragten gut gearbeitet hatten. Die Stadt war ruhig, sie arbeitete; der Senat funktionierte, die Tribunen funktionierten, eine Rechtsreform war im Gange, eine neue Gemeindeordnung ausgearbeitet, der zugewanderte Pöbel war aufs Land befördert, die Getreidespende von dreihundertdreißigtausend auf hundertfünfzigtausend Empfänger reduziert. Caesar griff weiter durch, erließ neue Verordnungen für die Justiz, Gesetze gegen Erpresser, Wucherer und Ausbeuter, milderte das Schuld-strafrecht, regelte das Steuersystem neu, begünstigte die Arbeiter in der Landwirtschaft, ergriff Hilfsmaßnahmen für die römische Auswanderung in die Kolonien und die Verbreitung römischen Wesens (am römischen Wesen soll die Welt genesen), gab sämtlichen Gemeinden Siziliens, Südfrankreichs, Spaniens das Bürgerrecht, befahl die Inangriffnahme der Kodifizierung des römischen Rechts, die Trockenlegung von Sümpfen, die Regulierung des Tibers, die Umstellung des Kalenders von Mondphasen auf die moderne Sonnenzeit und schließlich die Ausrottung der abergläubischen Auspizien.
    Dann hatte er keine Zeit mehr. Afrika rief.
    Dort hatte sich ein großer Teil der Pompeianer gesammelt und der Legionen bemächtigt. Sie glaubten jetzt so weit zu sein, um zum Schlage ausholen zu können. Caesar ersparte ihnen die weite Reise, kam ihnen bis vor ihre Tür entgegen, stellte sie bei Thapsus, südöstlich von Karthago, und schlug sie vernichtend. Der alte Stahlhelmer Cato minor gab sich den Tod.
    Es war nun einiges zu tun in Afrika, Caesar tat es. Als er heimkehrte, hinterließ er eine tadellos verwaltete Provinz.
    In Rom — er hatte leider wenig Zeit — gönnte er dem Volk das Riesenspektakel eines Triumphzuges. Man feierte und festete bis zur Erschöpfung, es kostete eine Stange Geld, aber es war herrlich. Es gab kein Rechts und kein Links mehr, alles war ein Herz und eine Seele auf der Basis des Schweinebratens. In weiter Ferne lagen die »Probleme«, die einst die Menschen bewegt hatten. Waren diese Geschichten denn wirklich ihre Angelegenheit gewesen? Nur wenige noch legten den Kopf schief und gedachten wehmütig des Genusses, auf eine Kiste steigen und in die offenen Münder der Lauschenden blicken zu können.
    SPQR, Senat und Volk, ernannten Caesar auf weitere zehn Jahre zum unumschränkten Diktator. Mehr noch: zum Praefectus moribus, zum alleinigen Richter über Ethik und Moral.
    Oh Caesar, denkst du noch manchmal an Alexandria? Lach doch noch mal!

    *

    Die Söhne des Pompeius — daß solche Leute immer Söhne haben! — die Söhne des Pompeius lebten noch und erhoben sich jetzt in Spanien, gestützt auf die Provinzlegionen und ihre reiche Unerfahrenheit. Caesar brach abermals auf. Zum Kotzen, Herr Major, wird er in der klassischen Soldatensprache gesagt haben. In der Schlacht bei Munda (südlich Cordoba) bereinigte er mit der Präzision eines Schachgroßmeisters auch diesen letzten Versuch der Unbelehrbaren. In der Tat: Unbelehrbaren. Es gibt Zeitenwenden, wo es die Revolutionäre sind, die die Ewiggestrigen werden.
    Als Caesar heimkehrte, ernannte ihn der Senat zum Dictator perpetuus, zum ständigen Oberbefehlshaber des Heeres, zum Pontifex maximus mit göttlichen Ehren und ich weiß nicht, was noch alles, lauter überflüssiges Klingeling. Aber wir wollen dieses Klingeling im Auge behalten, es wurde später eine der Wurzeln des »Cäsarenwahnsinns«, der bei den Neronen keineswegs nur biologische Ursachen hatte.
    Caesar war frei davon. Spötter — und er war ein berühmter Spötter — laufen keine Gefahr.
    Wir müssen ihn ein bißchen so sehen wie Shakespeare: »Mir haben stets Gefahren im Rücken nur gedroht; wenn sie die Stirn des Caesar werden sehn, sind sie verschwunden... denn in der Menge weiß ich einen nur, der unbesiegbar seinen Platz bewahrt.«; ein bißchen auch so sehen wie Thornton Wilder: »Wieder ist es Mitternacht, mein lieber Freund, ich sitze an meinem Fenster. Die Motten tanzen um meine Lampe. Der Fluß spiegelt ein verstreutes Licht der Sterne. Drüben auf dem anderen Ufer streiten ein paar trunkene Bürger in einer Taverne, und mitunter trägt die Luft meinen Namen herüber... Du sprichst von der Vergangenheit. Bei der Erinnerung an ein einziges