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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Kapitols und dem Forumsfeld.
    Und nun, mit dem Rücken zu den Autos, öffnen Sie die Augen, keine Angst, ich halte Sie.
    Ja, das ist das Forum Romanum. Jetzt wollen wir versuchen, aus den Ruinen das alte Rom erstehen zu lassen. Direkt unter uns steht der Triumphbogen des spätrömischen Kaisers Septimius Severus. Zur Zeit des Augustus endete hier die Via sacra (wenn man den Aufstieg zum Kapitol nicht mitrechnet). Nur eine kleine goldene Pyramide, deren verwittertes Fundament man noch rechts neben dem Triumphbogen in der Erde erkennt, erhob sich hier. Wir wissen nicht genau, wie sie aussah, aber wir wissen, was sie bedeutete: Sie war der Ausgangspunkt aller Reichsstraßen und zeigte die Entfernungen von hier, dem Mittelpunkt der römischen Welt, zu den Provinzen an.
    Von diesem goldenen Pyramidchen hatte man, da ja der Triumphbogen noch nicht existierte, freie Sicht auf das kastenförmige Gebäude dort links am Forumrand. Es ist, Sie werden es kaum glauben, die berühmte Curia, der Sitz des Senats, die Herzkammer des Imperiums. Es ist nicht die alte Curia, die von den Clodiusbanden in Brand gesteckt wurde, auch nicht die Caesars, sondern eine viel spätere Erneuerung unter Diocletian. Aber am Grundriß wurde nie etwas geändert. Immer war sie, auch als es den Marmorsockel, den Giebelfries, die Dachfiguren, die größeren Fenster und ein Portal noch gab, immer war sie ein rechteckiger Ziegelklotz mit einem stumpfen Giebeldach — ein Magazin, ein altes Maschinenhaus. Ein viereckiger Kasten. Wie alle Prachtbauten.
    Was? Wie war das? höre ich Sie rufen und pfeilgerade auffahren.
    Ja, ist Ihnen denn das noch nie aufgefallen? Entkleiden Sie die griechischen und römischen Tempel der Säulenumbauten, und es bleibt ein Kasten als inneres Gebäude übrig, die Cella. Wenn wir vor dem Poseidontempel in Paestum stehen, sind wir von der Säulenpracht so verzaubert, daß wir uns gar nicht mehr vorstellen wollen, daß da drin, wo jetzt die Sonne durchscheint, ein »Haus«, und zwar ein kahles, nüchternes, stand.
    Für Augustus war die Curia ein feierlicher Anblick. Aber das ändert nichts daran, daß sie unter den hohen prächtigen Forumsbauten auch damals schon fremd wirkte.
    Der bescheidene, gepflasterte Platz vor der Curia war die Stelle, wo sich die Vertreter der Komitien versammelten. Am Ende des Comitium stand die »Rostra«, die kleine Rednertribüne. Der Redner sprach also mit dem Rücken zum Forum, das ihn nichts anging. Eines Tages aber drehte sich ein Volkstribun zum erstenmal um — ein unerhörter Vorgang! Uns beweist er, daß sich die Zeiten entscheidend geändert hatten: Die Komitienvertreter waren nicht mehr allein da, sondern das ganze Volk, halb Rom, hörte auf dem Forum zu. Man sprach jetzt zur Masse selbst.
    Als Caesar die abgebrannte Curia neu aufbaute, beschloß er, in einem Aufwaschen gleich alles zu modernisieren. Er verlegte die Rostra von dem Vorplatz weg an die Kopfseite des Forumplatzes und machte aus ihr eine Art erhöhter Terrasse, eine fünfundzwanzig Meter lange Tribüne mit Ziersäulen, Statuen und Büsten. Die Fundamente sind noch zu erkennen.
    Hier feierte Cicero seine Triumphe als Redner, Rechtsanwalt und Konsul, und auf dieser Terrasse, etwas seitlich, saß Caesar auf einem goldenen Stuhl, als Antonius ihm zweimal den Königsreif anbot. Hier stand zwei Jahre später derselbe Antonius als größenwahnsinniger Triumvir und ließ dem Volke das Haupt und die abgeschnittenen Hände des von ihm geächteten und auf der Flucht ermordeten Cicero zeigen.
    Rechts, also gegenüber der Curia, stehen heute noch acht jonische Säulen auf erhöhtem Podium; es sind die Reste eines der schönsten und ältesten Tempel Roms: Das Heiligtum des einst etruskischen Gottes Saturn. In alten Zeiten zugleich das Schatzhaus.
    An den Saturntempel schloß sich, das Forumfeld entlang, die »Basilica Julia« an (Basilica hat nichts mit Kirche zu tun), ein langer imposanter Bau, dessen oberes Stockwerk hinter einer figurengeschmückten Balustrade etwas zurückgesetzt war. Den Gebäudekern umgaben luftige Arkaden auf hohen Pfeilern. Von all dem sind heute nur noch die Sockel zu erkennen. Caesar hatte den Bau begonnen, Augustus ihn vollendet. Er war also ganz »modern«. Hier wurde Zivilrecht gesprochen, hier befanden sich die Archive, hier hatten verschiedene Ausschüsse ihren Sitz, denn eine Welt ohne Ausschüsse, Neben- und Unterausschüsse ist nicht denkbar. Unter den Arkaden, also wieder da, wo sie einst vertrieben worden

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