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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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gewesen?

DAS DREIZEHNTE KAPITEL

berichtet von einem der größten menschlichen Rätsel der Geschichte, von der Verwandlung des Scheusals Octavian in den segensreichen Augustus. Es berichtet auch von seinem erstaunlichen Dressurakt: der Zähmung der Wölfin.

    Wie weiter?
    Caesar hatte es nicht gewußt; Octavian wußte es. Noch war die Frage nicht aktuell, aber über kurz oder lang mußte sie es werden. Er war Oberbefehlshaber aller Streitkräfte und Statthalter der Provinzen, er hatte die Veteranen zu versorgen, was ein sehr umständliches, langwieriges Unternehmen war, er hatte die Verwaltung der Provinzen zu reorganisieren, er hatte noch vieles zu tun, was das Volk abwarten mußte; es wartete. Rom war ruhig. Es gab keinen Cinna, keinen Clodius, keinen Catilina. Octavian zeigte keine Lust, sich an jemand zu rächen; wer sich gefürchtet hatte und geflohen war, kehrte zurück, die Patrizier bezogen wieder ihre Stadthäuser, die Volksversammlungen tagten und suchten nach irgendetwas, was sie beschließen könnten, und der Senat regierte wieder in voller Pracht die auf die Stadt gerichteten Belange: die Polizei, die Steuern, die Bauten, die Verpflegung und was bei Oberbürgermeisters so anfällt.
    Am 13. Januar 27 ließ Octavian die Bombe platzen. Er erschien im Senat, ernst und feierlich, zu einem von ihm anberaumten großen Staatsakt und legte freiwillig alle Macht in die Hände des Volkes zurück.
    Die Römer draußen auf dem Forum waren wie vom Donner gerührt. Seine Freunde im Senat waren es weniger. Wohlinformiert über den genauen Ablauf des klamorösen Spektakels übertönten sie den ohrenbetäubenden Lärm immer deutlicher mit dem Ruf nach Octavian und beschworen ihn, die Geschicke des Reiches nicht aus der Hand zu geben und sie nicht allein zu lassen. Octavian (drei Leibchen, es war wie gesagt Januar) lächelte herzlich und versicherte, er habe keine Wünsche; der Senat möge beschließen und das Volk möge befehlen, was es wolle, er werde gehorchen.
    Das war am 13. Januar. Am 16., ebenfalls in einem feierlichen Akt, verlieh ihm der Senat im Namen des römischen Volkes den Titel »Augustus«.

    *

    Es war nicht etwa ein Name (zu dem es erst nach dem Ende des Römischen Reiches geworden ist), es war ein Titel. »Augustus, augusta, augustum« hieß »erhaben«, erhaben im etymologischen Sinne: »über die Menschen gehoben«. Es hieß auch »hochheilig«.
    Man hatte im Senat des langen beraten, ob man nicht besser den Titel »Romulus« wählen sollte, um auszudrücken, daß mit Octavian die Geschichte Roms neu beginne. Er selbst hat dafür gesorgt, daß dieser Vorschlag nicht durchdrang; er hätte ihn abgelehnt. Ihm kam es auf den Titel Augustus an, mit dem sich etwas ganz anderes verband. Als Geschichtemacher bestätigt zu werden, interessierte ihn nicht für fünf Pfennig.
    Das Adjektiv augustus aber war ein altes kultisches Wort, es stand wenig unter divinus, göttlich; Jupiter war divinus, die Laren und Penaten waren augusti. Im Volk, vor allem bei den einfachen Menschen auf dem Lande, hatte das Wort augustus einen ausgesprochen geheimnisvollen, religiösen Charakter; ein augustus stand in überirdischen Beziehungen zu den Göttern. Er hatte das rote Telefon zum Olympus. Glücklich das Volk, in dem er, einstweilen noch Mensch, lebte.
    Stück für Stück drängten ihm Volk und Senat seine Macht wieder auf, das Volk in dem Bewußtsein, einen Zauberstab zu besitzen, der Senat in der Einsicht, daß es niemanden gab, dem sich das Glück so an die Fersen heftete und unter dessen Händen sich alles in Gold verwandelte wie bei Octavian, dem augustus.
    Er beugte sich dem Wunsche des Senats und übernahm neben dem Konsulat den Oberbefehl über die Streitkräfte und die Statthalterschaft über die Provinzen auf zehn Jahre. Er wurde oberster Kriegsherr, der allein über Krieg und Frieden zu entscheiden hatte.
    Von dieser Zeit ab bezeichnete er sich als »princeps«. Seine Erfindung. Das Wort wäre mit »Prinz« oder »Fürst« sehr falsch übersetzt; Augustus hat alles, was an Königstum oder Feudalismus erinnerte, sorgfältig vermieden. Princeps ist aber auch nicht, wie es oft zu harmlos übersetzt wird, nur der friderizianische »Erste Diener des Staates«, oder der primus inter pares. Princeps ist »Die Staatsspitze«.
    »Die Staatsspitze« war nicht ein Amt, denn es gab keine Planstelle, die seine Vollmachten umfaßt hätte. »Die Staatsspitze« war seine Person, er, nur er. Infolgedessen konnte auch niemand auf

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