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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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waren, hockten Händler hinter ihren bunten Verkaufsständen oder lungerte die Männerwelt herum und schwatzte über das Gladiatoren-Toto.
    An den Julierbau schloß sich der fünfhundert Jahre alte Tempel des Castor und Pollux an. Sein Podium lag sieben Meter hoch über dem Platz, ein enormer Tempel, rings von zwölf Meter hohen korinthischen Säulen umstellt. Von der ganzen Pracht stehen noch drei. Man sieht unter ihnen in die Gewölbe hinein, die einst die Geldtresore waren.
    Damit war damals das Forum-Ende schon erreicht, denn zur Seite von Castor und Pollux stand bereits das Allerheiligste der Vesta, das zu allen Zeiten das Fußende des Forums bildete. Die Vestalinnen selbst wohnten in einem benachbarten Atrium. Das Heiligtum ist total zerstört auf uns überkommen, aber man hat aus den Ruinenstücken einen Teil rekonstruiert, um einen Begriff von dem schönen kleinen Rundtempelchen zu geben. In ihm brannte seit Urzeiten das »ewige Herdfeuer«. Und hier ließ Marius den Pontifex maximus ermorden. Hier lag auch das Testament des Antonius, das Octavian sich angelte.
    Den Rest dieser Schmalseite des Forums nahm die »Regia« ein, der Sage nach der Amtssitz des Königs Numa Pompilius. Später wohnte hier jeder Pontifex maximus, auch der unglückliche Lepidus. Von der Regia ist kein Stein übriggeblieben.
    Davor, wo eigentlich nichts zu liegen hatte, denn da begann der gepflasterte Forumsplatz, stand seit Augustus ein neuer Tempel, nicht groß, aber ehrfürchtig bestaunt: Der »Tempel des vergöttlichten Caesar«. Es waren noch die Triumvirn Octavian, Antonius und Lepidus gewesen, die ihn beschlossen hatten. Plattform und Altarnische existieren noch, sonst nichts. Hier, an dieser Stelle, war der tote Caesar verbrannt worden, und hier war es, wo Antonius an der Leiche des Diktators seine berühmte Rede an das Volk hielt und die Rache anheizte.
    Nun sind wir auf der linken, der Curia-Seite des Forums, die einst von einer Kette von Verkaufsbuden eingesäumt gewesen war. Das lag lange zurück, und auch spätere, kleinere Bauten hatten weichen müssen. Jetzt füllte die hundert Meter lange »Basilica Aemilia« die ganze Längsseite bis zur Curia. Sie glich der gegenüberliegenden Basilica Julia, hatte zurückgesetzte Dachterrassen und Arkaden. Hier saßen Ämter, Kanzleien, Archive, Büros — heute Schutt und rauchgeschwärzte Ruinen.
    So sah das Herz Roms aus: nur Stein. Kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm in diesem Canon von weißem Marmor.
    Wenn ich in Gedanken noch einmal alles durchgehe und das Forum vor meinen Augen Wiedererstehen lasse, so habe ich den schweren Verdacht, daß es wie ein Weltausstellungsgelände aussah. Es fehlen nur noch die Führungspfeile.
    Grüne Fleckchen waren allein noch die Hügel. Der Palatin, Ursiedlung, dann vornehmstes Wohnviertel, dann Kaiserreservat, rechts neben dem Forum sanft ansteigend, war immer noch wie einst mit hohen Pinien, Zypressen und Steineichen bewaldet.
    Im Osten, wo damals das Kolosseum noch nicht stand, konnte man das Grün des Esquilin sehen, betupft mit den weißen Pünktchen der Villen und Pavillons zwischen Rosengärten und Springbrunnen: dort wohnte Maecenas, reich, ehrgeizlos, aus altem etruskischem Adel, Freund des Augustus und seltsamster Mann Roms. Sein Haus, weitaus das kostbarste, ragte mit seinen Türmchen hoch aus dem Grün heraus. Von der Plattform konnte man über ganz Rom und in die Ferne bis Tivoli und Tusculum blicken.
    Im Norden, soweit das Auge reichte, ein Gewirr von Dächern, verschachtelten Gassen bis zum Pincio und der heutigen »Spanischen Treppe«. Das war das Rom der Plebs und der Proletarii mit seinen Märkten, den Fischhallen, den Großbäckereien mit ihren Teigknetmaschinen (Brötchen für eine Million Menschen), den Kneipen und Herbergen, den Handwerkerstraßen, den Wagenremisen und Pferdeställen, den Müllwagen und stinkenden Gerbereien, den Wäschereien, den kleinen käuflichen »lupae« und ihren Zuhältern in der Tuscischen Straße, wo sinnigerweise auch die Verleger ihre Schreibstuben und Magazine hatten, und mit den bummelnden Soldaten der Stadtprätur, deren Kasernen auf dem nahen Marsfeld, an der nordöstlichen Mauer standen.
    Die Stadt der Plebs erwachte am frühesten zum Leben. Noch halb in der Dämmerung kamen die Lastwagen vom Lande und vom Hafen an, nicht fünfzig oder hundert Eselskarren wie einst, sondern, seit das Volk wohlhabend und anspruchsvoll geworden war, lange Züge von schweren Wagen voller Lebensmittel. Im

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