Cäsar
der Nachrichten schneller und üppiger. Mit dem Winter nahte auch die Entscheidung, die Aurelius seit Jahren erwartet und befürchtet hatte. Pompeius und der Senat verlangten von Caesar die Aufgabe aller Ämter und Legionen (neben den zweien, die er Pompeius ohnehin schon für einen angeblich geplanten Partherfeldzug geschickt hatte - einen Feldzug, an den in Caesars Umgebung niemand glaubte). Marcus Antonius, der Caesar in Rom vertrat, und andere machten Gegenvorschläge: daß nicht nur Caesar, sondern auch Pompeius alle Macht niederlegen solle. Vorschläge, die sich gut machen ließen, weil niemand ernstlich mit ihrer Annahme rechnete.
Zum Jahresende rückte Caesar zur Grenze vor. Der kleine Fluß Rubico trennte seine Provinz, Gallia Cisalpina in Norditalien, vom eigentlichen Italien, dem Italien des Senats. Kein Provinzstatthalter durfte mit Truppen nach Italien gehen.
Aurelius und Orgetorix blieben bei der Nachhut, als Caesar in der Nacht zum Fluß ritt. Später hörten sie, er habe lange gezögert oder gar geweint, ehe er auf Griechisch etwas über fallende Würfel gesagt habe. Den Satz glaubten sie; das Zögern und die Tränen überforderten ihre Bereitwilligkeit, zu glauben.
Im Morgengrauen folgten sie mit dem kleinen Troß den vorgerückten Truppen über den Rubico.
CHRONIK 5:
CICERO
Eigentlich, ihr Herren der Berge und Steppen, wollte ich nun von Sullas größtem Unterfeldherrn schreiben, Pompeius. Aber da ihr endlich auf mein Gezeter geantwortet und mir gnädiglich einiges mitgeteilt habt, will ich die Abfolge ändern.
Der Winter hier ist mild wie eure Güte, mich wissen zu lassen, daß dieser Ort östlich des Hyrkanischen Meeres liegt und daß ich, sobald ich eure Wünsche schreibend erfüllt habe, nach Westen reisen mag, zum nächsten Meer, das einige das Neblige oder Gastliche, andere das Schwarze Meer nennen.
Der Winter ist auch milder als die Nachrichten aus dem fernen Italien, die ihr mir übermittelt habt, von Messern im italischen Dezember und von abgetrennten Händen. So will ich denn von jenem handeln, den die Nachrichten betrafen.
Marcus Tullius Ciceros Mutter Helvia war aus gutem Hause; über den Vater weiß man nichts Genaues. Der erste, der den Beinamen Cicero bekam, scheint ein angesehener Mann gewesen zu sein. Daher behielten seine Nachkommen den Beinamen gern bei, obwohl er zu vielem Spott gereichte. Denn cicer ist die Kichererbse, und jener hatte wohl an der Nasenspitze eine flache Einkerbung wie jene Erbse. Marcus Tullius soll, als er sich um ein Amt bewarb und Freunde meinten, er müsse den Namen ablegen, gesagt haben, er werde darum kämpfen, den Namen Cicero berühmt zu machen. Als Quästor in Sizilien ließ er für die Götter eine silberne Weihgabe herstellen und darauf nur seine beiden ersten Namen schreiben, Marcus und Tullius; statt des dritten ließ er eine Kichererbse abbilden.
Früh tat er sich durch glänzende Begabung hervor und erwarb unter den Knaben einen solchen Ruhm, daß deren Väter in die Schule kamen, um ihn zu sehen und sich von seinen Kenntnissen in verschiedensten Wissensgebieten zu überzeugen. Zwar nahm er jeden Stoff gern auf und mißachtete kein Gebiet der Bildung; mit besonderem Eifer aber widmete er sich der Dichtkunst. Später galt er nicht nur als der beste Redner, sondern zeitweilig auch als der beste Dichter Roms.
Nach der Schulzeit hörte er den Akademiker Philon, den die Römer wegen seiner Vortragskunst schätzten, und verkehrte im Kreis der Politiker und Senatoren um Mucius, mit großem Gewinn für seine Gesetzeskenntnis. Er war Soldat unter Sulla während des Marsischen Krieges. Als die Verhältnisse zum Bürgerkrieg und in eine Alleinherrschaft trieben, zog er sich in ein betrachtendes, allein der Wissenschaft zugewandtes Leben zurück, verkehrte mit griechischen Gelehrten und widmete sich Studien, bis Sulla dem Staat wieder eine feste Ordnung aufzwang.
Zu dieser Zeit ließ Chrysogonos, ein Freigelassener Sullas, das Vermögen eines Mannes unter dem Vorwand, er sei auf Grund der Ächtung getötet worden, zur Versteigerung bringen und erstand es selbst für zweitausend Denare. Als Roscius, Sohn und Erbe des Verstorbenen, nachwies, daß das Vermögen einen Wert von zweihundertfünfzig Talenten darstellte, und der allmächtige Sulla das übelnahm und dem Roscius auf Betreiben des Chrysogonos eine Klage wegen Vatermordes anhängte, zogen sich alle aus Furcht vor ihm zurück. Roscius wandte sich um Beistand an Cicero, der die
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