Cäsar
Pompeius habe einen ehrenvollen und gerechten Grund zum Krieg, aber Caesar wisse besser mit den Dingen umzugehen und sei mehr auf seine und seiner Freunde Erhaltung bedacht; so wisse er wohl, vor wem, aber nicht zu wem er fliehen solle.
Bei Caesars Abmarsch nach Hispanien begab sich Cicero dann doch zu Pompeius. Cato machte ihm Vorwürfe, daß er in neutraler Stellung in Rom dem Vaterland viel nützlicher sein könnte; statt dessen habe er sich ohne Not Caesar zum Feind gemacht. Einen Sinneswandel bei Cicero dürfte sowohl die Tatsache bewirkt haben, daß Pompeius ihm keine wichtige Aufgabe anvertraute, als auch die scheußliche Schar großmäuliger, habgieriger und weltfremder Gesellen in dessen Stab.
Nach der Schlacht bei Pharsalos und der Flucht des Pompeius reiste Cicero nach Brundisium und wartete dort auf Caesar, dessen Ankunft sich aber wegen der Ereignisse in Asien und Ägypten hinauszog. Als Caesar in Tarent gelandet war, reiste Cicero ihm entgegen, nicht unbedingt voll hoffnungsfroher Erwartungen; aber sowie Caesar ihn sah, stieg er ab, begrüßte ihn und ging in Unterhaltung allein mit ihm weiter. Auch ferner bezeugte er ihm stets Ehre und freundschaftliche Gesinnung.
Nachdem sich der Staat in Caesars Monarchie verwandelt hatte, zog Cicero sich von der politischen Tätigkeit zurück und widmete seine freie Zeit den jungen Leuten, die Philosophie treiben wollten, und durch den Umgang mit diesen Männern, die zu den ersten und vornehmsten gehörten, gelangte er wieder zu hohem Ansehen in der Stadt. Die meiste Zeit verbrachte er auf seinem Landgut bei Tusculum, wo er seine Schriften ordnete und ergänzte. Nur selten kam er in die Stadt, um Caesar seine Aufwartung zu machen, und er gehörte zu den ersten, die Ehrungen für ihn empfahlen. Dahin gehört sein Wort über die Statuen des Pompeius, welche umgeworfen und beseitigt, auf Caesars Befehl aber wieder aufgerichtet worden waren. Cicero sagte, hierdurch richte Caesar die Standbilder des Pompeius wieder auf und gebe den eigenen mehr Standfestigkeit.
An der Verschwörung gegen Caesar war er nicht beteiligt, obschon er einer der nächsten Freunde des Brutus war und wie kein anderer den früheren Zustand herbeisehnte. Als Brutus und Cassius die Tat vollbracht hatten und, da Caesars Freunde sich gegen sie zusammenschlossen, zu befürchten war, daß die Stadt wiederum in Bürgerkriege gestürzt würde, rief Antonius als Konsul den Senat zusammen und sprach kurz etwas von Eintracht. Cicero aber gewann in einer langen, den Umständen angemessenen Rede den Senat dafür, nach dem Beispiel der Athener eine Amnestie für alle mit Caesar zusammenhängenden Vorgänge zu beschließen und Brutus und Cassius Provinzen zuzuweisen. Doch kam nichts hiervon zur Durchführung. Denn als das Volk sah, wie der Leichnam über das Forum getragen wurde, als Antonius ihnen die blutgetränkte, von Dolchstichen durchbohrte Toga zeigte, da wurden sie rasend vor Zorn, suchten nach den Mördern und zündeten deren Häuser an.
Man fürchtete nun, Antonius werde sich zum Alleinherrscher machen. Besonders fürchtete dies und sich Cicero. Antonius wußte, daß er mit Brutus befreundet war, und sein Ein- fluß und seine bloße Anwesenheit waren ihm beschwerlich. Auch vorher schon waren sie einander nicht eben hold gewesen, wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Auffassung und Lebensführung. Cicero beabsichtigte zuerst, nach Syrien zu fahren. Als aber die designierten Konsuln nach Antonius, Hirtius und Pansa, ihn baten, sie nicht zu verlassen, und versprachen, den Einfluß des Antonius zu brechen, wenn Cicero in Rom bliebe, vereinbarte er mit Hirtius, daß er nur den Sommer in Athen verbringen und nach Rom zurückkehren werde, sobald die beiden das Amt übernommen hätten. Unterwegs hörte er, Antonius betreibe nun eine Politik in Einvernehmen mit dem Senat; da machte er sich Vorwürfe wegen seiner Ängstlichkeit und kehrte um.
Als Antonius den Senat zusammenrief und auch ihn dazu laden ließ, kam er jedoch nicht, sondern blieb im Bett unter dem Vorwand, er fühle sich noch schwach von der Reise. Der wahre Grund war jedoch die Furcht vor einem Anschlag. Antonius nahm diese Verdächtigung übel. Auch in der Folgezeit gingen sie einander aus dem Weg, bis Octavianus ankam, die Erbschaft Caesars antrat und wegen der fünfundzwanzig Millionen, die Antonius aus der Hinterlassenschaft für sich behalten hatte, mit diesem in Streit geriet.
Bald kamen der Stiefvater und der Schwager des jungen
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