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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sie bis zum Frühjahr bleiben sollten: als bewachte Gäste, nicht im Kerker. Auf Lesbos hielt sich auch die Gattin des Pompeius auf, Cornelia, mit ihren Kindern.
    Es war eine Zeit langer - für Aurelius hinkender - Wanderungen, ausgiebiger Gelage mit Fischern und Offizieren der römischen Besatzungstruppen und Büchern. Der Präfekt der Festung verfügte über eine reiche Bibliothek und machte sie dem Kollegen - angeblich ja immer noch Marschpräfekt - zugänglich. Zum ersten Mal seit dem Verlust des Contubernium hatte Aurelius nicht nur die Muße, sondern auch genug Rollen. Bei einem feierlichen Abendmahl im Landhaus des Präfekten wurde ihm die Ehre zuteil, ein paar leere Worte mit Cornelia wechseln zu dürfen, einer der uralten Cornelius-Sippe entstammenden edlen Römerin, die keinen Wert auf Umgang mit minderem Volk wie ehemaligen Soldaten und Wirten legte.
    Orgetorix bemühte sich um die Gunst einheimischer Mädchen und Frauen. Da Mytilene und andere Städte von den römischen Soldaten als Jagdgebiete beansprucht wurden, verheerte er die Dörfer. Zur Zerstreuung ließ er sich von Aurelius Griechisch beibringen, was seine Erfolge bei den anderen Unterfangen zweifellos förderte.
    Im Verlauf des Winters erfuhren sie dank römischer Boten mehr über die Vorgänge im westlichen Teil des Meers. Massilia war nach langer Belagerung gefallen, Caesar hatte in Hispanien die Legaten des Pompeius besiegt, Sardinien und Sizilien waren in der Hand der Caesarianer. Aber Pompeius und der Senat behielten Griechenland, Asien und Afrika - nichts war entschieden.
    Mitten im Winter wagte Caesar die Überfahrt von Italien nach Dyrrhachion. Im Frühjahr kamen wirre Berichte, aus denen niemand recht schlau wurde. Angeblich waren Caesars Leute vom Hungertod bedroht, hatten aber das Heer des Pompeius bei Dyrrhachion eingekreist. Angeblich war Caesar von allem Nachschub abgeschnitten, aber Marcus Antonius hatte es geschafft, Verstärkungen zu bringen. Angeblich hatte das Heer des Pompeius einen großen Sieg gegen Caesar errungen, aber der hielt sich, als der Sommer begann, offenbar in Thessalien auf, ohne daß von einer wesentlichen Schwächung seines Heers die Rede gewesen wäre. Und ob die Ankunft Ciceros, der sich zu Pompeius begeben hatte, eine Verstärkung von dessen Heer darstellte?
    Zu Beginn des Sommers setzten die in Asien zusammengezogenen und unter den dortigen römischen Bürgern ausgehobenen Truppen, immerhin dreizehn Kohorten, über die Dardanellen. Ein Kuriersegler des Präfekten brachte Aurelius und Orgetorix zu ihnen, und mit ihnen marschierten sie nach Westen, nach Thessalien, immer unter Bewachung, aber man behandelte sie zuvorkommend. Aurelius befürchtete, sobald sie jemandem begegneten, der wußte, wie unbedeutend sie tatsächlich waren, würde die freundliche Behandlung durch zwei Schwertstiche beendet. Aber Orgetorix hob nur die Schultern.
    »Vielleicht wird es dich morgen am Hintern jucken, aber warum willst du dich heute schon kratzen?« sagte er.
    Mitten im Sommer, zu Beginn des römischen Sextilis-Monats, kamen sie in Thessalien an. Pompeius‘ Hauptlager befand sich in der Nähe eines kleinen Orts namens Pharsalos, und Caesars Heer lagerte in Sichtweite.
    Sie hatten Glück, auch wenn es Aurelius zunächst nicht so vorkam: In dem Teil des Lagers, das sie erreichten, war Titus Labienus der höchste Offizier.
    »Die beiden bleiben hier«, sagte er, als ihm Orgetorix und Aurelius gezeigt wurden. Er brachte sie in einem kleinen Zelt neben seinem unter und stellte Wachen davor.
    »Ist das gut oder schlecht?« Orgetorix ließ sich auf einen Haufen aus Decken fallen, die ein Sklave ihnen gebracht hatte.
    »Keine Ahnung. Aber ich erwarte von ihm nichts Gutes.«
    »Warum nicht?«
    »Wir hatten nie ein besonders gutes Verhältnis. Eigentlich überhaupt keins. Er weiß, wie unwichtig wir sind.«
    »Tsa tsa tsa«, machte Orgetorix. »Ein Präfekt und ein ehemaliger Fürst und Führer der Kundschafter sind nicht unwichtig.«
    »Für Senatoren und Konsuln und derlei schon.«
    »Warum packt er uns dann in ein Zelt? Vor der Hinrichtung kommt man in den Kerker.«
    Aurelius hockte sich auf die Fersen und tippte dem Gallier mit dem Zeigefinger gegen die Brust. »Siehst du hier, auf freiem Feld, außer Zelten und Hütten etwa ein Verlies?«
    Nach kurzer Zeit kam der Sklave, der die Decken gebracht hatte, mit einem großen Brett; darauf standen Becher, Krüge und Platten mit Brot und kaltem Braten. Zwei weitere Sklaven schleppten

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