Cäsar
geblieben.«
»Geh doch zu Caesar zurück. Und nimm uns mit«, sagte Orgetorix.
»Er wird mich sofort umbringen lassen.« Labienus kaute auf der Unterlippe. »Und wenn er mild ist? Dann bringen mich die Senatoren um, falls Pompeius siegt. Und falls Caesar siegt, vielleicht noch mit meiner Hilfe, habe ich den Tyrannen gestützt, den ich verhindern wollte.«
»Kein Ausweg?« sagte Aurelius.
»Ihr Römer!« Orgetorix ächzte laut. »Könnt ihr nicht ein paar Tage ohne Grundsätze auskommen? Das Leben, den Tod, den Sieg nehmen, wie sie sich darbieten?«
Labienus achtete nicht auf ihn. »Kein Ausweg«, sagte er düster. »Wenn wir verlieren und ich gefangen werde, sprecht für mich. Und wenn ich sterbe, bringt den Göttern ein Opfer.«
»Was, wenn ihr gewinnt?«
Labienus stand auf; mit einem schrägen Lächeln sagte er:
»Dann, fürchte ich, werdet ihr sterben. Als Siegesopfer gewissermaßen.«
Aurelius verbrachte eine unruhige Nacht; Orgetorix schlief laut und fest. Morgens trat einer ihrer Wächter ins Zelt und sagte, er habe die Anweisung, sie fortzubringen.
Sie folgten ihm, Aurelius mit gemischten Gefühlen. Vier Soldaten, zwei Gefangene. Sie waren nicht gefesselt, aber unbewaffnet und ohne jede Aussicht auf einen Erfolg, sollten sie zu fliehen suchen.
Die Ebene glich einem ungeheuren Gemenge verschiedener Ameisenzüge, aber für erfahrene Männer wie sie war die Ordnung im Chaos zu erkennen. Sie sahen die gestaffelten Kohorten, die ihren Centurionen und Feldzeichen folgten, und eine große Menge blendend herausgeputzter Ritter, mit gewaltigen Helmbüschen und vergoldeten und versilberten Rüstungen. Weiter weg, kaum zu erkennen, bewegten sich andere Truppenkörper: Caesars Legionen.
Zur Seite, nach Osten, weg vom Lager. Vier Soldaten und zwei Gefangene. Aber Aurelius sagte sich, daß man sie nicht schnell, ohne Zeugen beseitigen würde; eine Hinrichtung mußte man genießen, den Truppen vorführen, was mit Feinden geschah, zur allgemeinen Ermunterung.
Tatsächlich brachten die Männer sie zum Fuß eines kleinen Hügels. Und ließen sie dort - unbewacht, offenbar ohne jede Aufsicht.
Auf der Kuppe des Hügels standen bereits etwa zwei Dutzend Männer, die meisten älter. Es handelte sich um Griechen aus dem Ort Pharsalos, aber es waren auch Athener dabei und weißbärtige Greise aus noch weiter entfernten Gegenden; Schlachtenbummler, sagte sich Aurelius, die hinterher sagen konnten, sie seien dabeigewesen.
Sie wechselten wenige Worte; dann verstummten sie und sahen dem Drama zu, das sich unten zu entwickeln begann. Aber nicht alle verstummten; einige der Griechen sonderten unglaublich dummes Geschwätz ab - dumm jedenfalls für Leute wie Aurelius und Orgetorix, die selbst gekämpft hatten und über die bloße Anschauung hinausgegangen waren.
»Welche Skythenreiterei, welche Partherpfeile, welche Reichtümer Indiens hätten siebzigtausend Römern widerstehen können, die bewaffnet unter Führung von Pompeius und Caesar anrücken, deren Namen in fernen Ländern widerhallen? So viele Völker haben sie besiegt. Und jetzt treten sie gegeneinander an, ohne auch nur auf die Wahrung ihres Ruhmes, dem sie das Vaterland hinopferten, bedacht zu sein, da sie doch bis heute unüberwindlich genannt wurden!«
Irgendwann hörte Aurelius das Gewäsch nicht mehr. Er dachte auch nicht an sein Los und das des Galliers. Er war nur noch Auge.
Nicht weit von ihnen begann der linke Flügel des pompeianischen Heeres; dort hatte sich die gesamte glitzernde Reiterei gesammelt. Die dreifache Reihe des Fußvolks, Mitte Her Schlachtlinie, war undeutlich zu sehen, der rechte Flügel, den - sagte einer der Griechen - Pompeius selbst befehligte, nur zu ahnen.
»He, was macht er jetzt?« sagte Orgetorix plötzlich. Er deutete dorthin, wo Caesars rechter Flügel den schmucken Rittern gegenüberstand. Reiter auch dort, aber höchstens ein Viertel der Menge, die Pompeius aufbieten konnte. Dessen Reiterei war so weit nach links gerückt, bis fast zum Fuß des Hügels, daß sie beim Beginn der Schlacht Caesars rechten Flügel nicht nur zertrümmern, sondern zugleich umfassen konnten.
Auf Caesars rechtem Flügel gab es Bewegung - etwas, was Pompeius‘ Befehlshaber unten nicht sehen konnten. Aurelius pfiff leise durch die Zähne.
»Siehst du es auch?« murmelte Orgetorix.
Aurelius nickte. Er nahm an, daß der Gallier leise redete, um nicht den Griechen etwas erklären zu müssen. Daß Caesar nämlich offenbar einige Kohorten
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