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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Führers und sein Mangel an Erfahrung ließen einen guten Ausgang des Krieges kaum erhoffen. Es kam noch schlimmer, als Cato erwartet hatte. Ein Bote brachte Nachricht, bei Thapsus sei eine große Schlacht geschlagen worden, alles sei verloren, Caesar habe die Lager erobert, Scipio und Iuba hätten sich mit ein paar Begleitern retten können, das übrige Heer sei aufgerieben.
    Es war Nacht, man lebte im Krieg. So war es kein Wunder, daß die Bevölkerung ob der Schreckenskunde fast von Sinnen kam und sich kaum innerhalb der Mauern zurückhalten ließ. Cato gelang es, den Tumult zu stillen. Als es tagte, ließ er die römischen Kaufleute und Bankherren, die in Afrika ihre Geschäfte betrieben, in den Iuppitertempel rufen, ebenso die römischen Senatoren, welche in der Stadt weilten, und deren Söhne. Er rühmte ihren guten Willen und die Treue, die sie bewiesen hätten. Sie sollten nun mit sich selbst über die Zukunft zu Rate gehen. »Beugt ihr euch dem Erfolg, so werde ich euren Gesinnungswandel dem Zwang der Verhältnisse zuschreiben. Wollt ihr aber dem Unglück trotzen und weiter für die Freiheit kämpfen, werde ich euren Mut loben.«
    Als nun die meisten beschlossen, sich nicht zu beugen, sondern mit Schiffen nach Italien oder Hispanien, wo immer noch Truppen des Pompeius standen, aufzubrechen, erteilte er die nötigen Anweisungen.
    Gegen Abend begab er sich ins Bad. Danach nahm er im Kreise zahlreicher Gäste die Abendmahlzeit ein. All seine Freunde waren zur Tafel geladen, ebenso die Behörden von Utica. Nach dem Essen kam der Wein zu seinem Recht, und es entspann sich ein angeregtes Gespräch, das von einem philosophischen Thema zum anderen führte.
    Als er die Tafel aufgehoben hatte, machte er mit seinen Freunden noch einen kleinen Gang. Dann zog er sich in seine Zimmer zurück. Nachdem er sich im Schlaf gemach hingelegt hatte, nahm er Platons Dialog »Von der Seele« zur Hand. Da man in der Annahme, er werde genau das tun, was er tatsächlich tat, sein Schwert entfernt hatte, ließ er sich ein anderes bringen. Ehe man ihm gehorchte, mußte er allerdings einen Sklaven schlagen, wobei er sich die Hand verletzte. Er zog das Schwert aus der Scheide und prüfte es. Als er weder an der Spitze noch an der Schneide einen Fehl entdeckte, sagte er:
    »Jetzt bin ich Herr über mich«, legte die Waffe hin und nahm noch einmal das Buch zur Hand. Es heißt, er habe es zweimal vollständig durchgelesen. Danach zog er das Schwert und stieß es sich unter der Brust in den Leib.
    Da er jedoch mit der geschwollenen Hand nicht stark genug hatte zustoßen können, verschied er nicht gleich, sondern fiel im Todeskampf von seinem Lager. Dabei warf er ein Tischchen um. Die Diener hörten es und fanden ihn in seinem Blute liegen, Eingeweide hingen ihm aus dem Leib, aber er lebte noch und hatte die Augen offen. Alle waren gelähmt vor Entsetzen, der Arzt jedoch trat an ihn heran und versuchte, die Eingeweide, welche unverletzt geblieben waren, wieder an ihren Ort zu bringen und die Wunde zuzunähen. Da kehrte Catos Bewußtsein zurück, er stieß den Arzt von sich, griff mit den Händen in die Wunde, zerriß die Eingeweide und starb.
    Als Caesar Kunde erhielt von Catos Tod, soll er nur gesagt haben: »Cato, ich gönne dir diesen Tod nicht, denn du hast mir die Erhaltung deines Lebens auch nicht gegönnt.« Seinem Sohn tat Caesar kein Leid an.
     
    Mir sind, o ihr Herren der Berge, nach dieser Niederschrift drei Dinge unmöglich: Cato zu schmähen, Cato zu schätzen und weiterzuschreiben. Vorerst jedenfalls.

VIII.
UMWEGE NACH ROM
    Mit vorgehaltenen Speeren trieben Soldaten die letzten Bewohner aus den freigekämpften Häusern. In den beiden vergangenen Tagen war es Aurelius‘ Einheiten gelungen, einen ganzen Häuserblock bis zum nächsten Straßenzug nach Westen vorzudringen und die Brücke zu erreichen, die den langen Damm mit der Stadt verband. Auf der anderen Seite, wo der Damm begann, lag eine gutgesicherte Festung; von dort wurde jeder Versuch, die Brücke selbst zu betreten, mit einem Geschoßhagel beendet.
    Aurelius haßte diesen Teil der Arbeit, die Vertreibung der Bewohner. Immerhin war er nicht unzufrieden damit, daß die Räumung ohne großes Blutvergießen abging. Und daß er zu weit entfernt war, um das Geschrei und Gezeter hören zu müssen.
    Den Sonnenuntergang zersetzten Rauchsäulen, die über der Stadt den Himmel zu stützen schienen. Überall wurde gekämpft, und immer wieder sickerten gegnerische Trupps

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