Cäsar
Früchte. Beim Essen und danach fanden sie endlich Zeit zum Reden. Sie wollte wissen, warum er spurlos aus Rom verschwunden und was seither geschehen war. Nachdem er, so gut er konnte, berichtet und etliche Fragen zum letzten Teil, dem Ritt zu Kleopatra, beantwortet hatte, sagte Kalypso:
»Noch einmal zurück zum Anfang, wenn du magst. Da sind so viele Fragen… Niedergeschlagen und entführt, von Griechen, die im Auftrag Ägyptens handeln? Vielleicht bringen wir das alles zusammen.«
Ihr Vater, sagte sie, sei im Jahr von Caesars Aufenthalt in Hispanien» gestorben - ein halbes Jahr nach dem angeblichen Bona-Dea-Frevel des Clodius und ein paar Monate vor dem großen Triumph des Pompeius. Damals habe sich Ptolemaios schon bemüht, als Freund und Verbündeter des römischen Senats und Volks anerkannt zu werden; auch um seine unsichere Herrschaft in Alexandria notfalls auf römische Speere stützen zu können. Ihr Vater habe sich in Rom bis zu seinem Tod für den König eingesetzt, weniger aus Liebe zu diesem als aus Gefälligkeit einem Vetter gegenüber, der zu den Beratern in Alexandria gehörte. Zwei Jahre später besetzten die Römer das ägyptische Zypern, und als der König nichts dagegen unternahm, wurde er verjagt und floh nach Rom. Später habe er dann Pompeius und Caesar größere Summen für ihre Unterstützung gezahlt und sei mit römischer Hilfe nach Alexandria zurückgekehrt.
»Aber das weißt du ja.«
»Inzwischen weiß ich auch, um welche Summen es ging. Aber erzähl weiter.«
»Als er zuerst nach Rom kam, hatte er natürlich Berater und Begleiter dabei. Einer ist hin und wieder nach Alexandria gefahren, um Fäden zu knüpfen oder geknüpfte Fäden nicht abreißen zu lassen. Ein Eunuch.«
»Etwa Potheinos?«
»Genau der. Damals war er noch nicht fett, sondern einfach nur widerwärtig. Aber scharfsinnig und gerissen. Als ich ein paar Tage in Praeneste war, wie ich dir damals erzählt habe, und bei der Rückkehr meine Geschwister nicht mehr vorfand, war Potheinos gerade wieder nach Ägypten gereist.«
»Ah.«
»Du kannst dir das übrige denken, nicht wahr? Er ist zurückgekommen und hat mich aufgesucht. ›Deine Geschwister leben‹, hat er gesagt, ›und es wird ihnen nichts geschehen solange du mir hin und wieder einen kleinen Gefallen tust.‹ Ein paar Jahre danach wurde Ptolemaios wieder König, und Potheinos war sein wichtigster Mitarbeiter. Als der König starb, hat er ihn zum Reichsverweser und Vormund für den jungen Ptolemaios und Kleopatra gemacht. Und als die sich vor einem Jahr von ihm befreien wollte, wurde sie abgesetzt und sollte umgebracht werden, konnte aber fliehen.«
»Und deine Geschwister?«
»Leben noch, ich weiß auch wo, aber sie sind in Potheinos‘ Hand. Deshalb bin ich so schnell hergekommen. Ich hoffe, daß Potheinos das alles hier nicht überlebt, aber ich muß versuchen, sie irgendwie herauszuholen. Ich weiß nur überhaupt nicht, wie.«
In den vergangenen Jahren sei sie, sagte sie, mehrmals in Alexandria gewesen. Zweimal habe sie unter scharfer Bewachung mit ihren Geschwistern reden dürfen. Sie habe auch mit der Herrscherin gesprochen, die aber zunächst nichts tun mochte, später nichts mehr tun konnte.
»Warum wollte sie nichts tun?«
»Ihr lag an Berichten aus Rom genausoviel. Herrscher sind Herrscher. Bis sie mir so etwas wie Freundschaft schenkte, falls Herrscher das können, und mir geglaubt hat, daß ich ihr auch ohne diese… Geiseln berichten würde, hat es lange gedauert. Und dann wurde sie abgesetzt.«
»Du sagtest, du könntest all das und den Überfall auf Orgetorix und mich zusammenbringen?«
»Ich war leichtsinnig genug, deinen Namen zu erwähnen, Liebster. Zu Kleopatra, aber Potheinos hat lange Ohren. Ich nehme an, seine Leute in Rom sind neugierig geworden, als ich damals aus Apulien zurückkam, von Pompeius und den anderen du weißt. Da bin ich zuallererst zu dir gekommen. Bevor ich ihnen etwas berichtet oder mich zu Marcus Antonius begeben habe. Vermutlich haben sie mich überwacht. Und beschlossen, ihr wärt wohl wichtig genug, um euch nach Alexandria zu bringen, damit Potheinos euch befragen kann.«
Es war eine merkwürdige Zeit für Zärtlichkeit, ein Wandern Hand in Hand zwischen Löwen. In der Stadt wurde unausgesetzt gekämpft. Potheinos und Achillas, die sich auf den gefangenen jungen König beriefen, versuchten die Römer immer weiter zusammenzudrängen, aber in den Straßen und zwischen den Häusern konnten sie ihre
Weitere Kostenlose Bücher