Cäsar
Potheinos selbst war - den fünfundzwanzigjährigen Tempelschreiber Kassandros und die noch nicht fertig ausgebildete zweiundzwanzigjährige Isispriesterin Kalliope befreien.
Erst danach ließ Caesar Potheinos hinrichten. Die Art der Hinrichtung war ausgesucht scheußlich; angeblich hatte Kleopatra auf bestimmten Vorschlägen bestanden.
Inzwischen war es ihrer jüngeren Schwester Arsinoë gelungen, aus ihrem kleinen Palast zu fliehen. Sie ging natürlich zu Achillas, um mit dessen Hilfe den verlassenen Thron zu besteigen. Zwischen ihnen brach jedoch rasch ein Streit um die Führung des Staats und des Heeres aus. Arsinoë beendete den Zwist, indem sie Achillas ermorden ließ und ihren Berater, den Eunuchen Ganymedes, zum Heerführer ernannte.
Ganymedes war sicherlich kein Stratege, der ein Heer in einer Feldschlacht führen konnte, aber für das verbissene Ringen in Alexandria durch seinen Einfallsreichtum der bessere Mann.
Der Große Kanopische Kanal führte schlammiges, trübes Nilwasser. Von diesem Kanal gespeiste unterirdische Wasserleitungen versorgten Alexandria; in den Häusern reinigte sich das Wasser nach und nach durch Niederschlag. Abgesehen davon gab es Zisternen, aber keine Quellen. Ganymedes kam nun auf den Gedanken, den Römern das Wasser zu entziehen, da sie es aus den Leitungen und Zisternen holten.
Die unterirdischen Kanäle wurden verstopft und gekappt; dann zog man mit Hilfe von Rädern und Maschinen Wasser aus dem Meer und ließ es in den römisch besetzten Teil fließen.
Caesar befahl, Brunnen zu graben; schon in der ersten Nacht stieß man auf große Mengen Süßwasser. Am zweiten Tag kam dann endlich die Siebenunddreißigste Legion an, aus übergetretenen Soldaten des Pompeius, samt Getreide, Waffen, Geschossen und Wurfmaschinen. Es wehte aber tagelang ein starker Ostwind; die Schiffe konnten nicht in den Hafen.
Kämpfen und warten und kämpfen. Der Wind ließ nicht nach, und die Vorräte wurden immer karger. Abends ging Aurelius zu einem Essen mit Aristeias; unterwegs hörte er von einem Posten erstmals die Bemerkung: »Ein Alexandriner, zwei Meinungen, drei Schwerter.«
»Das mit den Meinungen stimmt so nicht«, sagte Aristeias, als Aurelius ihm, Orgetorix und Kalypso davon erzählt hatte. Sie saßen im Speiseraum eines beschlagnahmten Hauses nahe dem Palast und aßen, was Aristeias hatte auftreiben können: gebratenen Fisch, Brot und nach Tagen erstmals wieder trinkbares Wasser.
»Und die Schwerter?«
»Drei für jeden? Untertrieben«, sagte Orgetorix.
»Fünf dürfte eher hinkommen.« Aristeias deutete auf ein Öllämpchen und winkte einem der Sklaven; dieser brachte mehrere weitere Lämpchen. Der Mann war Skythe; die Tatsache, daß er nicht im Völkergemenge Alexandrias untergetaucht war, sondern auf seinen Herrn gewartet hatte, sprach für Aristeias, wie Aurelius fand.
»Und wie viele Meinungen?« sagte Kalypso.
»Eine.«
Orgetorix grunzte. »Wollt ihr sie hören?«
Aristeias lächelte ein wenig trübe. »Sag sie ihnen.«
»Man haßt die Römer. Und alles, was mit ihnen zusammenhängt. Und jeden, der mit ihnen zusammenarbeitet.«
»Was sagen sie über Kleopatra?«
»Was wohl?« Orgetorix hob die Schultern. »Caesars Hure.«
Aristeias nahm eine Dattel, warf sie hoch, klatschte in die Hände und fing sie mit dem Mund.
»Das auch.« Orgetorix grinste. »Dattel, meine ich. ›Sie lutscht ihn aus, und er ißt ihre Dattel - o wenn doch beide an dem Gift krepierten.‹ Hab ich gestern gehört.«
»Ich bitte auch.« Aurelius nahm ebenfalls eine Dattel, legte sie sich umständlich auf die Zunge und sah Kalypso zwinkern.
»Wann kommt denn endlich die Verstärkung, auf die ihr schon so lange wartet?« sagte der Händler. »Die paar Schiffe draußen können doch nicht alles sein.«
»Kann dauern. Hispanien und Afrika sind immer noch in Händen der Pompeianer, und sie haben die größeren Flotten. An denen muß man erst vorbeikommen, um Alexandria zu erreichen. Zum Glück haben sie keinen brauchbaren Strategen. Nur senatorische Hohlköpfe.«
Kalypso nickte. »Sie hätten ohne Mühe längst drei oder vier Legionen von Utica oder Karthago aus herbringen und die Sache beenden können.«
»So leicht ist Caesar nicht zu beenden«, sagte Orgetorix.
»Was wollt ihr machen, wenn das alles hier vorbei ist, auf welche Weise auch immer?« Aristeias musterte die drei anderen mit gerunzelter Stirn.
Sie schwiegen und sahen einander an. Schließlich sagte Orgetorix zögernd:
»Ich
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