Cäsar
sie zum Einsturz. Zugleich wurden die römischen Truppen auf dem Damm vom westlichen Eunostos-Hafen aus und im Königshafen angegriffen, und Brander trieben gegen die Schiffe, die Tiberius Claudius Nero befehligte.
Ruderer, Matrosen und Soldaten von den Kriegsschiffen versuchten auf den Damm zu gelangen, wurden aber von den Alexandrinern zurückgeschlagen. Dadurch gerieten auch die drei Kohorten in Bedrängnis und mußten sich zu den Schiffen zurückziehen. Einige erreichten die nächsten Fahrzeuge, diese versanken aber unter der Menge; andere wurden von den Alexandrinern niedergemacht; viele waren glücklicher und erreichten segelfertige Schiffe, etliche versuchten sich schwimmend zu retten.
Caesar hatte selbst den Einsatz auf dem Damm geleitet. Als die Truppen zu weichen begannen, flüchtete er in sein Fahrzeug. Eine Menge Leute folgte ihm, so daß man das Schiff weder lenken noch vom Land abstoßen konnte; es versank unter der Last. Caesar sprang ins Wasser; im Pfeilhagel vom Damm und von ägyptischen Booten aus schwamm er zu den tiefer im Großen Hafen liegenden Schiffen. Mit der linken Hand hielt er dabei den Beutel mit Schriften über Wasser. Von Neros Trieren schickte er seinen bedrängten Leuten Kähne; es wurden noch einige gerettet. In diesem Gefecht starben etwa vierhundert Soldaten und noch mehr Matrosen. Die Alexandriner konnten die Festung am Südende des Damms wieder besetzen.
Die wirren Kämpfe dauerten die ganze Nacht. Aurelius gelang es, einen Ausbruch der Alexandriner über die Brücke in die Stadt zu verhindern; danach eilte er mit allen, die dort nicht gebraucht wurden, zum Palast und half, die durchgebrochenen gegnerischen Truppen zur Großen Straße zurückzudrängen und danach die beschädigten Wälle auszubessern. Morgens endlich hatten sie unter großen Verlusten die Brucheion-Stellung wieder gesichert. Sie hatten die Insel, den halben Damm und den gesamten Osthafen in der Hand. Vom Westhafen aus konnten die Ägypter aber immer noch die Besatzung der Dammfestung versorgen: teuer erkaufte Fortschritte, aber keine Entscheidung.
Die Alexandriner schickten ein paar Tage darauf Gesandte an Caesar mit der Bitte, den König freizulassen: Man sei der angemaßten Herrschaft eines jungen Mädchens überdrüssig und bereit, allen Befehlen des Königs zu gehorchen. Wenn man so die Freundschaft Caesars erreiche, werde die Bevölkerung die Waffen niederlegen.
Caesar hielt es für sinnvoll, ihren Bitten nachzugeben. Entweder würde ihm der König nach der Freilassung treu bleiben, oder er konnte den Krieg gegen Ptolemaios zu Ende bringen, statt ewigen Widerstand erwarten zu müssen, solange sich die Alexandriner von ihrem König noch etwas erhofften. Kaum war er entlassen, setzte der junge König den Krieg noch heftiger fort; es kam zu unausgesetzten Kämpfen in der Stadt und zu einer weiteren Seeschlacht, in der abermals die Römer siegten. Den Oberbefehl hierbei hatte Tiberius Nero; der tapfere Euphranor entschied dieses Treffen, das weiter östlich vor der kanopischen Nilmündung stattfand, verlor dabei aber sein Hauptschiff und das Leben.
Die Kämpfe flauten ein wenig ab. Die Ägypter versuchten immer wieder Durchbrüche, wurden aber zurückgeschlagen; die Römer hatten genug damit zu tun, ihre Stellungen zu halten.
Die Entscheidung konnte erst fallen, wenn etwas Unvorhergesehenes geschah oder eine der beiden Seiten beträchtliche Verstärkungen erhielt.
Es war Ende Januar nach dem römischen Kalender, in Wirklichkeit etwa sechzig Tage früher, in der ägyptischen Wirklichkeit schwüler Frühwinter. Eine halbe Legion traf im Hafen ein, weiterer Nachschub war angekündigt. Bei den Ägyptern, hieß es, gebe es ebenfalls neue Leute. Auf beiden Seiten mehr, aber für beide immer noch zu wenige. Caesar entließ einige Schwerverletzte, die mit dem nächsten verfügbaren Frachter nach Italien gebracht werden sollten, und Aurelius bat ihn um eine Unterredung.
Caesar empfing ihn im Raum der Schreiber; Aurelius mußte warten, bis der Imperator vier Briefe, die er gleichzeitig diktierte, beendet hatte. Aurelius ließ sich auf einen Schemel sinken, auf den Caesar wortlos deutete.
Während er saß und dem Diktieren lauschte, dachte er darüber nach, daß er, Soldat Quintus Aurelius, den Feldherrn als Imperator sah; den diktierenden Feldherrn, der kein Diktator mehr war. Aber die Ernennung oder Erhebung zum Diktator hatte er betrieben, als Aurelius entführt an Bord des Frachters oder auf
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