Cäsar
beiden Händen die Toga von den Schultern, und Casca, der hinter ihm stand, zog als erster den Dolch und stieß ihn ihm in den Nacken, aber nicht sehr tief. Caesar faßte den Dolchgriff und rief: »Verfluchter Casca, was tust du da?« Aber schon wurde er von vielen Stößen getroffen, und wie er sich umschaute und auch Brutus den Dolch zücken sah, zog er sich die Toga über den Kopf und überließ seinen Leib den Stichen.
Nun wollte Brutus den Senat mit ermutigenden Worten festhalten. Aber alle liefen davon, obwohl niemand sie verfolgte oder zur Eile trieb. Es war festgesetzt worden, keinen sonst zu töten. Alle anderen hatten zwar dafür gestimmt, außer Caesar auch Antonius zu ermorden, der die Konsulwürde innehatte und Caesars Kollege war. Aber Brutus hatte sich dem Beschluß widersetzt, weil er auf dem Boden des Rechts bleiben wollte und die Hoffnung hegte, Antonius könnte sich wandeln. So wurde Antonius von Brutus gerettet. Im ersten Schrecken aber legte er schlichte Kleidung an und floh.
Brutus und seine Freunde zogen zum Kapitol, die Arme mit Blut besudelt und die bloßen Dolche vorweisend, und riefen die Bürger zur Freiheit auf. Da nichts weiter geschah, faßten die Senatoren wieder Mut und stiegen, gefolgt von vielen einfachen Bürgern, zu den Männern aufs Kapitol hinauf. Brutus hielt eine Rede, durch die er das Volk zu gewinnen suchte. Als man Beifall spendete und sie aufforderte herunterzukommen, stiegen sie getrost zum Markt hinab.
Am folgenden Tag versammelte sich der Senat in einem Tempel. Antonius, Plancus und Cicero sprachen von Amnestie und Eintracht, und man beschloß, den Verschworenen nicht nur Straflosigkeit zu gewähren, sondern auch über Ämter für sie zu reden. Es gab ein allgemeines Begrüßen und Händeschütteln. Antonius nahm Cassius mit und bewirtete ihn, Lepidus den Brutus, und ebenso verfuhren die anderen. Am nächsten Morgen kam der Senat wieder zusammen und faßte zuerst einen Ehrenbeschluß für Antonius, weil er den Ausbruch eines Bürgerkrieges verhütet habe; dann gab es Belobigungen für Brutus und seine anwesenden Freunde, und schließlich folgte die Verteilung von Provinzen. Dem Brutus gab man Kreta, Cassius Afrika, Trebonius Asien und weiteren Beteiligten andere Lande.
Nun wurde über Caesars Testament und seine Bestattung verhandelt. Antonius sprach dafür, das Testament öffentlich zu verlesen und das Leichenbegängnis nicht in der Stille und ohne Gepränge abzuhalten, um nicht dadurch das Volk zu reizen. Cassius widersprach scharf, Brutus aber willigte ein.
Dies war sein zweiter großer Fehler. Er hatte den mächtigen Antonius geschont; nun ließ er auch noch zu, daß die Bestattung wie von Antonius vorgeschlagen veranstaltet wurde. Antonius verlas das Testament, in dem jedem römischen Bürger fünfundsiebzig Denare ausgesetzt und die Gärten jenseits des Flusses dem Volke hinterlassen wurden. Da erfaßte die Bürger eine große Liebe und Sehnsucht nach Caesar. Als dann der Leichnam gebracht wurde, hielt Antonius nach alter Sitte die Lobrede, und als er bemerkte, daß seine Worte auf die Menge Eindruck machten, nahm er Caesars blutdurchtränkte Kleider, faltete sie auseinander und zeigte die Stiche und die Menge der Wunden. Jetzt schrien die einen, man solle die Mörder erschlagen, andere rissen aus den nahen Werkstätten die Bänke und Tische heraus, trugen sie zusammen und schichteten einen riesigen Scheiterhaufen, legten den Leichnam darauf und verbrannten ihn zwischen all den heiligen Orten. Als das Feuer loderte, zerrten Leute halbverbrannte Holzstücke heraus und rannten damit zu den Häusern der Mörder, um sie anzustecken.
Die Verschwörer entwichen aus der Stadt. Brutus hielt sich an verschiedenen Orten Italiens auf. Nun, da ich dies niederschreibe, ist meine letzte, von euch mir verfügbar gemachte Nachricht, daß er und Cassius in Griechenland und Asien Truppen sammeln. Wenn Marcus Antonius und Octavianus Caesar gegen sie zu Felde ziehen, o ihr Herren der Berge und Steppen, werden eure Späher euch dies zweifellos melden. Ich glaube, ihr bedürft meiner nicht mehr, und ich hoffe, die Aufgabe erfüllt zu haben, die mir aufgetragen wurde.
Ich mag aber nicht schließen, ohne einige Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten kann. Oder vielleicht kann ich sie beantworten, aber nur für mich; andere werden andere Antworten finden und geben, so daß ich meine verschweigen oder allenfalls in der Art der Fragestellung andeuten will. Denn es
Weitere Kostenlose Bücher