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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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für die Kimbern und ihre Brüder Siedlungsland und Städte verlangten. Marius fragte, wer denn ihre Brüder seien, und als sie erwiderten: »Die Teutonen«, sagte er: »Macht euch keine Sorgen um eure Brüder! Sie haben Land - es ist von uns geschenkt - und werden es für alle Zeiten haben.« Die Barbaren spürten den Hohn in seinen Worten und brachen in Schmähungen aus: Das würden sie ihm heimzahlen, die Kimbern gleich und die Teutonen später. »Aber sie sind ja schon da«, sagte Marius, »und es wäre unhöflich von mir, euch zu entlassen, bevor ihr eure Brüder begrüßt habt.« Er ließ einige Teutonenfürsten in Ketten vorführen.
    Die Kimbern brachen darauf die Unterredungen ab und rüsteten zur Schlacht. Marius aber blieb im Lager, wo er, wie es heißt, eine Neuerung an den Speeren einführen ließ. Bisher hatte man den Schaft mit zwei Eisennägeln befestigt. Marius ersetzte einen dieser Nägel durch einen Holzstift. Beim Aufprall auf den Schild des Gegners sollte der Stift brechen und der dünne Nagel sich krümmen; die umgebogene Speerspitze würde im Schild stecken, der hängende Schaft den Feind behindern.
    Einige Tage später kam es auf der Ebene von Vercellae zur Schlacht. Catulus verfügte über zwanzigtausenddreihundert Soldaten im Zentrum der römischen Schlachtlinie, Marius verteilte seine zweiunddreißigtausend Mann auf die Flügel. Das Fußvolk der Kimbern bildete ein regelmäßiges Viereck, dessen Seiten je dreißig Stadien maßen. Prächtig gerüstet, zogen ihre Reiter heran, fünfzehntausend an der Zahl. Ihre Helme glichen dem aufgesperrten Rachen reißender Tiere, darüber ragten Federbüsche, welche die hohen Gestalten noch mächtiger erscheinen ließen. Sie trugen Eisenpanzer, weiße Schilde, Wurflanzen und für den Nahkampf ein langes Schwert.
    Die Reiter wichen nach rechts aus und rückten langsam vor, wobei sie die Römer allmählich zwischen sich und ihrem Fußvolk einklemmten. Die römischen Feldherren durchschauten diese Tücke wohl, fanden aber nicht die Zeit, ihre Leute zurückzuhalten. Denn als einer schrie: »Die Feinde fliehen!«, stürzten alle hinter ihnen her. In diesem Augenblick wogte das Fußvolk der Kimbern heran.
    Als der Angriff einsetzte, erhob sich eine riesige Staubwolke und verhüllte alles. Marius und seine Legionen verfehlten im Vorrücken die Feinde, stürmten an ihrer Phalanx vorbei und irrten in der Ebene umher. Die Barbaren stießen auf Catulus und seine Truppen, so daß diese den entscheidenden Kampf zu bestehen hatten, ehe Marius und die Seinen dem Gegner in den Rücken fielen.
    Hinter den Flüchtenden her stießen die Römer bis zur Wagenburg vor. Dort standen die Frauen in schwarzen Gewändern und töteten die Fliehenden, auch wenn es der Gatte, Bruder oder Vater war. Sie erwürgten ihre Kinder und brachten sich dann selbst um. Männer legten sich die Schlinge um den Hals, banden sie an den Hörnern der Ochsen fest und reizten die Tiere mit dem Stachel, bis sie ihre Opfer zu Tode schleiften oder zertrampelten. Viele gingen so zugrunde; dennoch gerieten über sechzigtausend Menschen in Gefangenschaft. Die Zahl der Toten soll doppelt so groß gewesen sein.
    Nach dem Sieg zankten Marius und Catulus darum, wem der Sieg mehr zu verdanken sei. Sein früherer Sieg sorgte dafür, daß Marius die ganze Tat zugeschrieben wurde, das Volk pries ihn gar als dritten Gründer Roms. Man verlangte, er solle den Triumph allein feiern, doch triumphierte er mit Catulus zusammen. Der wichtigste Grund hierfür dürfte sein, daß Catulus‘ Hälfte des Heers wohl gemeutert haben würde, hätte man sie vom Triumph ausgeschlossen.
    Mit diesem Triumph aber endet, was vom Leben des Marius ohne Abscheu darzustellen ist. Er war ein Mann des Krieges und des Feldes; in der Stadt, in der Politik und im Frieden mußte er sich fühlen wie der Löwe unter Wasser oder der Karpfen an Land, und statt sich der Muße zu ergötzen, machte er die Stadt zur Wildnis, die Politik zum Schlachtfeld und den Frieden zum Krieg.
    Um sein sechstes Konsulat bemühte er sich wie andere kaum um das erste. Durch Schmeicheleien suchte er die Gunst der Menge. Wenn er aber vor der lärmenden Masse auftreten mußte, lähmte ihn der Ehrgeiz, mit dem er nicht umzugehen wußte, und während er im Kampf unerschütterliche Ruhe bewahrte, verlor er vor dem Volk leicht die Fassung. »Im Waffenlärm«, sagte er einmal, »konnte ich die Stimme des Gesetzes nicht hören.« Und da diese Stimme ihm laut widersprach,

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