Cäsar
rückte Marius wieder ins Feld. Schon auf dem Marsch stellte er harte Anforderungen an die Truppen, übte sie in verschiedenen Formen des Laufens und verlangte weite Dauermärsche. Er zwang die Soldaten, ihr Gepäck selbst zu tragen und sich das Essen selbst zu bereiten, so daß man auch später noch fleißige Leute, die schweigend ihre Pflicht taten, »marianische Maulesel« nannte.
Zunächst flutete der Strom der Barbaren nach Hispanien hinein, so daß Marius Zeit gewann, die Soldaten tüchtig zu machen. Nachdem sie sich an Disziplin und Gehorsam gewöhnt hatten, erschien ihnen seine finstere Strenge, seine Härte im Strafen heilsam, sein jäher Zorn, seine rauhe Stimme, sein wilder Blick flößten ihnen keine Furcht mehr ein. Am meisten jedoch gefiel ihnen die unparteiische Gerechtigkeit solcher Urteile:
Unter den Offizieren war sein Neffe Gaius Lusius, ein tüchtiger Mann, der eine Schwäche für schöne Knaben hatte. Lusius hatte sich in Trebonius verliebt, einen jungen Krieger seiner Kohorte, aber ohne Erfolg. Da ließ er ihn nachts zu sich rufen. Der junge Mann ging hin, denn gegen den Befehl gab es keinen Widerspruch, und er wurde ins Zelt geführt. Als ihm Lusius Gewalt tun wollte, zog er das Schwert und stieß ihn nieder. Marius stellte Trebonius vor ein Kriegsgericht, und keiner setzte sich für den Jüngling ein. Dieser aber trat vor die Richter, erzählte, was sich abgespielt hatte, und bekräftigte durch Zeugen, daß er Lusius‘ Annäherungsversuche trotz lokkender Versprechungen immer wieder abgewiesen habe. Da ließ Marius den Kranz herbeibringen, mit dem Heldentaten belohnt wurden, und setzte ihn Trebonius eigenhändig auf; zu einer Zeit, die so arm an Vorbildern sei, habe er eine tapfere Tat vollbracht.
Bis die Feinde wiederkehrten, verging einige Zeit, und Marius errang zum vierten Mal das Konsulat. Sein Amtskollege wurde Lutatius Catulus, ein in Adelskreisen geachteter Mann, den auch das Volk nicht haßte.
Inzwischen waren Nachrichten gekommen, daß die Feinde nahe seien, und Marius überquerte in Eilmärschen die Alpen. Am Rhodanus schlug er ein befestigtes Lager auf, in dem er gewaltige Vorräte anhäufte; denn nie sollte Mangel an Lebensmitteln ihn zwingen, den Kampf zu ungünstiger Zeit aufzunehmen.
Die Barbaren hatten sich in zwei Haufen geteilt. Die Kimbern wollten von Norden her durch Noricum gegen Catulus marschieren und dort den Zugang nach Italien erzwingen, die Teutonen und Ambronen sollten die Küste entlang durch das Gebiet der Ligurer gegen Marius ziehen. Der Zug der Kimbern rückte nur langsam vorwärts, die Teutonen und Ambronen jedoch brachen sogleich auf. In ungeheuren Scharen erschienen sie vor Marius‘ Lager. Mit Entsetzen sahen die Römer auf die schrecklichen Krieger, welche in einer Sprache lärmten, die sie noch nie vernommen hatten. Sie bedeckten einen großen Teil der Ebene, schlugen ihr Lager auf und forderten Marius zum Kampf.
Der aber kümmerte sich nicht um ihr Geschrei. Er hielt die Soldaten im Lager zurück. Den Offizieren sagte er, es gehe nicht darum, den eigenen Ehrgeiz mit Triumphen und Trophäen zu befriedigen, sondern Italien zu retten. Die Soldaten ließ er in kleinen Gruppen auf den Lagerwall treten und Ausschau halten. So gewöhnte er sie daran, die feindlichen Gestalten ruhig zu betrachten, ihre sonderbare Sprache zu ertragen, ihre Ausrüstung und Bewegungen kennenzulernen, so daß ihnen vertraut wurde, was zuvor furchtbar erschienen war.
Da Marius sich nicht rührte, versuchten die Teutonen das Lager zu stürmen, wurden aber zurückgeschlagen und beschlossen, zu den Alpen zu ziehen. Sie packten ihre Habe zusammen und machten sich auf den Weg. Jetzt erst konnten die Römer aus der Länge des Zuges und der Dauer des Vorbeimarsches ermessen, welchen Massen sie gegenüberstanden. Sechs Tage lang, heißt es, zogen die Germanen vorüber. Sie kamen dabei so nahe an den Wall, daß sie die Legionäre unter lautem Lachen fragen konnten, ob sie ihren Frauen daheim etwas zu bestellen hätten, denn bald würden sie bei ihnen sein.
Als die letzten Barbaren vorbeimarschiert waren, brach auch Marius auf und folgte. Er machte immer in ihrer Nähe halt, wählte feste Lagerplätze und schützte sie durch Schanzen. So gelangten die Heere nach Aquae Sextiae. Von da war es nicht mehr weit bis zum Fuß der Alpen, und darum wollte Marius hier die Schlacht schlagen. Er wählte für das Lager einen Platz, der leicht zu halten, aber nicht genügend mit Wasser
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