Cäsar
oberen Geschosses führte. Der Dichter zwinkerte Aurelius zu.
»Ich bin auch nutzlos.« Aurelius hob das Bein und deutete auf seinen hängenden Fuß. »Wie du weißt.«
»Ich brauche keinen Läufer.Wenn‘s zum Äußersten kommt, brauche ich aber jemanden, der sich mit der Ordnung im Lager und der Verteidigung einer, na ja, Festung auskennt.«
»Hast du keine guten Centurionen?«
Rutilius schnaubte leise. »Ich habe eine brauchbare Centurie, du weißt schon: altgediente Leute oder Männer, die mit leichten Verwundungen zum Lagerdienst gekommen sind. Zwei Centurionen. Und bis jetzt, wenn‘s viel ist, an die zwei Centurien neue Leute, denen ich ältere Soldaten als Centurionen geben muß. Jemand, der mir in der einen oder anderen Sache den Rücken freihält, wäre mehr als willkommen.«
»Ehe ich mich hier draußen von schweifenden Galliern zerstückeln lasse…«
Rutilius atmete hörbar auf. »Ich danke dir, mein Freund.«
»Wie stellst du dir das denn überhaupt vor?«
Rutilius starrte auf den Fluß. Weiter nördlich war hinter der Biegung, an der sich Stadt und Lager befanden, ein Teil der Brücke aus verankerten Kähnen und Planken zu sehen.
»Wir müssen, solange es nur geht, die Brücke halten«, sagte er. »Es gibt weiter oben Furten, und natürlich kann man mit Kähnen und Flößen übersetzen.«
»Hannibal und die Scipionen haben es gezeigt.«
»Das waren andere Zeiten. Jedenfalls dauert es länger. Das hier, die Straße, die Festung, die Brücke, kann mindestens zwei, drei Tage ausmachen. Und ein paar Tage können für den Krieg entscheidend sein. Nicht zu reden vom Schutz des Hinterlands hier unten.«
»Wenn dieser Vercingetorix nicht ganz dumm ist, versucht er bestimmt, die Verbindungen zwischen Caesar und den Legionen zu unterbrechen. Aber hier?«
Rutilius nickte. »Du hast recht; weiter westlich kann er leicht ans Meer vorstoßen und die Straßen kappen. Aber sobald er das getan hat, wird er eher uns hier angreifen, eine kleine Festung, als Narbo oder die großen Lager im Norden.«
»Hast du noch etwas über Cenabum gehört?«
»Nur die Bestätigung, daß es wirklich eingenommen wurde.«
Aurelius hatte den Ort vor Jahren gesehen, von außen, als sie in der Nähe ein Marschlager aufgeschlagen hatten. Er lag sozusagen im Herzen Galliens, am großen Fluß Liger und der Kreuzung mehrerer Handelswege, die von Süden nach Norden und von Osten nach Westen verliefen. Ein guter Platz, um Kenntnisse und Nachschub zu sammeln; genau das hatte Caesar dort getan. Tun wollen.
»Sie haben alle Römer umgebracht«, sagte Rutilius. »Auch Fufius Cita, der von dort aus die Getreideversorgung der Truppen geleitet hat.« Er schwieg einen Augenblick lang, hob dann den Becher und setzte hinzu: »Und die letzte Nachricht ist, daß die Häduer sich von den Grenzen in ihr Kernland zurückgezogen haben. Wir werden, fürchte ich, demnächst mit Flüchtlingen rechnen müssen. Laß uns auf abwesende Freunde trinken und auf alle, die ihnen bald folgen müssen. Wie auch immer der düstere Ort aussieht, wo sie sich jetzt aufhalten.«
Wenn die mit Rom verbündeten Häduer, bei denen Caesar Berater und Offiziere gelassen hatte, tatsächlich von den Grenzen zu Biturigern und Arvernern abgezogen waren, würde Vercingetorix ohne Gegenwehr zum Oberlauf des Rhodanus vorstoßen und den Fluß und die gut gangbaren Uferstraßen für seine Krieger nutzen können. Aurelius leerte den Becher und seufzte leise.
»Was beschwert dein Gemüt?« sagte Rutilius. »Außer dem, was offensichtlich ist?«
»Erstens wollte ich immer wissen, wie‘s weitergeht. Und zweitens wollte ich vor meinem Tod zehntausend Amphoren leeren. Hatte ich mir vorgenommen. Ich weiß nicht, ob ich das hier und jetzt noch schaffe.«
Rutilius klatschte in die Hände und brüllte nach Wein. Leiser sagte er: »Wir können es ja versuchen. Heute abend helfe ich dir; morgen? Wer weiß.«
Statt der erwarteten Flüchtlinge aus dem Norden erschienen drei Tage später Reiter aus dem Osten: Caesars Vorhut, ein paar Kundschafter sowie Boten, die nach kurzer Rast weiterritten. Die Kundschafter folgten ihnen langsamer; sie sollten den Fluß überqueren und dann nach Norden ausschweifen. Die übrigen Männer der Vorhut steckten in der Ebene nördlich des Orts ein Lager ab.
Am folgenden Mittag traf die Spitze der Marschkolonne ein. Caesar selbst kam ein paar Stunden später mit dem Hauptteil der neu ausgehobenen Truppen.
»Ich habe ihn nie getroffen.« Catullus
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