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Cäsar

Cäsar

Titel: Cäsar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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vorbei. Mit der Besessenheit ist auch der Drang geschwunden, darüber zu schreiben. Zu singen. Ich will sie nur noch vergessen.«
    »Vergiß sie doch, indem du über andere schreibst. Und anderes.«
    »Warum läßt du mich nicht einfach in Ruhe?«
    »Worüber sollen wir denn sonst reden - außer über Caesar und Verse?«
    Catullus grinste plötzlich. »Wie wär‘s damit: über Verse und Caesar?«
     
    Kurze Zeit hatte Aurelius angenommen, er höre deshalb nichts Neues über Caesar, weil er vielleicht am falschen Ort war. Massilia, vor Jahrhunderten als Massalia gegründet, gehörte nicht zu den Gebieten, für die Senat und Volk von Rom Zuständigkeit beanspruchten. Massilia und das Hinterland waren unabhängig, gewissermaßen; sofern man als römischer Bundesgenosse unabhängig sein konnte.
    An einem milden Spätwintertag verließen sie Massilia, fuhren mit einem Küstenfischer nach Westen und begaben sich am nächsten Morgen an Bord eines Flußkahns, der den marianischen Kanal nach Norden benutzte. Nach ereignisloser Fahrt erreichten sie Arelate; dort gab es eine römische Besatzung, die die Schiffsbrücke über den Rhodanus hütete. Aber auch der Befehlshaber des Lagers, Rutilius, wußte nichts Neues über Caesars Pläne.
    »Aus dem Norden«, sagte er, »kommen wilde Gerüchte. Angeblich haben sich sämtliche gallischen Fürsten darauf verständigt, gemeinsam gegen uns vorzugehen. Uns aus dem Land zu werfen.«
    »Tja«, sagte Catullus.
    »Was soll das heißen?«
    »Mit was haben sie sich verständigt? Mit Recht!«
    Rutilius lachte kurz. »Gehörst du zu Catos Anhängern? Die Caesar vor Gericht stellen wollen?«
    Catullus hob beide Hände. »Verschone mich mit Cato! Ich meine nur, wenn ich Gallier wäre, würde ich auch nicht gerade darum bitten, von uns erobert und besetzt zu werden.«
    »Mag sein. Aber wir fragen uns, wieso Caesar nicht längst aus Italien zurückgekommen ist.«
    »Wir wissen nichts Neues«, sagte Aurelius. »In Massilia haben wir nur gehört, was in Rom geschehen ist. Clodius, Milo und so weiter. Und Pompeius, natürlich. Wobei ich mich frage, warum - wenn es denn stimmt - ausgerechnet Cato, der gegen jede Minderung der Senatsherrschaft ist, Pompeius als alleinigen Konsul vorgeschlagen hat.«
    »Ha«, sagte Catullus. »Verschone mich abermals mit Cato, dem Faltenarsch, Sackgesicht und Unhold der Tugend. Aber warum Pompeius, das weiß ich. Cato bildet sich ein, wenn sie Pompeius die Macht übertragen, haben sie ihn noch ein wenig in der Hand. Wenn er sie selbst ergreift - er oder Caesar -, dann nicht. Aber was wissen wir sonst schon!«
    Ein bißchen mehr wußte Rutilius durchaus, aber erst seit dem Vortag, und wahrscheinlich wußte man das inzwischen auch in Massilia. Offenbar hatte der Senat beschlossen, alle neuen Soldaten in Italien gemeinsam den Waffeneid ablegen zu lassen - auf den Senat und damit auf Pompeius, den alleinigen Konsul. Daraufhin habe Caesar, wie es hieß, selbst mit dem Ausheben von Truppen und deren Vereidigung begonnen: Truppen, aufgestellt in Norditalien, die er teils dort zurücklassen, teils bald in Eilmärschen nach Gallien führen würde.
    »Er muß sich aber beeilen«, sagte Rutilius. »Und wir hoffen sehr, daß er das tut, sonst geht es uns an die Leber.« Aurelius hob die Brauen. »Euch? Hier unten?«
    »Wenn die Gallier nicht völlig umnachtet sind, werden sie schnell nach Süden vorstoßen. Zur Küste, irgendwo westlich von hier, zwischen dem Rhodanus und Narbo. Dann kann Caesar nicht zu seinen Legionen, in die Winterlager; er kann dann auch keine Boten mit Befehlen mehr schicken. Und ob er sich mit ein paar grünen Soldaten gegen einen Bund aller gallischen Krieger den Weg freihauen kann?«
     
    In Arelate gab es guten Wein. Es gab Lämmerbraten, den Catullus »vergnüglich« fand, und »mit Hilfe zufällig herumhängender Angeln klimmen schmackhafte Fische aus dem Rhodanus an Land, gleich auf unsere Tische. Warum, o mein Aurelius, sollten wir abreisen?«
    Aurelius wußte keinen Grund. Er sagte sich, sobald Caesar Entscheidungen fälle, werde man dies eher hier als in Massilia erfahren.
    Also blieben sie, aßen und tranken und wanderten durchs Hinterland. Catullus bestand darauf, gelegentlich von »zuchtlosen Maiden« begleitet zu werden; Aurelius, der zwischen zweierlei Arten der Schwermut schwankte - jener, die mit dem Abschied von Sasila, und jener, die mit dem immer unwirklicheren Traum namens Kalypso zusammenhing -, schloß sich ihm darin an, da er sich

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