Cäsar
vortreffliches Verfahren: sich unter fortgesetztem Abwehrkampf zu retten und so der Flucht das Schimpfliche zu nehmen.
Solange die Römer hofften, daß die Feinde, wenn sie ihre Pfeile verschossen hätten, den Kampf aufgeben oder sich zum Nahkampf stellen würden, hielten sie aus. Als sie aber sahen, daß viele mit Geschossen beladene Kamele bereitstanden, von denen die Feinde sich neu rüsteten, verlor Crassus, da er kein Ende sah, den Mut und schickte seinem Sohn den Befehl, er solle den Nahkampf erzwingen, bevor er eingeschlossen werde. Denn besonders ihm setzten die Feinde zu und suchten seinen Flügel zu umgehen, um ihm in den Rücken zu kommen. Der junge Crassus nahm also dreizehnhundert Reiter, unter denen sich die tausend von Caesar befanden, fünfhundert Bogenschützen und acht Kohorten der zunächst stehenden Schwerbewaffneten und führte sie zum Angriff. Die herumsprengenden Parther ritten davon. Crassus sprengte hinter ihnen her. Als jetzt die Reiter folgten, blieb auch das Fußvolk nicht zurück. Sie glaubten schon Sieger und Verfolger zu sein, als die scheinbar Fliehenden sich wieder umwandten und zugleich viele andere herzuströmten. Sie machten also hier halt in dem Glauben, die Feinde würden nun mit ihnen, die nur eine kleine Schar darstellten, den Nahkampf aufnehmen. Aber die stellten nur die Panzerreiter den Römern in der Front entgegen, die übrige Reiterei ließen sie um sie herumgaloppieren und auf dem sandigen Boden solche Staubwolken aufwirbeln, daß die Römer kaum noch hindurchsehen und sich durch Rufe verständigen konnten, sondern auf engem Raum zusammengedrängt immerfort von Schüssen getroffen wurden und starben, aber keinen schnellen Tod, sondern von Krämpfen und Schmerzen gequält sich mit den Geschossen in den Wunden herumwälzten und sie in ihnen zerbrachen, oder wenn sie die mit Widerhaken versehenen, durch Adern und Sehnen gedrungenen Spitzen mit Gewalt herauszuziehen versuchten, die Wunden noch weiter aufrissen und sich noch übler zurichteten.
So vollzog sich der Untergang des großen Heeres, der mit des Crassus Hochmut und Leichtsinn begann und durch den Marsch in die Wüste unabwendbar wurde. Bis zum Einbruch der Nacht kämpften die Soldaten heldenhaft und ohne jede Hoffnung. Crassus und sein Sohn fielen, und mit ihnen etwa zwanzigtausend. Weitere zehntausend gerieten in Gefangenschaft; die übrigen konnten Cassius und einige andere Offiziere im Schutz der Dunkelheit nach Karrhai bringen. In der Folgezeit gelang es ihnen und aufgebotenen Verstärkungen unter der Führung des Cassius, Syrien gegen die nachdrängenden Parther zu halten.
V.
DER WEG ZUM RUBICO
Abends kam Hirtius vorbei. Die Sonne war schon gesunken, aber es war immer noch heiß; durch die nach Nordwesten blickende Öffnung des Zelts kam nichts, was auch nur den Namen Hauch verdient hätte.
»Warum hockt ihr hier drin statt draußen?« sagte er zur Begrüßung.
»Draußen ist es noch heißer.« Orgetorix deutete auf den mit einem feuchten Tuch umwickelten Tonkrug. »Ein dünnes Bier, damit du schneller umfällst?«
»Warum nicht? Ich werde heute nicht mehr gebraucht.« Orgetorix goß einen Becher voll und füllte für sich und Aurelius nach. »Etwas Neues?«
Hirtius ließ sich auf einen Holzklotz sinken und trank.
»Na ja«, sagte er. »Schlechter als Wein, aber besser als nichts. Bald gibt‘s Nachschub.«
»Mutmaßung oder Gewißheit?« sagte Aurelius.
»Gewißheit. Heute kam ein Vortrupp. Der Nachschubzug müßte morgen eintreffen. Mit Wein und Geld und Getreide.« Orgetorix pfiff leise durch die Zähne. »Geld? Dann könnt ihr mich ja auszahlen.«
»Und dann? Was willst du mit dem Geld machen?«
Der Gallier verzog das Gesicht. »Wenn ich das wüßte… Reisen vielleicht. Mein Volk wird mich nicht freudig aufnehmen schätze ich. Da müßte ich immer das Bett nach Schlangen und die Nacht nach Dolchen absuchen.«
»Und du?«
Aurelius kniff die Augen zusammen. »Hat er etwas gesagt was ich noch nicht weiß?«
Hirtius grinste. »Der Häuptling wartet auf Nachrichten aus Rom. Was der Vortrupp mitgebracht hat, war nur ein Haufen wirrer Gerüchte. Erst wenn er weiß, wie die Dinge stehen, wird er Entscheidungen fällen.«
»Erst wenn er Entscheidungen gefällt hat, weiß ich, was ich tun soll.«
Hirtius zögerte einen Augenblick; dann sagte er: »Deshalb komme ich ja zu euch.«
»Und ich dachte, es wäre die reine Wanderlust, die dich über die Ebene von Alesia treibt.«
Plötzlich kam
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