Cäsars Druide
Händler schwiegen. Verärgert griff der Altmetallhändler zu einem Stück Fleisch und ließ sich den Becher nachfüllen. Piso suchte das vertrauliche Gespräch mit C. Fufius Cita, Cäsars privatem Getreideversorger, während sich Silvanus an Ventidius Bassus wandte und sich nach den Preisen für Handmühlen erkundigte. Ich war froh, daß die Diskussion ums Gold vorläufig beendet war. Aber ich machte mir keine Illusionen. Das Thema Gold ist nie beendet. Jedes Gold, das einmal geraubt worden ist, wird wieder geraubt.
Ich setzte mich zu Kretos. »Bist du unterwegs in den Norden oder auf dem Rückweg nach Massilia?« Beim Wort ›Massilia‹ bebte meine Stimme, denn so nahe war ich meinem Ziel noch nie gekommen. Kretos lächelte. Er kannte meine Träume. »Tut mir leid, Korisios, ich bin unterwegs in den Norden. Ich werde mit Ariovist Handel treiben. Dann werde ich über Gallien nach Massilia zurückkehren.«
»Es ist seine letzte Reise in Gallien«, spottete der Kerl mit der Knollennase, »denn wenn Cäsar Gallien erobert, brauchen wir die Griechen aus Massilia nicht mehr. Dann übernimmt Rom die Handelsrouten in den Norden und zu den britischen Zinninseln.«
»Hast du denn jemals einen Germanen gesehen?« schrie Kretos. »Ich prophezeie euch, daß ihr wie kreischende Weiber auseinanderstieben werdet! Nicht wahr, Korisios?«
Die Runde war etwas stiller geworden. Alle Augen ruhten auf Wanda; sie musterten sie wie Vieh auf dem Fleischmarkt. Wanda widerstand ihren Blicken, stolz und spöttisch. Und dann sagte sie: »So reden Hühner, wenn sie über den Wolf reden.« Mahes Titianos lachte laut auf, während Piso grinste und der Kerl mit der Knollennase rot anlief.
Plötzlich stürzte ein römischer Centurio in unser Zelt und schrie: »Cäsars Vorhut ist da!« Silvanus sprang sogleich hoch und rannte hinaus.
Auch der Schrotthändler, dessen Name ich mir nicht merken wollte, eilte hinaus und nahm zum Glück all die Händler mit, die die ganze Zeit über seinen Sprüchen lauthals applaudiert hatten. Nur C. Fufius Cita bedankte sich höflich für die Gastfreundschaft, bevor er uns verließ.
Piso ließ sich Wein nachschenken und setzte sich dann mit einer versöhnlichen Geste neben mich. »Siehst du, Korisios, das sind die Hyänen Roms.« Den Spruch hatte ich schon mal gehört. »Diese Händler folgen den römischen Legionen wie die Aasfresser den Nomaden. Sie versorgen die römischen Legionäre mit allem, was sie brauchen. Und sie kaufen ihnen all den Plunder ab, den sie mit Cäsars Erlaubnis plündern. Und wenn er die Helvetier besiegt und versklavt, dürften seine Soldaten gegen hunderttausend Sklaven erhalten. Und was sollen sie damit anfangen? Die Händler werden sie ihnen abkaufen und sie mit ihren Privatarmeen nach Rom bringen.« Er grinste zu Wanda rüber. »Bei den Frauen dauert es etwas länger. Aber wie auch immer – es gibt für einen Händler kein besseres Geschäft, als einem römischen Heer zu folgen. Die Händler sind genauso wichtig wie die Nutten, die du am Rande der Zeltlager finden wirst. Alexia ist übrigens die beste. Noch besser als Julia. Sag ihr, daß ich dich geschickt habe, dann macht sie's umsonst.« Piso versuchte aufzustehen. Nach dem zweiten Anlauf gelang es ihm sogar. Wankend wie ein benommener Krieger suchte er den Ausgang. Während er seinen Blähungen einen geräuschvollen Abgang erlaubte, bahnte er sich einen Weg auf dem mit Knochen, Fischgräten, Traubenstielen, Salatblättern und anderen Speiseresten übersäten Zeltboden. Ein Festmahl für Lucia!
Kretos ließ sich nochmals Wein nachschenken und griff nach einem Stück Fleisch. »Nimm's nicht persönlich, Korisios, Geschäft ist Geschäft. Wenn du willst, nehm ich dich auf dem Rückweg nach Massilia mit. Du kannst schreiben und lesen und beherrschst viele Sprachen. Du bist gescheit und kannst rechnen. Ich könnte einen wie dich gebrauchen. Selbst gebildete griechische Sklaven können da nicht mithalten.« Er schaute wieder zu Lucia runter und schüttelte schwach den Kopf, als könne er nicht begreifen, wie man einen dreifarbig gefleckten Hund schön finden konnte. Jetzt, wo Massilia in Reichweite lag, war ich wieder unschlüssig. Etwas hilflos schaute ich Wanda an. Sie lächelte und zeigte ihre schönen Zähne. Kretos wertete mein Zögern als Desinteresse.
»Korisios, wenn du dich bewährst – und daran zweifle ich keinen Augenblick –, würde ich sogar dafür sorgen, daß du Bürger von Massilia wirst.« Ich warf ihm einen
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