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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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entdecken, und auch von Monroe weit und breit keine Spur. Niemand war ganz sicher, dass sich keiner mehr im brennenden Varieté befand. Es war ein beklemmendes Gefühl, mitanzusehen, wie es der Feuerwehr einfach nicht gelingen wollte, den Brand einzudämmen. Schon drohte er, aufs Nachbarhaus überzuspringen. Dessen Bewohner verfielen sogleich in Panik und konnten nur mühsam davon abgehalten werden, anstatt ihr Hab und Gut aus dem gefährdeten Gebäude zu schaffen, sich selbst in Sicherheit zu bringen.
    „Mein Gott.“ Die samtige Stimme, die unvermittelt an Maxims Ohr drang, ließ ihn tief, erleichtert aufatmen. Augenblicklich ging es ihm besser. Er fühlte sich weniger verloren, fast geborgen inmitten des entsetzten Chaos um ihn herum. Vida war in Siskos Begleitung zu ihnen getreten, und nahm auf geheimnisvolle Weise der Katastrophe ihren lähmenden Schrecken. „Wie ist das passiert?“
    Rufus zuckte die Achseln. „Sie wissen es noch nicht. Vermutlich ein Kabelbrand.“
    Vida nickte und blickte wie die anderen ins lodernde Feuer. Maxim sah sie an, sah den hellen Schein auf ihrem Gesicht und fühlte, wie sich schlagartig, hilflos vor Sehnsucht sein Herz zusammenkrampfte. In den grünen Augen, welche die Flammen widerspiegelten, zeigte sich in diesem Moment nicht Vida, auch nicht der unantastbare Monroe, sondern der Mensch, der sich dahinter verbarg. Betroffen und angesichts der Katastrophe ebenso hilflos, wie alle anderen.
    Gemeinsam mit Donna kam endlich auch Nona angelaufen. Maxim konnte fast mitspüren, wie sich Rufus zu seiner Rechten entspannte. Glücklicherweise hatte es heute Abend keine Vorstellung gegeben. Das Ensemble war dabei, ein neues Programm einzustudieren. Nona hielt sich nach Luft schnappend die Seite. Als sie Vida neben Maxim entdeckte, runzelte sie die Stirn. Die lodernden Flammen und das Brummen der Löschpumpen schienen sie sofort nicht mehr zu interessieren. Sie trat an Vida heran.
    „Du warst wie vom Erdboden verschluckt und ich ... Wir müssen reden.“ Nona versuchte durch Gestik, Vida dazu zu bewegen, mit ihr zu kommen, fort von den anderen. Doch Vida blieb regungslos.
    „Gut. Reden wir.“
    Nona seufzte tief. „Bitte. Nicht hier, nicht so. Keine Spielchen mehr, Dean.“
    Vidas Begleitung und einige Umstehende wandten erstaunt den Kopf und starrten sie an. Niemand redete Vida jemals mit Monroes Namen an. Es war eine Art unausgesprochenes Tabu.
    „Was?“, fragte die Sängerin gereizt in die Runde. Sie sah zutiefst unglücklich aus. Der verwundete Ausdruck auf ihrem Gesicht war schmerzhaft anzusehen. Maxim sah weg, als sie sich an die Freunde wandte. „Wie lange wollt ihr diesen Unsinn noch mitmachen? Das ist nicht gut, nicht gesund, kapiert ihr das nicht?“
    Sie wandte sich wieder Vida zu, inständig bittend, nahezu flehend. „Du musst endlich damit aufhören, Dean. Es frisst dich auf. Vida frisst dich auf. Siehst du das denn nicht?“
    Es schien plötzlich merkwürdig still um die Gruppe herum, und Maxim erkannte, dass alle Umstehenden neugierig zu ihnen herübergafften. Tränen traten in Nonas Augen. Alle, selbst Rufus, wichen unbehaglich ihrem Blick aus, als sie sie ansah. „Und ihr unterstützt das noch! Für euch ist das nur ein großer Spaß, nicht wahr? Wisst ihr überhaupt, was ihr damit anrichtet? Man kann doch nicht zwei Leben leben! Man kann doch nicht zwei Menschen sein!“
    Die Umstehenden wandten sich ab und taten, als hätten sie nichts gehört. Plötzlich war das Feuer wieder interessant. Nur Rufus machte einen Schritt auf Nona zu und eine besänftigende Geste. „Nona ...“
    Die blonde Sängerin wich zurück und schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde diesen Irrsinn nicht länger unterstützen!“ Sie atmete tief durch, dann blickte sie Vida durchdringend an. In ihren Augen schimmerten Tränen. „Na schön, du willst es dir leicht machen. Du gehst mir lieber aus dem Weg.“ Sie war bemüht, Fassung zu bewahren, doch ihre Stimme klang zitterig und klein. „Weißt du, es ist keine Stärke, keine Gefühle zuzulassen. Im Gegenteil.“ Sie wandte sich ab und lief davon.
    Rufus und Maxim standen da wie begossene Pudel, während Nonas heftige Worte in der Luft zu schweben schienen. Maxim konnte Rufus ansehen, wie gerne er Nona gefolgt wäre, doch es war klar, dass sie es vorzog, jetzt für sich zu sein. Noch als sie ihr nachsahen, einer zierlichen Gestalt, die in Richtung des Cafés flüchtete, verloren und allein, brandete plötzlich Jubel in der Menge auf.

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