Café der Nacht (German Edition)
Offenbar hatte die Feuerwehr den Brand endlich unter Kontrolle gebracht. Es roch eindringlich nach feuchtem Ruß, nur noch wenige Flammen widersetzten sich den mächtigen Wasserstrahlen. Man fiel sich freudig in die Arme, andere riefen ein Hoch auf den tapferen Löschtrupp. Hummelig schnäuzte sich so inbrünstig, dass die Umstehenden erschrocken zusammenfuhren und dann in Gelächter ausbrachen.
„Für die Proben steht euch während der Renovierungsdauer natürlich das Café zur Verfügung“, verkündete Dela Hummeligs Leuten. „Und auf den Schrecken hin geht heute Abend alles auf mich!“
Erneut wurde lauthals gejubelt. Die Ersten machten sich sogleich in Richtung Café auf. Rufus lief sofort los, um noch vor den Gästen dort zu sein. Auch Maxim wollte sich beeilen. Als er sich nach Vida umsah, um ihr das mitzuteilen, merkte er verblüfft, dass sie verschwunden war.
Löwenherz
Hummelig war unbändig erleichtert, als sich wenige Tage nach der Brandnacht herausstellte, dass der Schaden doch geringer ausgefallen war, als zunächst vermutet. Trotzdem würde es eine lange Zeit dauern, die Hummel in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. So kamen die Mitarbeiter des Cafés tagsüber in den Genuss, im Kellergewölbe die Künstler und Artisten beim Proben bestaunen zu können. Manuel „Manni“ Marino, der Magier, dessen bürgerlicher Name Florian Pscherlhuber war, bat Maxim hin und wieder, für seine erkältete Assistentin einzuspringen. Durch seine knabenhafte Figur schien Maxim wie geschaffen für das Zauberhandwerk zu sein. Es machte ihm unglaublichen Spaß, die andere Seite der Trickkiste kennenzulernen. Sollte er je von der Arbeit im Café der Nacht genug haben, so würde ihn jeder Zirkus mit Kusshand nehmen, bescheinigte ihm Manni. Doch bei dem bloßen Gedanken, vom Publikum begafft zu werden, drehte sich Maxim der Magen um.
Sie hatten einen ungewöhnlich trockenen, heißen Frühsommer. Niemand wollte mehr seine Zeit im Haus verbringen und flüchtete in Biergärten, Parks und Münchens voralpine Umgebung, wann immer sich die Gelegenheit bot. Die Tage flossen gemächlich dahin, ein ruhiger, träger Strom. Zum allgemeinen Erstaunen wurden Kiki und Donna, in ihren Temperamenten so grundverschieden, ein Paar. Seit im Café geprobt wurde, sah man die beiden jungen Künstlerinnen immer öfter zusammen. Auf einmal hatte Donna diese merkwürdigen Anwandlungen von Freundlichkeit, die jedem, der sie kannte, zunächst nicht ganz geheuer waren. Doch schon bald ließ sich das verliebte Strahlen der Augen beider nicht mehr übersehen, und die Neuigkeit verbreitete sich rasant.
Nona dagegen litt grausam unter ihrem tief verletzten Herzen. Am Nachmittag nach dem Brand hatte Maxim sie im Flur heftige Worte mit Monroe wechseln hören, die damit endeten, dass Nona in Tränen aufgelöst davonrannte, und bis zum Abend nicht mehr gesehen wurde. Von da an zeigte sie Monroe demonstrativ die kalte Schulter, was sicher effektiv gewesen wäre, wenn ihn dies auch nur im Ansatz interessiert hätte. All die kleinen Dinge, die sie heimlich für ihn erledigt hatte, blieben nun liegen. Vielleicht hoffte Nona anfangs noch, sie könnte Monroe dadurch irgendwie zermürben. Als könnte sie ihn zwingen, ihre Gefühle zu erwidern. Doch er war noch nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, und es schien, als wolle er das jetzt besonders stichfest unter Beweis stellen. Manchmal ertappte Maxim Nona noch dabei, wie sie Monroe aus sicherer Entfernung mit starrem Blick und unbeweglicher Miene beobachtete. Eine Traurigkeit in den Augen, die ihrem fröhlichen Wesen zuvor fremd gewesen war. Es war, als ob der Schmerz, den sie empfand, den Lack über ihrer früheren Unbekümmertheit hätte abblättern lassen. Dann kam der Tag, an dem Nona aufgab. Man konnte es in ihrem Gesicht lesen, an der Leere in ihrem Blick. Sie hatte ihren leuchtenden Glanz verloren, ließ sich gehen und zog sich mehr und mehr zurück.
Rufus fiel es sichtlich schwer, die hübsche Sängerin so gebrochen zu sehen. Dennoch blieb er zurückhaltend wie immer. Maxim sah, wie nachdrücklich Rufus seine Gefühle unterdrückte, doch er sprach ihn niemals darauf an.
Monroe trieb für eine Weile in fremden Jagdgefilden sein Unwesen, tauchte mit seiner Meute abends nur selten im Café der Nacht auf. Vida ließ sich lange nicht blicken. Maxim befürchtete sogar, dass Nonas harte Worte gefruchtet hatten. Er brauchte Vida. Brauchte seine Freundin, seine Vertraute. Ihm wurde ganz anders bei dem
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