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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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schnell verabschiedet hatte, stiegen Maxim und Vida gemeinsam die Treppe hinauf. In Delas Etage folgte er Vida zu ihrer Zimmertür und sah sie abwartend an. Sie erwiderte den Blick erstaunt. „Gibt es noch etwas?“
    „Ich kann verstehen, dass du Lise loswerden wolltest, aber musstest du so über ihn sprechen?“
    Sie sah ihn für einen Moment lang verblüfft an, dann schmunzelte sie leicht. „Maxim ...“
    „Ich finde das gar nicht gut, das wollte ich dir unbedingt sagen. Erstens macht es keinen Sinn, und zweitens ist es gar nicht wahr. Monroe ist nicht wirklich so, wie du ihn dargestellt hast.“
    „Nein?“ Vida lächelte leicht, ein mysteriöses Lächeln. Maxims Herz klopfte wild. Dieses Lächeln war verwirrend, und schlichtweg unglaublich sexy. „Und was befähigt dich zu dieser Aussage?“
    „Du“, erwiderte er schlicht.
    Vida wurde ernst. Die Hand auf der Türklinke betrachtete sie ihn lange, als ob sie überlegen würde, was sie darauf sagen sollte. Sie schien seltsam beunruhigt über seine Antwort. „Das ist ein Spiel, Maxim, das weißt du doch?“, meinte sie schließlich leise. „Wir schlüpfen alle gerne in die Rolle eines Menschen, der wir sein wollen. Aber das heißt nicht, dass wir so auch sind.“
    Maxim schüttelte den Kopf. „Gerade das, was du sein möchtest, sagt mir, wer du wirklich bist.“ Ein Augenblick heftigen Herzklopfens verstrich in Schweigen.
    „Du täuschst dich“, meinte sie dann eindringlich.
    „Tue ich das?“
    Vida sah weg und öffnete die Tür.
    „Vida, warte ...“
    Sie blickte ihn kurz an, eine seltsame Traurigkeit in den Augen. „Nicht“, sagte sie nur leise. Dann verschwand sie im Inneren des Raumes und schloss die Tür fest hinter sich.

Die Wahrheit über Claire
     
    Zeit verstrich eilend, und der Hochsommer hängte seine Hitze bleiern über die Gassen des alten Viertels. Schon rollten die Theaterferien der großen Häuser heran. Eine Zeit der Abschiede begann, denn nicht wenige Stammgäste hatten andernorts Engagements ergattert und zogen nun weiter. Nona hatte für die Ferienzeit einen Job als Barsängerin in einem teuren Alpenhotel bekommen und würde bald abreisen. Mit all den Aufbrüchen und Umbrüchen wurde es erst eine Weile hektisch im Café der Nacht, dann ungewohnt ruhig. Die träge Sommerzeit schlug sich im geschrumpften Umfang der Getränkelieferungen nieder. An manchen Abenden schloss das Haus schon vor Mitternacht, weil nichts mehr los war. Monroe und seine Meute zogen es zumeist vor, anderswo zu feiern.
    Dela gab ihr jährliches Sommerfest, zu dem die ganze Sterntalergasse eingeladen war. Bereits die ganze Woche wurde in der Pension über nichts anderes gesprochen. Alle halfen bei den Vorbereitungen. Donna hatte zum Entsetzen aller beschlossen, dass sie einen Kuchen backen würde. Sie produzierte ein steinhartes, halbverkohltes Etwas, das, wie Monroe trocken bemerkte, man sicher wunderbar als Türstopper würde einsetzen können.
    Als der große Tag endlich da war, wurde der Platz vor dem Café der Nacht mit lustigen Bändern und Girlanden geschmückt. Nona hatte aus alten Gurkengläsern bunt bemalte Windlichter gezaubert, die sie auf den Tischen verteilten. Hummelig hatte eine kleine improvisierte Bühne unter der Kastanie aufbauen lassen und eine Überraschungs-Show für Dela organisiert, an der sich so viele Künstler beteiligten, dass sie den ganzen Abend andauerte. Musik, Tanz, gefühlvolle Ständchen, spitzbübische Sketche und kleine Kabaretteinlagen gepaart mit gutem Essen und bedenklichen Alkoholmengen steigerten die allgemeine Stimmung kontinuierlich. Alle waren gutgelaunt und ausgelassen wie lange nicht.
    Nach Ende der Show begannen einige Musiker langsamen Jazz zu spielen, der durch die offene Haustür zur Theke des oberen Gastraumes drang. Nona summte die Melodien mit und wiegte sich leicht zur Musik, während sie neben Maxim Gläser abtrocknete. Sie trug ein hellblaues Seidenkleid, in dem sie einfach wunderschön aussah.
    Endlich schien sie völlig über den Liebeskummer mit Monroe hinweg und bereit, das Leben wieder zu genießen. Den ganzen Abend hatten Männer sie wie Bienen umschwärmt. Die Blicke, mit denen Rufus sie ansah, wenn sie es nicht merkte, waren Maxim nicht entgangen. Auch jetzt drückte sich Rufus am anderen Ende der Theke herum. Als die ersten Klänge von I've Got You Under My Skin ertönten, legte Nona die Hand aufs Herz und seufzte wohlig. Sie legte das Spültuch weg und streckte Maxim die Hände entgegen.

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