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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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Maler etwas erwidern konnte, hatte sie ihm das Heft weggeschnappt und zu sich herübergezogen. Nun konnte auch Maxim hineinsehen. Was er erblickte, war der zweiseitige Bericht über einen aufstrebenden, in Österreich lebenden Künstler. Die rechte Seite wurde fast gänzlich von der Reproduktion eines Gemäldes des Malers eingenommen. Darunter stand winzig der Titel des Bildes: Die Wahrheit über Claire .
    Es war das Portrait einer bildschönen Frau. Es war modern und zugleich meisterhaft zeitlos. Sie war jung, wohl kaum zwanzig, und blickte auf dem Rücken liegend dem Betrachter ins Gesicht. Erschreckend blass, mit feurigem Haar, das feucht zu sein schien. Einige Herbstblätter hatten sich in ihren Locken verfangen. Und während Maxim sie so ansah, war er schlagartig gefesselt vom starren, hypnotischen Blick dieser leeren, glanzlosen Augen, die ihn direkt anzublicken schienen. Es war ein höchst beunruhigendes Gefühl. Etwas an ihr war anklagend, fordernd, unheimlich.
    „Sie ist tot“, entwich es ihm tonlos. „Das ist das Abbild einer Toten.“
    Marilla nickte. „Hier steht, dass sie eine Freundin von ihm war, die vergewaltigt und ermordet wurde. Er musste sie identifizieren – wie schrecklich!“
    Tief beeindruckt starrte Maxim weiter das Gemälde an. „Es ist, als würden ihre Augen sprechen. Unglaublich.“
    „Gruselig ist das. Und wahrhaftig.“
    Fidelikus seufzte leicht. „Man könnte sich in der Isar ersäufen.“
    Maxim blickte ihn entsetzt an. „Wieso das denn?“
    „Junge, irgendwann schaut man auf sein Leben zurück und sieht, dass man ein alter Sack ist. Man hat geackert wie ein Gaul, um es zu etwas zu bringen. Und dann kommt so ein junger Spund. Ja, sieh es dir gut an. Das ist Genie.“
    Unbehaglich tauschten Marilla und Maxim einen Blick. „Aber ich liebe deine Bilder“, meinte Maxim.
    Der Alte lachte rau und tätschelte seinen Arm. Er schob seine Kapitänsmütze zurück, kratzte sich am Kopf, stand auf und schlurfte davon. Die beiden Verbliebenen sahen ihm betreten nach. Marilla hob die buschigen Augenbrauen. „Tragisch, das mit ihm. Heute ist sein Stil einfach nicht mehr gefragt.“
    „Ich mag, was er malt“, beharrte Maxim.
    „Schön und gut. Aber davon kann er sich nichts kaufen.“ Sie linste auf das Magazin hinab. „Und wirklich. Selbst, wenn er seinen Stil ändern würde. Das hier ... Sieh doch nur. Das ist fantastisch.“
     Sie wandten sich erneut der Art:Ist zu, in der noch zwei Bilder klein abgebildet waren. Viel zu klein für solch große Kunst, doch klar genug, um ihr recht zu geben. Man musste kein Fachmann sein, um zu begreifen, dass dieser junge Mann in einer völlig anderen Liga malte. Seine Pinselführung war sensibel und kraftvoll zugleich. Sein Stil unverwechselbar. Maxim hätte die Abbildungen stundenlang betrachten, darin versinken wollen. Sie waren schmerzhaft schön, als würden sie ihm direkt in die Seele fahren. Er überflog gemeinsam mit der Bildhauerin den Artikel. Ein winziges Foto des Künstlers zeigte einen hübschen Mann mit blondem Haar, weichem Mund und klaren, blauen Augen. Er war jünger, als Maxim erwartet hatte, vielleicht Mitte zwanzig. Das machte sein Können noch weitaus erstaunlicher.
    „Ariel Van Draven“, las er laut. Ein plötzliches Geräusch, ein Erstaunenslaut hinter ihm ließ ihn zusammenzucken. Er sah über die Schulter und erblickte Dela. Er hatte nicht bemerkt, dass sie sich im Gastraum befand. Sie sah aus, wie vom Donner gerührt.
    „Was hast du gerade gesagt?“
    „Ariel Van Draven. Das ist der Name von dem Maler hier. Schau.“ Maxim war fast erschrocken über den Blick in ihren Augen.
    Dela nahm das Magazin und starrte es an. Ihre Finger begannen zu zittern, ließen die Seiten beben. „Mein Gott.“ Sie war kalkweiß geworden, wirkte geschockt. „Ariel“, hauchte sie tonlos.
    „Dela, was ist mit dir?“, fragte das Kätzchen beunruhigt. In die Gäste war Bewegung gekommen. Viele standen auf und näherten sich neugierig dem Tisch. Maxim sah sich kurz um, als Monroe mit Apollonia hereinkam. Sie nahmen kaum Notiz von der Versammlung und wandten sich in Richtung Hausflur.
    Dela presste die zarte Hand auf ihren Mund. Sie strich mit dem Finger zärtlich über das winzige Foto. „Ja, das ist Ariel.“
    Der Name Ariel Van Draven rann mittlerweile wie ein Raunen durch den Raum. Monroe blieb ruckartig stehen, als er ihn vernahm. Sein ganzer Körper spannte sich an. Er drehte sich langsam zu Dela um.
    „Ariel? Woher kennst du

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