Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
Vom Netzwerk:
empfand.
    Maxim seufzte unwillig. „Warum glauben immer alle, dass ich Hilfe brauche?“
    „Du hast so etwas von einem verlorenen Hundebaby.“ Rufus grinste.
    Maxim verzog entsetzt das Gesicht. „Das ist ja grauenvoll. Denken das wirklich alle?“
    „Sicher. Ich we iß das, denn ich bin Hellseher.“
    „Eins bist du wirklich, nämlich keine große Hilfe.“
    „Na, du willst doch keine!“
    Maxim musste lachen. Rufus nahm das Buch wieder auf und vertiefte sich in seine Lektüre. Maxim jedoch blickte stirnrunzelnd auf die Dächer jenseits der Kastanie. Es gab viele Gründe, weshalb er mit niemandem zusammen war. Den wichtigsten jedoch wollte er sich selbst nicht eingestehen.
    „ Nessun dorma! Nessun dorma!“, schmetterte der Tenor über den Platz, ordentlich Turandot-Schmelz in der Stimme. Im Raum unter dem Sänger wurde ruckartig der Roll-Laden hochgezogen. Ein übernächtiges Gesicht erschien erbost am Fenster und rief hinauf: „ Nessun dorma ? Wie sollte man hier auch schlafen können, du Heulboje!“
    Maxim und Rufus blickten sich an und lachten schallend.
     
    * * *
     
    Solch weites, frisches Grün hatte ihm gefehlt. Mitten in Münchens rastlosem Herzen war der Englische Garten eine Oase der Natur. Auf den Wiesen tobten Eltern mit ihren Kindern, spontane Fußballspiele wurden mitten in der Flur ausgetragen. Es war ein fast schon feriengelassener Tag. Hier konnte man tief Luft holen, die Lungen weiten, frei atmen. Die Umgebung ließ Maxim fast vergessen, wie unzufrieden mit der Situation er aufgebrochen war, denn der kleine Picknickkorb lag ihm etwas zu schwer in der Hand. Er hatte gehofft, den Nachmittag mit Vida alleine verbringen zu können. Lange schon hatte er die Zweisamkeit mit ihr vermisst. Doch Lise Lohre, aschblond, groß, ein wenig naiv, und ein bisschen zu anhänglich, hatte sich kurzfristig selbst dazu eingeladen, sich ihnen anzuschließen. Die Schauspielschülerin frequentierte erst seit Kurzem das Café der Nacht. Maxim hatte ihr bauernschlaues Spiel durchschaut: Sie hatte sich in Monroe verguckt und versuchte nun, sich über Vida bei ihm einzuschmeicheln. Das war im Grunde nicht mal der schlechteste Plan. Maxim musste gestehen, das stank ihm gewaltig.
    Unter einem prachtvollen Bild von einem Baum, wie ihn nur Caspar David Friedrich hätte malen können, ließen sie sich zum Picknick nieder. Die Wiese fiel sanft ab, unten zogen Fußgänger vorbei und blickten zu ihnen hinauf. Lise plapperte unaufhörlich davon, wie aufregend sie das glitzernde Münchner Großstadtleben fand. Vida, die sich auf der Decke entspannt gegen den breiten Baumstamm gelehnt hatte, zog die Schuhe aus und wippte mit den Füßen. Maxim saß im Schneidersitz neben ihr und ließ sich eine Handvoll saftiger Weintrauben schmecken.
    „Du, Vida“, setzte Lise schließlich nach langem Herumreden an, „kann ich dich etwas fragen?“
    „Mhm“, antwortete Vida lediglich vage. Sie kramte nach ihrer Sonnenbrille.
    Lise, die bäuchlings vor ihnen lag, zupfte nervös Grashalme aus. „Nur theoretisch. Wenn ich zum Beispiel Monroe fragen würde, ob er mit mir ausgeht ...“
    Vida hatte die Brille gefunden und putzte die dunklen Gläser mit einem Taschentuch. Das Silbermedaillon, das sie stets um ihren Hals trug, blinkte im Licht.
    „ ... glaubst du, er würde es tun?“
    „Warum fragst du ihn nicht einfach, dann weißt du es“, schaltete Maxim sich schnippisch ein. Er hatte genug davon, dass seine Vida als bloße Kupplerin missbraucht wurde.
    Lise ignorierte das geflissentlich. „Ich meine, du weißt doch ... welche Art von Frauen er mag?“
    „Süße, das schlag dir besser aus dem Kopf.“ Vidas samtweiche Stimme klang ganz wie eh und je. Doch der unterschwellig warnende Ton ließ sich nicht überhören.
    Lise suchte verwirrt ihren Blick. „Rätst du mir etwa davon ab?“
    „Unbedingt. Er hat keinen Respekt vor Frauen – vor irgendjemandem. Wenn du nur deinen Spaß haben willst, schön und gut. Aber wenn es dir ernst ist ...“ Vida schüttelte leichthin den Kopf. „Such dir besser jemanden, der dich auch zu würdigen weiß.“
    Lise schluckte schwer. Gerade, weil die Abfuhr ihr um die Ecke erteilt wurde, schien sie davon umso heftiger getroffen. Für einen Moment tat sie Maxim beinahe leid. Um die unangenehme Stille zu vertreiben, wechselten sie das Thema und unterhielten sich erneut über belanglose Dinge. Der Nachmittag flatterte schmetterlingsgleich vorbei.
    Als sie wieder im Café waren und Lise sich auffallend

Weitere Kostenlose Bücher