Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
Vom Netzwerk:
sehen? Würde er für alle Zeit nichts als eine Art großer Bruder für sie sein? Er verbarg seine Gefühle hinter einem trockenen Grinsen. „Wirklich vorsintflutlich. Ich bin schockiert.“
    Sie knuffte ihn. „Sei doch mal ernst!“
    „Das ist mein voller Ernst.“
    „Ist es gar nicht. Ich kenne dich. Du bist mindestens genauso altmodisch, wie ich. Ich glaube, du bist sogar noch viel schlimmer!“
    Rufus lachte. „Ach?“
    Nonas blaue Augen blitzten vergnügt. „Du würdest deine Frau auf Händen tragen. Du würdest nie ihren Geburtstag oder euren Hochzeitstag vergessen.“
    Er ächzte. „Das ist ja grauenhaft. So siehst du mich?“
    Sie nickte lachend. „Na klar. Und genau deshalb liebe ich dich auch so, mein Großer.“ Für einen Moment war da Hoffnung. Dann lehnte sie sich rüber und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, liebevoll und doch unverkennbar schwesterlich. „Was wäre ich, wenn ich dich nicht hätte?“
    „Vermutlich längst mit einem stinkreichen, alten Sack verheiratet.“
    „Nein.“ Sie lächelte versonnen. „Wenn ich dich nicht hätte, hätte ich niemanden, dem ich alles sagen kann. Und du?“
    Rufus runzelte leicht die Stirn, dann griff er grinsend in die Plätzchenschale auf dem Couchtisch. „Wenn ich dich nicht hätte, hätte ich niemanden, der mir leckere Nussmakronen backt.“
    „Männer“, seufzte Nona augenrollend und lachte. Draußen rieselte lautlos der filigrane Schnee, hinein in die winterliche Dunkelheit, und schmolz auf dem Asphalt.
     
    * * *
     
    Es war eine eigenartig ruhige Zeit, in welcher ein jeder im Café der Nacht seinen eigenen Geschäften nachging. Das alte, so herzliche Miteinander schien irgendwie abhandengekommen zu sein. Als mit stolzem Überschwang die Hummel endlich wiedereröffnet wurde, tauchte nur ein harter Kern der alten Clique zur großen Gala auf. Es tat Maxim leid für Hummelig und seine Truppe, dass ein auffallender Teil der reservierten Plätze leer blieb. Er war froh, dass wenigstens Monroe sich noch nach seiner Vorstellung in den Kammerspielen hereinstahl und zu ihnen gesellte. Sie saßen um einen der runden Tische in Bühnennähe, Rufus, Merlyn, Dela und Maxim. Manni Marino legte gerade einen wahrhaft magischen Auftritt hin, der gebührend beklatscht wurde. Der Vorhang fiel, dann betraten Hummeligs Tänzerinnen in knappen, glitzernden Kostümen die Bühne und warfen in perfekter Synchronie die schönen Beine. Als Maxim im Halbdunkel zu Monroe hinüber sah, bemerkte er, dass ausgerechnet ihr Herzensbrecher, von dem er erwartet hatte, dass er den Anblick der Showgirls besonders genießen würde, den Blick gesenkt hatte und auf die Tischplatte starrte. Es wunderte ihn.
    Auf dem anschließenden, sektgetränkten Fest blieb Monroe untypischerweise nicht lange, verdrückte sich schon bald nach draußen. Maxim folgte ihm. Die tiefe Nacht war feucht und kalt, der ferne Himmel verschleiert. Als Monroe seine Schritte hinter sich auf dem Asphalt hörte, blieb er stehen und ließ Maxim aufschließen.
    „Wie geht’s dir?“, fragte Maxim, als sie Seite an Seite den Weg zurück zum Café fortsetzten.
    „Fantastisch.“ Monroes angenehme Stimme triefte vor Sarkasmus.
    „Wie lief die Vorstellung heut Abend?“
    Er antwortete nicht, schien in seine eigene Gedankenwelt versunken. Maxim hatte das Gefühl, ihn mit seinen Fragen zu belästigen, also bohrte er nicht weiter. Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her.
    „Alistair wird bald zurückkommen“, brach Monroe unvermittelt die Stille.
    „Das war die Erstbesetzung von Mephisto, richtig? Ist er wieder ganz gesund?“
    Monroe nickte.
    „Schön für ihn, aber tut mir leid für dich.“
    „Geschenkt.“
    „Was wirst du jetzt tun?“
    Er schwieg kurz. „Sie haben mir ein festes Engagement angeboten.“ Er schnaubte leise.
    „Aber ... das ist doch großartig! Oder nicht?“
    „Shit, nein. Nicht für mich. Nie für mich.“
    „Warum denn nicht? Was ist so schlimm daran, wenn du dich anstellen lässt?“
    Monroe sah ihn an, als könnte er nicht ganz bei Sinnen sein, ihm diese Frage zu stellen. „Wes’ Brot ich ess’, des’ Lied ich singe – nie davon gehört? Soll ich etwa einer von denen werden?“
    Maxim musste lächeln. „Du wirst nie einer von denen sein.“
    Abrupt blieb Monroe stehen, unterdrückte Wut in den Augen. „Wir sind doch alle bloß Huren in diesem Metier! Selbst ein so genannter ‚freier Künstler‘ kann sich Freiheiten nur erlauben, wenn er noch eine andere

Weitere Kostenlose Bücher