Café Eden - Roman mit Rezepten
vom Gesundheitsamt. Ich bin bei der Zeitung, beim Herald .«
»Und?«
»Lebt Gloria Patterson noch?«
»Sie lebt noch, aber sie spricht mit den Toten.«
»Ich möchte gerne mit ihr sprechen. Sie wird sich an mich erinnern.«
»Warum sollte sie sich an Sie erinnern?«
»Ich bin Eden Douglass. Ich bin immer zu ihr gekommen. Ich kann mich auch noch an Ihren Vater, Ben, erinnern.«
Lupes Gesichtsausdruck wurde weicher. »Der arme Papa. Möge er in Frieden ruhen. Okay, aber ich verkaufe Ihnen nichts ohne Genehmigung.«
»Nein, das hat es nie gegeben«, sagte Eden.
»Und wenn Mama müde wird...«
»Dann gehe ich.«
Die Nachmittagssonne brannte gnadenlos, als Eden vor einem Metallzaun parkte, der einen ungepflegten Rasen umschloss. Ein bellender Köter schoss auf sie zu. Die Fensterläden am Haus waren geschlossen, und die Veranda brach unter dem Gewicht der Bougainvillea beinahe zusammen. Aufgebockte Autos standen im Hof, und ein gut aussehender junger Mann, vielleicht siebzehn Jahre alt, kam unter einem Chevy hervor und fragte, was sie wolle.
»Ich möchte zu Gloria Patterson. Lupe hat mir die Adresse gegeben.«
Er hielt den Hund fest und bedeutete ihr, sie könne das Tor aufmachen und nach hinten gehen. Hohes Gras streifte Edens Rocksaum, als sie den Weg zu einer Laube ging, die so von Weinlaub mit armdicken Stämmen überwuchert war, dass kein Sonnenstrahl durch das dichte Blattwerk drang. Von den Balken hingen gelbe Fliegenbänder voller toter Insekten herunter. Eden hörte ein schabendes, stoÃendes Geräusch, und einen Moment lang schloss sie die Augen, um dem Rhythmus ihrer Kindheit zu lauschen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie eine winzige Frau, die an einem kleinen Tisch saà und in einem Mörser etwas zermahlte. Die Frau blickte nicht auf.
Mrs. Patterson war geschrumpft. Nur ihre Hände waren immer noch groÃ, mit kräftigen langen Fingern. Unbeirrt drehte sie den StöÃel im Mörser. Ihre Haare waren schneeweià und kurz geschnitten, fast so kurz wie Edens. Ihre Nase schien ins Gesicht gesunken zu sein, und ihre Augen waren von einem milchigen Schleier überzogen.
Lupe kam an die Hintertür und runzelte die Stirn, als sie Eden sah. Sie trat zu ihrer Mutter und sagte leise etwas auf Spanisch zu ihr.
Mrs. Patterson hielt in der Arbeit inne und bedeutete Eden, näher zu kommen. Sie berührte Edens Gesicht, ihre Haare. Ihre Finger waren so hart, dass Eden sich fragte, ob sie überhaupt etwas spürte. Eden sagte ihren Namen, und Mrs. Patterson verzog den Mund zu einem breiten zahnlosen Grinsen. »Setz dich her. Neben mich.« Sie sagte etwas auf Spanisch und fügte dann hinzu: »Lupe, etwas Kaltes zu trinken. Ein Bier, ja, Eden? Oder bist du auch Mormone wie dein Vater?«
»Ein Bier wäre toll.« Sie zog sich einen Schaukelstuhl neben Mrs. Patterson. »Ich arbeite für die Zeitung, Mrs. Patterson. Für den Herald. Ich würde gerne darüber schreiben, wie Sie zu so einer groÃartigen Köchin geworden sind, die ganz St. Elmo von ihrer Hintertür aus verpflegte.«
Lupe, die mit drei kalten Bier zurückkam, unterbrach sie. »Das ist nie geschehen. Unser Familienrestaurant ist das Zacateca.«
»Ist das Essen das gleiche? So wie früher...«
»Du warst damals ein Kind«, sagte Mrs. Patterson. »Es wird nie wieder etwas so sein wie damals.«
Das stimmte natürlich, und deshalb war Eden ja auch hier. »Sie waren ein Pionier, Mrs. Patterson. Heutzutage kaufen die Leute überall Essen zum Mitnehmen. Am Brigham Boulevard gibt es ein Lokal, wo man vorfährt und an einem Fenster einen Hamburger für fünfzehn Cents bestellt. Sie packen ihn in eine Papiertüte. Alle Hamburger sind schon vorbereitet. Es geht zwar schnell, aber es ist nicht befriedigend. Was Sie hingegen gekocht haben, war magisch.«
Mrs. Patterson wirkte erfreut. Lupe warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
»Ich möchte gerne Ihre Geschichte und Ihre Rezepte im Herald veröffentlichen. Eines Tages«, fügte sie hinzu.
Mrs. Patterson und Lupe wechselten einige Worte in schnellem Spanisch. SchlieÃlich sagte Lupe: »Die Geschichte ja. Aber die Rezepte nicht. Wenn die Leute gut essen wollen, müssen Sie ins Zacatecaâs kommen. Wird das auch in der Zeitung stehen?«
»Ja.«
Gloria bedeutete Eden, sich zu setzen und einen Schluck Bier zu
Weitere Kostenlose Bücher