Café Eden - Roman mit Rezepten
Konzert lieferten. Die Neonleuchten waren Tag und Nacht an. Wenn sich die Reporter langweilten, spitzten sie ihre Bleistifte und spielten Darts, indem sie auf die Styroporfliesen an der Decke zielten. Es war immer etwas los. Die Telefone klingelten. Telexmaschinen ratterten. Schreibmaschinen klapperten, und die Botenjungen rannten zwischen Keller und erstem Stock auf und ab.
In diesem verqualmten, nach Tinte riechenden Chaos hemdsärmeliger Männerfreundschaften gab es keine Frau, sondern nur eine Lady, Miss Winifred Merton. Ihr Schreibtisch stand ganz hinten in der Redaktion, in der Nähe der Treppe für die Angestellten.
Winifred Merton benutzte diese Treppe allerdings nicht. Sie nahm den Aufzug und marschierte jeden Morgen an den Schreibtischen der Männer vorbei, als sei sie ein mit Handschuhen und Hut bekleidetes Boot, das sich seinen Weg durch gefährliche Untiefen bahnt. An ihrem Schreibtisch streifte sie die Handschuhe ab, schlug den kleinen Schleier an ihrem Hut zurück, warf den Männern in der Redaktion einen bösen Blick zu und setzte sich an ihre Schreibmaschine. Die majestätische Winifred Merton, so dünn, dass sie weder Hintern noch Brust hatte, von einer Blässe, die durch das pechschwarz gefärbte Haar noch betont wurde. Ihre Kollegen behandelten sie mit sarkastischer Ehrerbietung, hinter der sie ihre Angst versteckten. Sie war älter als sie alle. Sie war schon viel länger da. St. Elmos gesellschaftliche Elite war ihr treu ergeben. Brautpaare und die Mütter der Brautpaare, soziale Aufsteiger und Absteiger gierten nach ihrer Aufmerksamkeit. Miss Mertons Kolumne hatte so viel Macht, dass ihre lobende Beschreibung eines Empfangs für ein Paar, das Monate zuvor »durchgebrannt« war, alles wieder ins Lot rückte. Connie Levy konnte das bezeugen.
Miss Merton informierte Victor Levy in ihrer trockenen, unnachgiebigen Art, sie wolle keine Assistentin, aber der Chefredakteur bestand darauf.
Winifred Merton konnte mit Niederlagen nicht gut umgehen.
»Sie brauchen nicht einen Moment lang zu glauben«, sagte sie zu Eden an ihrem ersten Tag, »dass sie meinen Job übernehmen können.«
»Das will ich gar nicht. Ich will nur...«
»Es interessiert niemanden, was Sie wollen«, sagte Miss Merton und zog die Augenbrauen über ihrer Schildpattbrille zusammen. »Sie sind über familiäre Beziehungen hier hereingekommen. Ich bin hier aufgrund harter Arbeit und Selbstverleugnung. Mit mir können Sie sich nicht messen.«
Die Hausmeister schoben die Schreibtische herum, sodass Eden Miss Merton gegenübersaÃ. Miss Merton hatte die gesamte Redaktion im Blick und konnte aus dem Fenster schauen, aber Eden sah nur Miss Merton und die Wand. Aber was macht das schon?, sagte Eden sich. Ich bin hier, ich atme Tinte und Rauch ein, und mein Name wird über langen, grauen Kolumnen stehen.
»Und bilden Sie sich bloà nicht ein, dass Sie erwähnt werden. Alles auf dieser Seite gehört mir. Sie mögen Schreibmaschine schreiben, aber Sie werden nicht für den Herald schreiben. Sie werden ausschlieÃlich für mich arbeiten.« Miss Merton kniff ihre korallenrot geschminkten Lippen zusammen. »Ist das klar? Und auÃerdem«, sie musterte Eden missbilligend, »werden Sie nie wieder Hosen tragen.«
»Sie sind praktisch zum Arbeiten. Sie schützen...«
»Wenn Sie für mich arbeiten wollen, werden Sie sie nicht tragen. Es gibt einen Grund, warum Hosen zu Männern gehören und Frauen sie nicht tragen sollen.«
»Und was für ein Grund ist das?«
»Männer haben etwas hineinzustecken.«
Hinter Eden ertönte höhnisches Kichern in der Redaktion. Selbst Miss Merton wurde rot, lieà sich jedoch nicht beirren und wies Eden an, ihren Platz einzunehmen.
Eden spannte einen Bogen Papier in die Schreibmaschine ein und begann ein neues Leben als Assistentin der Redakteurin der Frauenseiten, Miss Winifred Merton.
Eden Douglass mietete sich eine winzige möblierte Wohnung mit Einbauküche. Sie gab Tom Lance den alten Ford zurück und kaufte Annies Cord-Cabrio, als Ernest und Annie ihr erstes Kind erwarteten und ein Familienauto brauchten. Jeden Morgen band sie sich einen Schal um ihre dunklen Haare, setzte eine schicke Sonnenbrille auf und fuhr mit ihrem Auto zum Herald.
Es dauerte nicht lange, und Miss Merton lernte, ihre Assistentin auszunutzen. Wenn zwei gesellschaftliche Ereignisse
Weitere Kostenlose Bücher