Café Luna: Verbotenes Glück
nahm Molly die Tasche ab und förderte zwei gekühlte Flaschen Weißwein und einen Korkenzieher zutage. Molly griff sich eine und beförderte kurzerhand den Korken mit einem satten Plopp aus der Flasche.
„So, was ist los?“, wollte sie dann wissen. „Habt ihr den Spion gefunden?“
Luisa schüttelte den Kopf und wusste nicht genau, wie sie beginnen sollte. „Nein, da sind wir noch dran, es ist etwas ganz anderes.“
„Ganz anders und viel, viel schlimmer?“, riet Molly ganz richtig und fragte weiter, als Luisa nur stumm nickte, anstatt zu antworten. „Okay, und so wie du aussiehst, hat es außerdem etwas mit Konstantin von Heidenthal zu tun?“ Wieder nickte Luisa unglücklich. Molly wurde ganz beklommen zumute, so am Boden zerstört hatte sie ihre Freundin noch nicht oft erlebt. „Was ist passiert?“ Molly zog Luisa zum Sofa.
Luisa folgte ihr ohne Widerrede und blinzelte. Eine Träne entwischte ihr und kullerte über ihre Wange. „Es ist aus. Seine … seine Freundin ist schwanger, er wird Vater!“
Als ob ihr die folgenschwere Bedeutung dieser zwei Sätze erst jetzt voll und ganz bewusst wurde, starrte sie Molly einen Moment zutiefst verletzt und geschockt an, bevor die Tränen zu fließen begannen. Molly zögerte keine Sekunde und nahm Luisa in die Arme. Eigentlich hatte sie „Ja und?“ fragen wollen, wäre ja nicht das erste Mal, dass sich ein Kindsvater von der zukünftigen Mutter seines Nachwuchses trennte, bevor dieser geboren war. Wäre schließlich ebenso wenig das erste Mal, dass die Konstruktion Papa, Mama, Kind nicht hielt und funktionierte, oder? Ihre eigenen Eltern hatten sich scheiden lassen, als Molly noch in der Grundschule war. Luisa war aufgewachsen mit einem Vater, der nicht ihr biologischer Erzeuger war, na und? Schließlich war Robert für Luisa ein besserer Papa gewesen, als ihr wirklicher möglicherweise je hätte sein können – wer weiß? Man konnte doch also auch eine glückliche Familie sein, wenn ein Elternteil eben nicht bei der Zeugung dabei gewesen war, oder? So sah zumindest Molly das. Doch so etwas laut zu sagen, unterließ sie lieber. Sie kannte ihre Freundin schließlich schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Deswegen ahnte sie auch, dass nicht Konstantin die Beziehung beendet hatte, sondern Luisa. Luisa hatte bestimmte Prinzipien, und deshalb hätte sie sich gar nicht anders entscheiden können. Molly seufzte schwer. Sie mochte Luisa ja auch gerade, weil sie eben moralisch so integer war. Doch momentan fragte Molly sich, ob es nicht für ihre beste Freundin besser wäre, ihre Grundsätze über Bord zu werfen und an sich selbst zu denken! Konstantin und Luisa, das war – nach allem, was Molly gesehen und gehört hatte – ein perfektes Team gewesen. Topf und Deckel. Ein Blinder hätte doch sehen können, wie glücklich dieser Mann Luisa gemacht hatte. Luisa selbst hatte es als „füreinander bestimmt“ bezeichnet. Und sie war nicht der Typ für Übertreibungen. Wenn Luisa so etwas sagte, dann stimmte das auch. Diese beiden gehörten einfach zusammen. Und jetzt so was …
Luisa wusste gar nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war, seitdem Molly sie in die Arme genommen und sanft hin und her gewiegt hatte. Zwischendurch ließ Katze in seinem Körbchen immer wieder ein Schnüffeln vernehmen, als wollte er seinem Frauchen eine lautmalerische Sympathiebekundung zukommen lassen. Luisa war Molly dankbar, dass sie nichts sagte. Denn da gab es nichts, was das Ganze irgendwie leichter machen könnte. Kein einziges Wort, keine Floskel, kein lockerer Spruch und erst recht keine Argumente. Konstantin und sie – das war aus und vorbei. Und es war richtig so. Wenn auch nicht leicht zu ertragen. Langsam löste Luisa sich aus Mollys Umarmung und wischte dann mit ihren Ärmeln seufzend über die Augen. Sie war fertig mit Weinen. Für heute zumindest.
„Und jetzt hätte ich gerne ein Stück Pizza“, bestimmte sie. Molly nickte erleichtert. „Kommt sofort!“
Während Molly und Luisa nun schweigend beieinandersaßen und immer wieder an ihren Weingläsern nippten, horchte Luisa immer wieder verwirrt in sich hinein. Sie war todtraurig, ja, so viel stand fest. Aber gleichzeitig war sie auch ruhig. Nicht eisig ruhig wie nach einem Schock. Nicht erzwungen ruhig, um sich keine Blöße zu geben. Sondern sie war trotz aller Traurigkeit mit sich im Reinen. Ein komisches Gefühl, dafür, dass sie erst vor wenigen Stunden aus Vernunftgründen die Liebe ihres Lebens verlassen hatte …
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