Café Luna: Verbotenes Glück
hast, nehme ich an, ich soll eher in Richtung Kratzbaum, Voliere oder Hundespielhütte denken?! Kein Thema, ich bin flexibel.“
Valerie ärgerte sich. Nicht, dass man ihr das normalerweise ansehen würde, Valerie ärgerte sich nämlich stets im Stillen. So wie sie alles andere auch tat. Es war nicht gut, seine Umgebung offen daran teilhaben zu lassen, was man wirklich empfand. Abgesehen davon, dass ihre Gefühle auch niemanden etwas angingen. Stellte sich nur die Frage, warum sie trotzdem in die Damentoilette geflüchtet war. Genau das war es nämlich gewesen: eine Flucht. Vor ihrem Nichtskönner von Ehemann. Überhaupt, was tat er eigentlich hier, heute wie gestern und vorgestern? Ganz entgegen seiner sonstigen Gewohnheit sah man ihn in letzter Zeit alarmierend häufig in der Firma, um nicht zu sagen in seinem Büro. Und das nicht alleine. Genervt sah Valerie hoch und ertappte sich im Spiegel dabei, wie sie ärgerlich die Augenbrauen runzelte. Und was war das? Waren das etwa hektische rote Flecken an ihrem Hals? So etwas hatte sie noch nie gehabt, dafür war sie nicht anfällig, ganz im Gegenteil. Nein, Valerie von Heidenthal wurde nicht rot, nicht blass, sie verlor nie die Contenance. Nie!! Himmeldonnerwetter, aber Claus konnte einen auch wirklich zur Raserei bringen. Was war nur los mit ihm? Wie konnte er es nur wagen? Er hatte sie doch tatsächlich so weit, dass sie ernsthaft darüber nachdachte, an seiner Tür zu lauschen!
„Was war das denn?“
Claus lächelte seinem Gesprächspartner beruhigend zu. Für jeden Außenstehenden musste es aber auch zu komisch ausgesehen haben. Er hatte Valeries edles, dunkles Kostüm schon das erste Mal erkannt, als sie auf der anderen Seite der zum Teil verglasten Tür zu seinem Büro eine längere Pause eingelegt hatte. Als sie jedoch das dritte Mal dort stehen geblieben war, hatte er die Tür aufgerissen und sie einfach nur angesehen. Nichts weiter. Das war ausreichend gewesen. Sie hatte sich umgedreht und war davonstolziert – mit erhobenem Kopf und dezent wiegenden Hüften. Eine Geschäftsfrau vom Scheitel bis zur Sohle. Nur Claus hatte bemerkt, dass sie etwas schneller gelaufen war als gewöhnlich. Aber wie auch immer – es war doch sehr unwahrscheinlich, dass sie das Gespräch in seinem Büro hatte mitanhören können. Dass sie versuchte, seine Mitarbeiter auszuhorchen – ohne Erfolg –, wusste Claus ebenso sicher, wie dass ihre eigenen Spione nichts Brauchbares herausgefunden hatten. Dementsprechend beruhigt, wendete er sich wieder seinem Gesprächspartner zu. „Ach, unwichtig. Lassen wir uns nicht ablenken. Wie ist mein Angebot angekommen, Herr Doktor Struppek?“
„Also, meine Liebe, was ist so furchtbar wichtig, dass ich unbedingt meine Mittagspause vorverlegen musste, um in diesem ungemütlichen Etablissement mit dir diesen – zugegeben etwas süßen, aber leckeren – White Chocolate Moccafrappucchino zu trinken?“
Molly grinste voller Vorfreude in sich hinein und inspizierte zufrieden Toms Outfit. „Das ist eine Überraschung, und da ist sie auch schon! Marc, huhu, hier drüben!“ Sie winkte derart ungestüm, dass sie der Dame rechts neben sich den leichten Sommerblumenhut vom Kopf wischte, ohne es zu merken. Tom griff geistesgegenwärtig zu und rettete Hut und Laune ihrer Tischnachbarin mit einem seiner besten Strahlemannlächeln. Molly dirigierte Marc auf den dritten Stuhl am Tisch, den sie in den letzten Minuten eifersüchtig bewacht und frei gehalten hatte.
„Das ist ja toll!“, zwitscherte sie unschuldig. „Gerade bin ich ganz zufällig meinem Nachbarn Tom in die Arme gelaufen. Na, dann lernt ihr euch mal kennen, was?“
Wäre Tom nicht noch mit der Dame mit Hut beschäftigt gewesen und hätte er seine Freundin Molly inzwischen nicht so gut kennengelernt, er hätte diese dreiste Lüge womöglich auffliegen lassen. Aber ein Blick auf den gut gebauten Typen, der sich nun zu ihnen gesellte, und ihm wurde schlagartig klar, was Molly mit Überraschung gemeint hatte. Und dazu noch eine derart ansehnliche! Galant streckte er die Hand aus und schüttelte die des anderen. „Hallo, ich bin Tom.“
„Marc“, auch seine Stimme war angenehm. Tief und mit diesem unwiderstehlichen Timbre, das so verführerisch auf Tom wirkte. Marc lächelte Tom an, wandte sich zu Molly und begann nun ihre Hand zu schütteln.
„Schön, dass wir uns doch noch sehen diese Woche“, fand er und ließ ihre Finger gar nicht mehr los. „Aber nächste Woche gibt es keine
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