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Cagot

Cagot

Titel: Cagot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Meer über die Terrasse geweht kam.
    »Also …«, sagte Amy ruhig. »Warum?«
    »Das ist die Frage. Warum die drei Morde?«
    »Drei Morde?«, unterbrach ihn David.
    »Ja. Natürlich …« Sarrias Miene verdüsterte sich noch mehr. »Dann … wissen Sie also noch gar nichts davon?«
    »Ich war damals fünfzehn. Niemand hat mir etwas erzählt. Was gibt es, was ich nicht weiß?«
    »Die Obduktion hat ergeben, dass Ihre Mutter bei ihrem Tod im fünften Monat schwanger war … mit einer Tochter.«
    Am Tisch wurde es still. In David begann es zu arbeiten. Er war sein Leben lang Einzelkind gewesen. Und hatte sich immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht. Und als er seine Eltern verloren hatte, war dieses Gefühl des Alleinseins, dieser Wunsch nach einem Bruder oder einer Schwester nur noch stärker geworden. Und jetzt das. Fast hätte er also eine Schwester bekommen. Seine schmerzlichen Erinnerungen verwoben sich, aus purer Verzweiflung heraus, zu einer spekulativen Phantasie. War das der Grund, weshalb seine Eltern diese ungewöhnliche Urlaubsreise nach Frankreich gemacht hatten? Um ihrer Herkunft auf den Grund zu gehen? Nachdem sie erfahren hatten, dass seine Mutter endlich zum zweiten Mal schwanger geworden war?
    »Es tut mir aufrichtig leid, Monsieur Martinez«, fuhr Sarria fort. »Inzwischen ist Ihnen doch hoffentlich klar, dass ich hier bin, um Ihnen zu helfen. Ich habe Sie sofort erkannt, als ich Sie eben zum ersten Mal gesehen habe. Ganz der Vater.« Er blickte kurz aufs Meer hinaus, bevor er sich wieder David zuwandte. »Ich täte nichts lieber, als Miguel Garovillo für den Rest seines Lebens in eine französische Gefängniszelle zu sperren. Doch bevor ich Ihnen mehr erzähle, muss ich Ihre Geschichte kennen.«
    Er schob die kleine Kaffeetasse beiseite und stützte seine Ellbogen auf den Tisch. »Desole. Wahrscheinlich sperrt sich alles in Ihnen dagegen, mir zu vertrauen. Ich bin sogar sicher, dass Sie mir nicht trauen. Aber ich kann mich noch sehr genau erinnern, wie es war, als ich Ihre Mutter und Ihren Vater gefunden habe. Und glauben Sie mir, solche Erinnerungen verblassen nie. Deshalb rate ich Ihnen dringend, mir alles zu erzählen, jetzt sofort. Und schnell.« Er machte eine Pause. »Denn, machen wir uns doch nichts vor: Sie haben gar keine andere Wahl.«
    David bedachte Amy mit einem langen, bedeutsamen Blick. Sie hatten die Finger auf dem Tisch ineinander verschränkt.
    »Er hat recht«, sagte Amy. »Wir müssen. Wir müssen ihm alles erzählen.«
    Das war natürlich richtig. Sie hatten tatsächlich keine Wahl. Deshalb nickte David, holte tief Luft - und erzählte Sarria alles, die ganze Geschichte. Von den Morden in Großbritannien, Frankreich und Kanada. Von dem englischen Journalisten. Von den Cagot-Türen. Von ihrer aberwitzigen Odyssee durch das Baskenland und der Spur aus Blut, die sich hinter ihnen herzog.
    Als David schließlich zum Ende seiner Erzählung kam, hatte Sarria sein Kepi abgenommen und auf die weiße Papiertischdecke gelegt. Sein Blick war die ganze Zeit auf David geheftet gewesen.
    »Es ist also genau so … wie ich dachte. Les eglises …La Societe.« Fast redete er mit sich selbst und blickte dabei über ihre Köpfe hinweg, als suchte er die Antwort im Himmel über Biarritz.
    Dann riss er sich von seinen Gedanken los und setzte zu einer Erklärung an.
    »Es sind die Kirchen. Es waren nicht nur die Handys, mit deren Hilfe er sie aufgespürt hat, Monsieur Martinez. Es waren auch die Kirchen. Wie der Dorfpfarrer von Navarrenx ganz richtig angedeutet hat.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Amy.
    »Als ich von den Martinez-Morden abgezogen wurde, als der Fall zu den Akten gelegt wurde … habe ich auf eigene Faust … weiterermittelt. Ich habe begonnen, über die Leute, die mich damals zurückgepfiffen hatten, Erkundigungen einzuziehen. Und vor allem habe ich festzustellen versucht, ob eine Verbindung zur GAL bestand. Aber eine solche Verbindung gab es natürlich nicht. Mais …« Er machte eine Pause, bevor er fortfuhr: »Aber es gab eine Verbindung zur Kirche. Speziell zur Piusbruderschaft.« Amy machte ein überraschtes Gesicht.
    »Von dieser Gruppe habe ich schon gehört. Ja. Außerdem hatte Jose etwas mit ihnen zu tun. Er hatte ein von Papst Pius X. geweihtes Kreuz. Ja …« Sie packte Davids Arm. »Und der Pfarrer, in Navarrenx.«
    Jetzt fiel es auch David wieder ein. »Stimmt, er hat eine Bruderschaft erwähnt. Und dass er - und wenn nicht er, sonst jemand - diese Leute

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