Cagot
Manöver, das sie wieder auf festen, trockenen Untergrund beförderte.
David kurbelte das Fenster nach unten. Inzwischen waren sie in wesentlich besser befahrbarem Gelände. Üppig grün, aber trocken. Sie fuhren in einen Canyon mit hohen rotbraunen Felswänden auf beiden Seiten. Von einem Felsen herab beobachtete sie neugierig eine Gazelle - oder Antilope.
»Ein Klippspringer«, erklärte Petersen. »Herrliche Tiere. Erinnern mich immer an diese kleinen russischen Kunstturnerinnen …« Er überprüfte die GPS-Koordinaten, die er von Amy bekommen hatte. »Wir sind fast da. Ich hoffe nur, diese Frau hat Ihnen auch die richtigen Koordinaten gegeben. Ich kann nämlich nirgendwo etwas sehen. Wäre ziemlich blöd, wenn Sie völlig umsonst den weiten Weg gemacht hätten …«
»Da.« Amy deutete nach vorn.
34
David schaute in die angezeigte Richtung. In einem flachen Seitencanyon waren mehrere rosafarbene Zelte zu sehen - ein von mehreren Vans umgebenes Zeltlager. Besonders ein Mann fiel ihnen in dem Menschengewimmel zwischen den Zelten sofort ins Auge. Er hatte leuchtend rotes Haar und setzte gerade einem am ganzen Körper mit Fett eingeschmierten schwarzen Mädchen mit nackten Brüsten eine Spritze in die Armbeuge. »Das muss Nairn sein.«
Die Landrover hielten an, und David und Amy stiegen aus und gingen auf den rothaarigen Mann zu - der sich erst jetzt zu ihnen umdrehte, dem schwarzen Mädchen aber weiter Blut abnahm.
»So. Bin gleich fertig.« Angus Nairns Stimme war laut und überschwänglich. Er lächelte die Besucher an, dann wandte er sich einem Mitarbeiter zu und wies ihn scherzhaft zurecht. »Alphonse! Alfie. Jetzt leg aber mal einen Zahn zu, oder ich hetze dir von Trotha auf den Hals. Sag Donna, dass wir Gäste haben. Sie soll dafür sorgen, dass wir was Ordentliches zu essen bekommen. So.« Er wandte sich wieder den Neuankömmlingen zu. »Sie sind wohl David und Amy? Eloise hat mir schon alles über Sie erzählt. Wenn Sie sich noch einen Moment gedulden - wir machen hier nur noch kurz fertig. Also, meine Damen …«
David und Amy standen da wie bestellt und nicht abgeholt, während Nairn munter weiterquatschte.
Wo war Eloise?
Inzwischen war auch Petersen nachgekommen und massierte sich die verspannten Schultern. Er schüttelte Nairn die Hand, und der Schotte lächelte, aber seine grünen Augen blitzten argwöhnisch.
»Und Sie sind?«
»Hans Petersen. Hab die beiden mitgenommen.«
»Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor. Sind Sie nicht einer von diesen Ellie-Schützern? Sie setzen sich doch für die Wüstenelefanten ein, stimmt’s?«
»Ja.«
»Aber Ihr Akzent … Dorslander? Northern Dutch? Jedenfalls kein einheimischer Durstländer.« Petersen grinste Nairn an.
»Nein … German Dutch. Otasha.« Er verabschiedete sich von Amy und David. »Also dann. Wir müssen es bis Einbruch der Dunkelheit zum Huab schaffen. Hat mich gefreut, dass ich Ihnen helfen konnte.«
Nairn nickte, und Petersen kehrte zu den Autos zurück. Die Desert-Elephant-Landrover fuhren los und zogen Fahnen aus braunem Staub hinter sich her.
Nairn griff nach einer großen Stahlspritze und winkte eine weitere Frau zu sich. David kam sich etwas eigenartig vor. Wie lange sollten sie hier noch herumstehen? Wo steckte Eloise? Was war, wenn Enoka und Miguel vielleicht schon vor ihnen angekommen waren?
Miguel und Enoka.
»Mister Nairn. Wir glauben, dass uns jemand gefolgt ist. Nach Namibia.«
Der Genforscher nickte nachdenklich. Er nahm der Frau ungerührt weiter Blut ab und sagte:
»Nennen Sie mich ruhig Angus. Wie kommen Sie darauf, dass Ihnen jemand gefolgt ist?«
»Sicher sind wir nicht, aber wir glauben, dass sich in Swakop jemand nach uns erkundigt hat. Ein Freund Miguels. Vielleicht täuschen wir uns aber auch.«
Nairn seufzte.
»Eloise hat mir von diesem Miguel erzählt. Garovillo? Tja. Mir war von Anfang an klar, dass sie uns eines Tages finden würden. Aber wir sind mit unserer Arbeit sowieso fast fertig. Außerdem kann uns hier draußen im Busch nicht viel passieren.«
»Wo ist Eloise?«
Nairn hob die Hand.
»Haben Sie noch einen Moment Geduld und lassen Sie mich erst hier zu Ende kommen. Es warten nur noch ein paar Nama und Damara. Und die reizenden Himba.«
David sah zu, wie Nairn den letzten Frauen in der Reihe Blut abnahm. Die Prozedur schien recht simpel. Die Einheimischen standen in der Sonne geduldig Schlange und hielten dann Nairn ihre schwarzen und braunen Arme hin, damit er eine blitzende
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