Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
aufgetürmt, am Horizont wetterleuchtete es, und ein Windstoß fauchte durch die Pinien am Rand des Rasens.
Nach einer Weile klopfte Caius wütend gegen den Sarg. »Warum laßt ihr mich nicht endlich raus? Sind wir denn immer noch nicht angekommen?« rief er.
»Nein«, zischte Mucius.
»Dann beeilt euch gefälligst«, brüllte Caius.
Jetzt verlor Mucius die Geduld. »Bei allen Aasgeiern und Giftschlangen, wir tun unser Bestes! Halt den Mund, bis wir dir erlauben, ihn wieder aufzumachen.« Caius verstummte.
»Es sieht hoffnungslos aus«, murmelte Julius. »Ich fürchte, wir schaffen es nie.«
»Aber was machen wir nur? Wir können doch Caius nicht hier auf dem Marsfeld stehenlassen«, sagte Rufus.
Die anderen schwiegen ratlos.
Antonius fuhr plötzlich hoch, als ob er auf Poseidons Dreizack gesessen hätte. »Ha -?!« brüllte er. »Was ist >Ha« fragte Mucius apathisch. »Wir sind ganz in der Nähe unserer Schule. Xantippus hat doch die Geheimkammer hinter dem Küchenschrank. Da ist Caius genauso sicher wie in unserer Höhle.«
Mucius sprang auf. »Eureka, das ist die Rettung!« Er klatschte aufgeregt in die Hände. »Auf, auf, ihr Faulpelze! Es sind nur noch ein paar Schritte bis zur Breiten Straße, und auf der anderen Seite sehe ich unsere Schule.«
Die anderen kamen jammernd hoch. Sie packten den Sarg an den Henkeln und trugen ihn zum Straßenrand. Sie schauten sich vorsichtig um, ob auch niemand zu sehen war, dann hetzten sie mit letzter Kraft über den Fahrdamm und in ihr Schulzimmer hinein. Zum Glück brauchten sie nicht erst eine Tür aufzustoßen, denn die eine Seite des Schulzimmers war nach der Straße hin offen. Sie ließen den Sarg auf den Boden fallen und sanken stöhnend auf ihre Schulbänke nieder.
»Caius ist gerettet! Gepriesen seien die Götter«, keuchte Julius. »Gepriesen sei Antonius«, murmelte Publius, »denn jetzt kann ich mich schlafen legen.« Er streckte sich ächzend auf seiner Bank aus.
»Du irrst dich«, sagte Mucius. »Der Sarg steht hier wie auf dem Präsentierteller. Alle Leute, die vorbeikommen, können ihn sehen. Wir müssen ihn noch zu Xantippus hineinbringen.«
»Ich fasse die Kiste für alle Zeit und Ewigkeit nicht mehr an«, schnauzte Publius, ohne sich zu rühren. »Meine Schulter tut mir so weh, als ob ein Krokodil hineingebissen hätte.«
Auch Flavius, Antonius und Julius wollten von dem Sarg nichts mehr wissen.
Nur Rufus riß sich noch einmal zusammen, um Mucius zu helfen. I i kniete neben ihm nieder, und sie schoben den Sarg ruckweise vor sich her, unter dem Vorhang durch, in Xantippus' Zimmer hinein.
16. Kapitel
Ein furchtbares Geständnis
Xantippus saß in tiefe Gedanken versunken an seinem Schreibtisch. Er versuchte gerade, ein schwieriges mathematisches Problem zu lösen, wodurch er die Welt um sich herum vergessen hatte. Ein seltsames, kratzendes Geräusch fing an, ihn zu beunruhigen. Er blickte auf und erstarrte vor Erstaunen, als er unter dem Vorhang durch einen Sarg auf sich zukommen sah.
Gleich darauf wurden auch Mucius und Rufus sichtbar. Sie rutschten auf den Knien hinter dem Sarg her und schoben ihn ächzend in die Mitte des Zimmers. Dann setzten sie sich auf den Fußboden und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Einen Augenblick später erschienen auch Publius, Antonius, Julius und Flavius. Trotz ihres erschöpften Zustandes platzten sie vor Neugierde, was wohl Xantippus zu dem Sarg sagen würde. Sie brauchten nicht lange zu warten.
»Habt ihr alle miteinander endgültig den Verstand verloren?« donnerte er wie der allmächtige Jupiter in höchster Person. »Was bedeutet dieser Sarg? Oder hat eure krankhafte Phantasie diesmal einen besonders geschmacklosen Streich ausgebrütet?«
»Entschuldige, Meister Xanthos«, schnaufte Mucius. »In dem Sarg ist Caius drin.« »Caius-?« Xantippus war völlig entgeistert. »Bei allen Lemuren und Erinnyen, meine Schule ist doch kein Mausoleum.«
Caius klappte plötzlich den Deckel hoch und setzte sich auf.
Xantippus fuhr erschrocken zurück. »Wa . . . was ist das}«
»Viele Grüße aus dem Hades, Meister Xanthos«, krächzte Caius. »Wie du siehst, lebe ich noch.« »Gepriesen seien die Götter dafür, daß du noch lebst, Caius«, sagte Xantippus aufatmend. »Hat denn dein Vater dich nicht hingerichtet?«
»Er tat sein Bestes«, rief Antonius, »aber es ist ihm danebengeraten.« »Er hat ihn vergiftet, aber das Gift hat zum Glück nicht gewirkt, Meister Xanthos«, sagte Mucius.
Xantippus war
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